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Lohr
Ausstellung im Schulmuseum: Panzer im Kindergarten der DDR
Vieles war in den Kindergärten im Westen und Osten ähnlich. Einen wesentlichen Unterschied gab es aber doch: die vormilitärische Ausrichtung. Eine Ausstellung erinnert daran.
Spielzeugsoldaten mit Maschinenpistolen aus einem Kindergarten der DDR.
Foto: Bettina Merz | Spielzeugsoldaten mit Maschinenpistolen aus einem Kindergarten der DDR.
Eduard Stenger (Museumsleiter)
 |  aktualisiert: 01.03.2020 02:10 Uhr

Vieles, was im Lehrplan der DDR für den Kindergarten gefordert wurde, war wohl ähnlich in den Plänen der Kindergärten im Westen. Auffallend aber war die vormilitärische Ausrichtung, auf die eine Sonderausstellung vom 1. März bis 26. Juli im Lohtrer Schulmuseum ihr Augenmerk richtet.

Ein Zeitzeuge erinnert sich an die Vorschulzeit in einem DDR-Kindergarten: „Wir freuten uns über Infanteristen mit Pistolen, Kalaschnikows oder Panzerfäusten, hatten kleine Militär-Trabis und Panzerspähwagen sowie eine kleine Abteilung Sanitäter. Alles natürlich von der NVA, der Nationalen Volksarmee, welche den Frieden derart liebte, dass sie sich bis an die Zähne bewaffnete. Nachdem wir mehrere Kriege spielerisch dargestellt oder neu erfunden hatten, wuschen wir uns die Hände, bevor wir frühstückten.“

Kasernenbesuche mit Probefahrt waren beliebt

Seine Angaben zufolge verlief ein Tag im Kindergarten nach fast militärischem Muster mit entsprechenden Kommandos der Kindergärtnerinnen, angereichert mit verschiedenen sportlichen Einlagen, denn „die Erzieherinnen bestanden nachdrücklich auf einer guten körperlichen Ertüchtigung, Spaß bereitete uns das Wettrennen auf Kommando oder das 'Armeerobben', eine Art paramilitärische Ellbogen-Fortbewegungsart im Sandkasten.“ Beliebt seien die Kasernenbesuche gewesen, vor allem am „Tag der Nationalen Volksarmee“, an dem die Kinder „in ein militärisches Kettenfahrzeug hineinklettern und eine komfortable Probefahrt miterleben“ durften.

Bildseite aus 'Zur Arbeit mit dem Bildungs- und Erziehungsplan im Kindergarten' aus dem Jahr 1973.
Foto: Eduard Stenger | Bildseite aus "Zur Arbeit mit dem Bildungs- und Erziehungsplan im Kindergarten" aus dem Jahr 1973.

Es mag sein, dass der beschriebene Kindergarten besonders linientreu geführt wurde, aber er entsprach auch dem vorgegebenen Lehrplan aus dem Jahr 1985. Dort steht unter dem Titel „Vom Schutz des Friedens und des sozialistischen Vaterlandes“: „Den Kindern sind Vorstellungen über die Tätigkeit der Angehörigen der bewaffneten Organe zu vermitteln. Sie sollen erfahren, dass diese das Leben der Menschen und die DDR schützen, weil es immer noch Feinde gibt, die alles zerstören wollen. Die Kinder sollen Menschen begegnen und kennenlernen, die uns schützen. Der Stolz der Kinder auf solche Menschen, auch auf ihre Väter, die den bewaffneten Organen angehören oder bereits gedient haben, ist zu entwickeln.“

Interesse für die Militärtechnik wecken

Das Kriegsspielzeug wurde nun als „Wehrspielzeug“ nach dem Motto „Selbst nie etwas Böses tun, aber sich wehren dürfen!“ eingesetzt. Nach Meinung der staatlich gelenkten DDR-Pädagogik sollte das Wehrspielzeug also zur Verteidigungsbereitschaft und zur Friedenssicherung erziehen und als Nebeneffekt das Interesse für die Technik wecken.

Spielzeugpanzer aus einem Kindergarten der DDR.
Foto: Bettina Merz | Spielzeugpanzer aus einem Kindergarten der DDR.

Mit Liedern und Gedichten aus dem Soldatenleben wollte man außerdem den Kindern schon im Vorschulalter den NVA-Soldaten als Inbegriff eines friedliebenden und somit höchst ehrenvollen Menschen vermitteln. Dazu gehörte natürlich ein entsprechendes Feindbild und die Förderung des Hasses gegen den „imperialistischen Klassenfeind“ im Westen als offizielles Ziel der ideologischen Erziehung.

Ordentlich und sportlich wie die Soldaten sein

Die „vormilitärische Ausbildung“ außerhalb des Kindergartens erfolgte auch über die Kinderzeitschrift „Bummi“, in der die Kinder immer wieder neben den typischen gesellschaftlich-politischen Themen auch mit militärischen Bereichen vertraut gemacht und diese erzieherisch genutzt wurden. So heißt es in der Bummiausgabe Nr. 5/1976 unter der Überschrift „Wir lernen von unseren Soldaten“: „Unsere Soldaten müssen pünktlich und ordentlich zum Dienst kommen, damit sie immer kampfbereit sind. Hole deinen Mantel und deine Schuhe! Zeige, daß du dich schnell und ordentlich an- und ausziehen kannst. (...) Unsere Soldaten treiben Sport, damit sie stark und mutig werden. Lege dich auf den Bauch und krieche unter einem Stuhl hindurch, ohne dabei die Stuhlbeine zu berühren“ usw.

Im Gegensatz zur militärischen Aufrüstung im Kindergarten der DDR war in den Kindergärten der Bundesrepublik alles Militärische verpönt, auch in Erinnerung an die schlimme Zeit des Dritten Reichs. Die Sonderausstellung „Panzer im Kindergarten – Der Kindergarten in der DDR“ im Eingangsbereich des Museums ermöglicht viele Einblicke in einen sozialistischen Kindergarten und ist eine Ergänzung der Jahressonderausstellung „Schule und Erziehung in der DDR“ im Gewölbekeller des Schulmuseums.

Das Schulmuseum in Lohr-Sendelbach ist Mittwoch bis Sonntag und an allen gesetzlichen Feiertagen jeweils von 14 bis 16 Uhr geöffnet. Gruppen können auch unter Telefon (09352) 4960 oder (09359) 317 Termine vereinbaren.

 
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