
In Arnstein, am östlichen Ende des Landkreises ist das Interesse an der bevorstehenden Landratswahl offensichtlich recht groß. Fast 100 Besucher folgten der Einladung der Katholischen Arbeiterbewegung (KAB) zu einer Podiumsdiskussion mit den Kandidaten im Pfarrheim St. Kilian. Die Moderation des Abends lag bei dem eloquenten jungen Julius Meyer, den musikalischen Einstand gab die pfiffige Jugendgruppe "Beat Biber".
Eigentlich sollten ja nur fünf Kandidaten auf der Bühne stehen, doch für die Arnsteiner KAB begründete Bernhard Metz bei der Einführung, dass man der Vertreterin der ÖDP Michaela Schwab die Teilnahme ermöglicht habe, obwohl sie für die Zulassung zur Wahl noch nicht die erforderlichen Unterstützerstimmen bekommen habe. So stellten sich mit Christoph Vogel (FW), Hubert Fröhlich (FDP), Pamela Nembach (SPD), Michaela Schwab (ÖDP), Sabine Sitter (CSU) und Christian Baier (Grüne) ein halbes Dutzend Landratsanwärter dem Gespräch.
Ähnlich wie am Tag zuvor bei der Diskussion der Karlstadter Bürgermeisterkandidaten, gab es auch in Arnstein viel Konsens bei den Themenblöcken Gesundheit, Bildung, Digitalisierung und Familienpolitik. Wesentlich heftiger aber ging es bei der Mobilität zur Sache, besonders natürlich bei der Frage um die B26n.
Baier und Schwab sind gegen Bau der Trasse
Moderator Meyer hatte im Vorfeld sowohl für die Besucher als auch für die Kandidaten rote und grüne Kärtchen bereitlegen lassen, damit diese ihre Grundeinstellung zu dem jeweiligen Thema bekunden konnten. Die Meinung der Arnsteiner zur B26n hätte nicht deutlicher ausfallen können. Bis auf einen kleinen Block der Gegner leuchteten im Saal die grünen Karten der Befürworter auf. Auch bei den Kandidaten überwogen die grünen Karten deutlich, lediglich Baier und Schwab votierten dagegen. Da mussten die "Grünen" eben die rote Karte zeigen!
Inhaltlich wurden keine neuen Argumente angeführt, Kandidat Baier warnte davor, das Werntal auf Kosten anderer zu entlasten und bemängelte, dass die Straße ab Karlstadt nicht ordentlich durchgeplant sei. Sabine Sitter verwies auf die Verantwortung des Landkreises für den gesamten Raum und betonte: "Die Arbeitsplätze müssen dableiben". Ein Bürger schilderte seine Erfahrungen in der Karlstadter Straße, sprach von Lärm und Abgasen und davon, dass seine Kinder schon weggezogen seien.

Alle drängen auf Verbesserungen beim ÖPNV
Unisono forderten die sechs Kandidaten Verbesserungen im Personennahverkehr. Fröhlich will Fahrgemeinschaften bei Veranstaltungen oder auf dem Weg zur Arbeit und an Fahrplänen angepasste Arbeitszeiten. Nembach brachte die Chancengleichheit bei der Schulwegkostenfreiheit über das zehnte Schuljahr hinaus ins Spiel und Vogel zeigte sich zuversichtlich, dass der Landkreis vernünftige Taktzeiten für den ÖPNV finden könne, nachdem er nun die Oberhoheit über den Nahverkehr habe.
Große Unzufriedenheit herrschte bei der Entwicklung bezüglich des Zentralklinikums in Lohr. Die vorzeitige Schließung des Karlstadter Krankenhauses sei ein Fehler gewesen: "Man zieht nicht aus seiner Wohnung aus, bevor die neue nicht fertig ist", bemängelte der Mediziner Baier und Michaela Schwab sah Lohr besonders in der Notfallversorgung nicht ausreichend vorbereitet. Schlimm findet sie, dass es nun in Main-Spessart keine Geburtshilfe mehr gibt.
Hoffnung auf leistungsfähiges Zentralklinikum
Dagegen lobte Christoph Vogel, dass gegenwärtig 150 Millionen Euro in ein neues, modernes Klinikum investiert würden und die SPD-Frau Nembach sah gute Synergieeffekte am neuen Standort. Die Stellvertretende Landrätin Sitter stellte ebenfalls das große Innovationspotenzial eines zentralen Klinikums heraus. Einig war man sich, dass der Trend in der ärztlichen Versorgung zu größeren Gemeinschaftspraxen anhalte und es nur wenig Einflussmöglichkeit darauf gebe.
Wenig Gegensätze konnten die potenziellen Wähler auch bei den Fragen um die die Digitalisierung feststellen. Funklöcher und langsames Internet sind ein gravierender Mangel, aber oftmals von den Telekommunikationsfirmen zu lösen. Grundsätzlich aber müssten hier große Anstrengungen für die Zukunft unternommen werden. Die Familienpolitik in Main-Spessart wurde allgemein als gut betrachtet.
Die Kandidatin Nembach forderte bezahlbaren Wohnraum und das Engagement in landkreiseigene Wohnungsbaugesellschaften, Vogel sah Nachholbedarf bei der Anpassung von Zeiten in Schule und Nachmittagsbetreuung für die Kinder berufstätiger Eltern und auch Fröhlich von der FDP forderte diesbezüglich gegenseitige Flexibilität bei Arbeitgebern und -nehmern. Sabine Sitter will sozial benachteiligte Familien in Schule, Gesundheit und Jugendfürsorge stärker fördern.
Kooperation mit Hochschulen angeregt
Bei der Bildung sahen die Kandidaten die Anstrengungen des Landkreises bei der Sanierung der Schulen. Christian Baier könnte sich eine Bildungskooperation mit den Fachhochschulen Würzburg, Schweinfurt und Aschaffenburg vorstellen und auch sein Mitbewerber Vogel findet einen FH-Standort im Landkreis gut.
Wie schon am Tag zuvor bei den Bürgermeisterkandidaten in Karlstadt standen wohl für die Besucher der Podiumsdiskussion nicht nur die vorgestellten Inhalte, sondern vor allem die persönlichen Eindrücke im Mittelpunkt. Und da hatte gewiss jeder seine eigene Einschätzung.