
275 Kinder und Jugendliche aus 19 Nationen besuchen die Konrad-von-Querfurt-Mittelschule in Karlstadt – Schüler und Schülerinnen aus Syrien, Pakistan, Afghanistan, die Kriege und Not erlebt haben, Kinder aus Kuba, Ungarn, den USA, Vietnam sowie viele Jugendliche mit türkischen Wurzeln. "Der Anteil der Kinder mit Migrationshintergrund ist bei uns so hoch wie bei einer Großstadtschule", sagt Rektorin Marion Ulrich. Diese Zusammensetzung hat dazu beigetragen, dass die Karlstadter Mittelschule ins bundesweite Projekt "Schule macht stark" aufgenommen wurde.
Ziel dieses auf zehn Jahre angelegten Projekts des Bundesministeriums für Bildung und Forschung ist eine höhere Bildungsgerechtigkeit. "Wissenschaft und Schulen arbeiten gemeinsam an Strategien und Konzepten für Schulen in sozial schwierigen Lagen", heißt es auf der Webseite der Bund-Länder-Initiative „Schule macht stark“. Ulrich betont jedoch: "Wir sind keine Brennpunktschule."
Kinder mit höchst unterschiedlichen Voraussetzungen

In der Querfurt-Schule gibt es seit fast zehn Jahren eine Steuergruppe zur interdisziplinären Förderung. "Beratungslehrer, Förderlehrer, die Jugendsozialarbeiterin und eine Kraft vom mobilen sonderpädagogischen Dienst kümmern sich gemeinsam darum, Kinder mit Bedarf zu fördern", erklärt Ulrich. "Manche Kinder kommen fast ohne schulische Vorerfahrung zu uns, manche haben das Schreiben mit kyrillischer Schrift gelernt, manche mit arabischer", so die Rektorin. Aber es geht nicht nur um Schüler mit einer anderen Muttersprache oder niedriger Begabung. "Manchmal sind es private oder familiäre Probleme, die sich aufs Lernen auswirken." Außerdem werden an der Karlstadter Mittelschule mit ihrem Inklusionsprofil auch Kinder mit körperlichen oder geistigen Handicaps unterrichtet und gefördert.
Von der Teilnahme am Projekt erhofft sich Ulrich "neue Impulse", von der wissenschaftlichen Begleitung und Evaluation Hilfestellung, welche Maßnahmen in welchem Fall erfolgversprechend sind. Auch vom Austausch mit anderen Schulen werde die Querfurt-Schule profitieren. "Dieses Projekt trifft genau unseren Nerv. Deshalb haben wir uns um die Teilnahme beworben und uns gefreut, als wir vergangene Woche die Zusage erhalten haben", sagt Ulrich. Am 10. Februar findet eine Online-Auftaktveranstaltung statt, bei der die beteiligten Schulen weitere Informationen erhalten.
Bisher ist klar: Das Projekt beginnt zum nächsten Schuljahr, die ersten fünf Jahre sind stark praxisorientiert, in den zweiten fünf Jahren erfolgt die wissenschaftliche Evaluation am Leibniz-Institut für Bildungsforschung. "Das ist für uns hochinteressant", so Ulrich. Sie freue sich darauf, neue Lern- und Denkmodelle kennenzulernen. Es gehe darum, Strategien und Konzepte zu entwickeln, Bildungsangebote und soziale Angebote zu vernetzen und herauszufinden: "Welche Potenziale haben Schulen?"
Schwerpunkt auf Mathe und Deutsch
Der Schwerpunkt von "Schule macht stark" liegt auf Deutsch und Mathematik, was Ulrich für richtig hält. "Bei Mathe geht's nicht nur um Zahlen. Für das Verständnis von Textaufgaben und das Beschreiben des Lösungswegs sind Sprachverständnis und Kommunikation essenziell", erklärt die Rektorin. Und sprachliche Kompetenz sei unerlässlich, um einen Ausbildungsplatz zu ergattern.

Grundsätzlich sind vier verschiedene Abschlüsse an der Querfurt-Schule möglich: der Theorie-entlastete Mittelschulabschluss in den Praxisklassen, Mittelschulabschluss, Quali und mittlerer Abschluss. "Jeder Schüler soll ein Zeugnis erhalten, mit dem er etwas anfangen kann. Neun Jahre Schule sollen nicht umsonst gewesen sein", so Ulrich. Die Teilnahme an "Schule macht stark" werde dazu beitragen. "Ich gehe davon aus, dass der Zugewinn für die ganze Schule spürbar sein wird", sagt die Rektorin. Das heißt auch, dass nicht einzelne Schüler am Projekt teilnehmen, sondern die gesamte Schule.
"Wir erhoffen uns neue Ressourcen", sagt Marion Ulrich. Ob das eine weitere Lehrkraft oder möglicherweise eine Schulpsychologin sein werden, weiß sie noch nicht. Aber von dem Projekt, das sich Bund und Länder insgesamt 125 Millionen Euro kosten lassen, darf sich die Konrad-von-Querfurt-Mittelschule einiges erhoffen.