Zwar mussten die Verantwortlichen des Kulturvereins Zellingen entsprechend der geltenden Coronaregeln die Besucherzahl reduzieren, doch hier im Torturm wurde deutlich, dass man auch in Zellingen sich riesig über die Rückkehr der Kultur freute. Im Mittelpunkt stand am Samstagabend die Vernissage mit Einblicken in die Vielfalt des malerischen Schaffens von Renate Jung aus Würzburg. Das Duo "steffi & tom" steuerte die passende Musik dazu bei.
Mit Renate Jung aus Würzburg, der "Grande Dame" der Malerei, war es der Kulturvereinschefin Ingrid Sperber gelungen, zum Neustart einen künstlerischen Glanzpunkt zu setzen. In ihrer Laudatio stellte die Kunsthistorikerin Susanne Dreier Leben und Werk der Malerin vor.
Studium bei renommierten Lehrern
Schon in jüngsten Jahren verspürte Jung einen "urkräftigen Drang zum Malen", was sie veranlasste, sich auf Tapeten oder in Gesangsbüchern zu erproben. Entgegen der Warnungen der Familie setzte sich die damals junge Frau durch und begann 1972 das Studium für Malerei, Grafik und Plastisches Gestalten. Zu ihren renommierten Lehrern gehörten Wolfgang Lenz und Leo Dittmer, später auch Werner Tübke aus Leipzig und Walter Otte. Nach Jahren des Reisens durch die Welt fand sie ihre Heimat in Würzburg, wo sie mit ihren Fassadenmalereien und Gedenktafeln aus Bronze Schwerpunkte setzte.
Renate Jungs künstlerisches Schaffen ist von ungeheurer Vielfalt: "Es gibt nichts, was ich nicht mache", sagte die Künstlerin einst von sich selbst. Da gibt es zum einen Beobachtungen von Menschen bei verschiedensten Tätigkeiten, eine Frau bei der Verarbeitung einer Tabakernte, einen knorrigen Bauer beim Füttern von Tieren oder eine Oma beim Singen. Gemeinsam sind den Bildern hier der hintergründige, menschenfreundliche Humor und die warmen Farben.
Es gibt aber durchaus auch versteckte oder offene Anspielungen auf markante Persönlichkeiten der künstlerischen Vergangenheit: Da ist "le Chef, Picasso", den Renate Jung mit seinen Eigenheiten durch ihren eigenen Pinsel und mit ihren Ausdrucksmitteln interpretiert, so Susanne Dreier. Im Zellinger Torturm findet man auch Mendelsohn beim Violinkonzert mit humorvoll gestalteten Handhaltungen und auch die Familie Goethe ist Gegenstand von Jungs malerischen Betrachtungen.
Letztendlich wird auch "Oma M's Kunstverstand" bildnerisch dargestellt, die für die damals junge Malerin quasi aus dem Malkästchen geplaudert und ihre Enkelin aufgefordert hatte: "Wenn du schon malen musst, dann bitte mit Biss!" (Susanne Dreier).
Werke auf drei Stockwerken bis 29. August zu sehen
Auf drei Stockwerken zeigt Renate Jung bis zum 29. August viel Lebensfreude und Menschenfreude in Aquarell, Mischtechnik oder Kaseinfarben, daneben auch Familien- oder Selbstportraits und traditionelle Stillleben. Insgesamt ein beeindruckender Spaziergang durch das Lebenswerk einer außergewöhnlichen Künstlerin.
Viel mehr als nur musikalisches Beiwerk bot "2.0 - steffi & Tom", die mit viel Lust an der Musik besondere Akzente setzten und Vorfreude auf weitere Auftritte machten. Bis zum 29. August kann die Ausstellung samstags von 14 bis 17.30 Uhr und sonntags von 11 bis 17 Uhr oder nach Vereinbarung besucht werden. Näheres im Torturm bei Ingrid Sperber unter Telefon ( 0 93 64) 81 77-647.