Die Pandemie war und ist für alle Schulen eine besondere Herausforderung. Distanzunterricht, Wechselunterricht, Schnelltests, Pooltests – alles im wilden Hin und Her, mal so, mal anders. Das war für viele Kinder schwierig, auch die Lehrerinnen und Lehrer waren stark gefordert. Die Grund- und Mittelschule Eußenheim aber hatte viele kreative Ideen und ist vergleichsweise gut durch die vergangenen beiden Jahre gekommen. Das erkennt sogar das bayerische Kultusministerium an. Am Montag kommt Staatssekretärin Anna Stolz in den Bachgrund und übergibt eine Auszeichnung und 1000 Euro Preisgeld.
200 Schulen in Bayern werden für ihren "kreativen und innovativen Umgang mit Corona" geehrt; die Grund- und Mittelschule Eußenheim ist die einzige in Main-Spessart. In einem Video haben Schulleiterin Sabine Baer, ihre Stellvertreterin Marion Stöhr, Schülerinnen und Schüler verschiedener Jahrgangsstufen sowie weitere Lehrkräfte geschildert, wie die Schule versucht hat, weiterhin Bildung zu vermitteln, aber auch das Gemeinschaftserlebnis Schule aufrecht zu halten. Dieses Video mit dem Titel "So viel Unterricht und Schulleben wie möglich" hat die Jury im Kultusministerium offensichtlich überzeugt.
Schneller Start in die Digitalisierung
Die stellvertretende Schulleiterin Marion Stöhr berichtet, dass die Eußenheimer Lehrerinnen und Lehrer schon im Schuljahr 2019/2020 noch ohne Vorahnung einer kommenden Pandemie damit begannen, die Plattform mebis des bayerischen Kultusministeriums zu nutzen und die Schülerinnen und Schüler an digitales Arbeiten heranzuführen. Das kam allen zugute, als die Schulen im März 2020 in den Distanzunterricht mussten. Zudem reagierte die Gemeinde schnell.
"Die Kommune hat für alle Schüler und Lehrer eine Plattform für Online-Unterricht und ein Office-Paket besorgt", so Stöhr. Weil der damals gerade ins Amt gewählte Bürgermeister Achim Höfling selbst Lehrer war, erkannte er die Notwendigkeit. Hinzu kommt, dass der Aufwand für eine Schule mit rund 15 Lehrkräften und 150 Schülerinnen und Schülern überschaubar blieb.
So war die Grund- und Mittelschule schon fit für den Distanzunterricht, bevor der Freistaat den Kauf von Geräten förderte. Insgesamt steht ein Klassensatz Tablets für Grundschüler und ein Klassensatz Laptops für Mittelschüler zur Verfügung. "Etwa 15 Schülerinnen und Schüler wurden zeitweise mit Leihgeräten versorgt", so Stöhr. "Unser Ziel war es, so viel Distanzunterricht wie möglich anzubieten." Während an anderen Schulen viel mit Arbeitsblättern gearbeitet wurde und die Klassen teilweise nur zu einer Stunde Online-Unterricht pro Woche zusammenkamen, hatten die Eußenheimer Grundschüler ein bis zwei Stunden Online-Unterricht täglich. "An der Mittelschule haben wir weitgehend nach Stundenplan online unterrichtet."
Moderne Methoden und gute Organisation
Mit besonderen Materialien versuchten die Lehrkräfte, die Schüler zu motivieren. "Padlets sind digitale Pinnwände, die wir mit spielerischen Aufgabenstellungen bestückt haben", erklärt Stöhr. "Auch Lapbooks haben wir gern genutzt." Das klingt digital, sind aber Falt- oder Klappbücher, in denen die Schüler Informationen zu einem Thema sammeln. In den Bachgrund-Dörfern wurden Bring- und Abholstellen vereinbart, die von dort lebenden Lehrern ein-, zweimal pro Woche angesteuert wurden, um Arbeits- und Aufgabenblätter für die verschiedenen Jahrgangsstufen zu hinterlegen oder einzusammeln. Der Schule zugeteilte "Drittkräfte" – häufig pensionierte Lehrerinnen und Lehrer – kümmerten sich in dieser Zeit gezielt um Kinder mit besonderem Bedarf.
Als die Schüler wieder zurück in die Schule durften, mussten Abstände eingehalten werden, was an den meisten anderen Schulen Wechselunterricht notwendig machte. "Wir haben verschiedene große Räume im Umfeld bezogen", sagt Schulleiterin Sabine Baer. Im Pfarrsaal gegenüber der Schule konnten 25 Kinder gleichzeitig unterrichtet werden. Auch im sonst nur für die Mittagsbetreuung genutzten ehemaligen Schulhaus von Bühler kamen zwei Klassen unter. Die Eußenheimer Mittelschulklassen sind ohnehin nicht sehr groß. So mussten nur die zweite und dritte Grundschulklasse zeitweise in den Wechselunterricht "und auch die wurden an drei von fünf Wochentagen beschult", sagt Stöhr.
Mit verschiedenen Pausenzonen und -zeiten wurden Begegnungen verringert. Der Pausenverkauf lief kontaktarm über Bestellungen; in den Schulbussen hatte jedes Kind einen festen Platz. Das wirkte. "Wir hatten Glück: Bis Weihnachten 2021 hatten wir an der Schule keinen einzigen positiven Fall", berichtet die stellvertretende Schulleiterin.
Auch das Schulleben erhalten
Wichtig war den Schulleiterinnen auch, das Gemeinschaftsgefühl aufrecht zu erhalten, obwohl geplante Feste ausfallen mussten. "Die Kinder haben überlegt, was sie unbedingt machen wollen und wie das gehen könnte", so Stöhr. So kam ein Adventssingen auf dem Pausenhof zustande und statt der Weihnachtsaufführung erstellte jede Klasse ein kleines Video, das in allen anderen Klassen gezeigt wurde. Zu Fasching gab es einen Kostümwettbewerb mit Online-Abstimmung, zur Schülersprecherwahl Bewerbervideos. "Das half ein wenig über den Ausfall von Sommerfesten und Schullandausflügen hinweg."
Jetzt sucht die Schule den Weg zurück in die neue Normalität. Erstklässler, deren Kindergartenzeit von der Pandemie beeinträchtigt wurde, trainieren Sozialkompetenz. Um ältere Schüler mit Wissenslücken bemühen sich Studenten und pensionierte Lehrer in Brückenkursen. Gemeinschaftserlebnisse wie die Teilnahme an einer Umwelt-AG oder am Lohrer Altstadtlauf werden wieder möglich.
Die Digitalisierung bleibt
Aber die Digitalisierung wird nicht wieder verschwinden. "Alle Klassenzimmer sind mit Beamer und Dokumentenkamera ausgestattet", sagt Sabine Baer. "Es hat sich gezeigt, dass manche Schüler von einem erklärenden Film besser lernen als von Bildern oder Frontalunterricht." Deshalb sollen die neuen Möglichkeiten weiterhin genutzt werden ebenso wie die Online-Kommunikation zwischen Schülern, Eltern und Lehrkräften. Nicht nur das Kultusministerium hat die Kreativität der Eußenheimer Schule erkannt, auch das Online-Bildungsportal "fobizz" hat der Grund- und Mittelschule ein Gütesiegel verliehen.
Darüber freuen sich Sabine Baer und Marion Stöhr ebenso wie über die 1000 Euro Preisgeld vom Freistaat. Was sie mit dem Geld anfangen, wollen sie mit den Schülerinnen und Schülern besprechen – am liebsten real, nicht online.
