
Hochkarätigen Besuch hat das LesArt-Team nach Karlstadt geholt. Mit dem Autor, Politikwissenschaftler und Präsidenten des PEN-Zentrums Deutschland, Johano Strasser, wurde eine anspruchsvolle Literaturveranstaltung geboten. Das außergewöhnliche Ambiente der Montagehalle der Firma Untha Recyclingtechnik am Hammersteig sorgte für eine surreale Atmosphäre, in der Johano Strasser aus seinen Jugendroman „Die schönste Zeit des Lebens“ las.
Mit einem Auszug aus dem ersten Kapitel hatte Strasser die rund 200 Besucher in die Geschichte geführt und den Protagonisten Robert vorgestellt, einen Heranwachsenden auf dem Weg ins eigene Leben. Chronologisch sprang er weiter zu Schlüsselszenen des Romans, die er mit erklärenden Worten zum Inhalt miteinander verband. Er verschaffte dem Publikum Einblicke in das familiäre Umfeld des 18-Jährigen, die komplizierte Kommunikation mit den Eltern und die Suche nach einem eigenen Profil im Erwachsenenleben.
Als Zivildienstleistender ist es unter anderem seine Aufgabe, der Seniorin Frau Sternheim vorzulesen. Diese Situation gibt dem nachdenklichen und sensiblen Robert nicht nur Gelegenheit, sich mit der Art von Literatur zu beschäftigen, die er ohne seinen Job kaum gewagt hätte, sie verschafft ihm auch eine besondere Vertrautheit mit der alten Dame. Immer wieder konfrontiert sie ihn aus ihrer distanzierten Rolle heraus mit Fragen, die ihn zum Nachdenken über das eigene Glück, Lebensziele und Ängste motivieren.
Den Blick auf den Heranwachsenden lenkt Strassers anspruchsvoller Text durch detailliert beschriebene Einzelsituationen, die Formulierung von Roberts Gedankenwelt und durch die Augen anderer im Kontakt mit der Hauptperson. Die versierte Lesung des Schriftstellers in genau dem richtigen Tempo gab den Worten Raum, sich zu entfalten.
Identifikationsfigur angeboten
Mit vielen ausdrucksstark beschriebenen Bildern macht er es dem Publikum leicht, sich in die Situationen hinein zu versetzen. So bot er vor allem den über 100 anwesenden Schülern des Gymnasiums eine Identifikationsfigur an.
Organisatoren der Literaturveranstaltung in der LesArt-Veranstaltungsreihe waren das Johann-Schöner-Gymnasium und sein Vertreter im LesArt-Team Oberstudienrat Jochen Diel. So war der gesamte zehnte Jahrgang des JSG in den Literatur-Höhepunkt einbezogen worden. Eine Nachbereitung des Stoffs im Unterricht wird der Lesung folgen.
Im anschließenden Werkstattgespräch lud Diel das Publikum ein, Fragen an den Autor zu stellen. Auf das unterschiedliche Leseverhalten von Mädchen und Jungen angesprochen, beschrieb Strasser die Problematik zwischen Rolle und Rollenerwartung, die Jungs in der Regel mit größerer Distanz angingen. Er selbst habe in seiner Pubertät, die, wie er schmunzelnd erklärte, bis zum 30. Lebensjahr angedauert habe, immer wieder Rollenangebote aus Büchern angenommen.
Angesprochen auf seinen inhaltlich sowie sprachlich anspruchsvollen Jugendroman und seine Chancen in Konkurrenz mit modernen Medien der Facebook-Generation zeigte sich Strasser wenig beeindruckt: „Mit keinem Medium kann man so autonom umgehen, wie mit einem Buch. Man kann hin und her blättern und Eselsohren hinein knicken.“ Nach einem gewissen Hype mit neuen Medien pendle sich stets ein normaler Umgang damit ein.
Musikalisch begleitet wurde die Veranstaltung durch akustische Gitarrenmusik mit Gesang von Florian Heßler und Maximilian Seeger.