
Leicht gemacht hat sich der Werkausschuss des Eigenbetriebs Klinikum Main-Spessart seine Entscheidung nicht, das stellte auch Landrat Thomas Schiebel abschließend mit Blick auf vier Jahre Beratungen fest. Soll aus dem bisherigen Eigenbetrieb ein Komunalunternehmen (KU) werden? In seinen Erläuterungen griff Jan Hacker von der beratenden Firma Oberender AG zu einem auch für den Laien verständlichen Vergleich: "Sie müssen entscheiden, ob ihre Tochter weiter zuhause wohnen soll oder ob sie eine eigene Wohnung beziehen darf." Die Ausschussmehrheit war dafür, mehr Freiheit zu geben.
In Hackers Ausführungen und der anschließenden Diskussion wurde deutlich, dass sich die Sache letztlich auf die Fragestellung fokussiert: Wer hat künftig das Sagen beim Klinikum und wie transparent bleibt das, was dort geschieht? Während bisher der Werkausschuss, der sich aus Kreisräten zusammensetzt, den Eigenbetrieb und auch das Tagesgeschäft steuert, wird es beim Kommunalunternehmen einen Vorstand und einen Verwaltungsrat geben. In diesem Gremium werden zwar auch Kreisräte die Mehrheit bilden, aber sein Handeln wird unternehmerischer sein und seine Sitzungen in der Regel nichtöffentlich.
Mario Paul: Transparenz ist uns sehr wichtig
Daran machte sich schließlich der Widerspruch der beiden Grünen-Kreisräte Gerhard Kraft und Mario Paul fest. Sie waren als einzige gegen die Entscheidung, dass der Klinikreferent die Änderung der Rechtsform vorbereiten soll. Es stehe außer Frage, dass eine Reform nötig sei, meinte etwa Mario Paul, doch könne diese auch mit einer geänderte Satzung des Eigenbetriebs erreicht werden. Paul: "Uns geht es nicht um Misstrauen gegen einen Verwaltungsrat, sondern um das Prinzip der Öffentlichkeit. Transparenz bei Unternehmensentscheidungen ist uns sehr wichtig."
Er sei seit 1996 Mitglied in diesem Werkausschuss, ergänzte Gerhard Kraft. "Es war nicht das Schlechteste, wo nötig Dinge auch zweimal zu diskutieren." Ein reformierter Eigenbetrieb könne das gewünschte Ziel auch erreichen und man behalte die demokratische Kontrolle.
Manfred Goldkuhle (CSU) sah diese auch bei einem Kommunalunternehmen gegeben. "Ich kann jederzeit als Kreisrat in das Unternehmen hineinwirken", sagte er. Der Kreistag behalte das Heft in der Hand. Und was die bisherige Arbeit im Werkausschuss anbelangte, so kommentierte er: "Viele Diskussionen, die hier übers Klinikum geführt wurden, waren nicht immer dienlich." Das Tagesgeschäft sei nicht hier, sondern in einem Verwaltungsrat besser aufgehoben. Goldkuhle: "Wir müssen jetzt mal aufhören, uns schlecht zu reden."
Heidi Wright: Wir erfinden das Rad nicht neu
Heidi Wright (SPD) räumte ein, dass die Entscheidung heute "keine Kleinigkeit" sei, von daher seien die vielen Beratungen der vergangenen Jahre berechtigt gewesen. "Aber wir erfinden das Rad nicht neu", betonte sie. In Bayern hätten 96 Krankenhäuser die Rechtsform eines KU. Das sei eine erprobte Rechtsform. Der alte Kreistag müsse "endlich mal den Sack zumachen".
Der Kreis baue ein neues Klinikum, er hole sich medizinische Koryphäen von weither, "wir aber dilettieren in diesem Bereich", sagte Paul Kruck (Freie Wähler), und deutete an, dass der Werkausschuss in der Vergangenheit wohl zuweilen überfordert war. Ein Kommunalunternehmen biete mehr Flexibilität und mehr Möglichkeiten, den Herausforderungen der Gesundheitspolitik zu begegnen, fand auch Landrat Thomas Schiebel. "Ich sehe fundamental keine Gründe, die dagegen sprechen." In einem KU-Verwaltungsrat könnten zum Beispiel auch ein Personalrat oder ein Wirtschaftsprüfer Mitglied sein und Stimmrecht haben.
Das von den Grünen kritisierte Element der Nichtöffentlichkeit hatte Jan Hacker in seinen Ausführungen gerade als einen wichtigen Bestandteil eines KU genannt. "Die Nichtöffentlichkeit nutzt dem Unternehmen im besten Sinne", meinte er. Es sei sonst nicht möglich, politische Fragen aus der Diskussion im Verwaltungsrat herauszuhalten.
Klinikreferent René Bostelaar: Angst nicht angebracht
Der neue Klinikreferent René Bostelaar verwies auf 20 Jahre Erfahrungen im Gesundheitsbereich und betonte: "Ich muss Ihnen die Angst nehmen, dass Entscheidungen getroffen werden, die von der Politik nicht mehr mitgestaltet werden." Der Verwaltungsrat manage das operative Tagesgeschäft; der Vorstand werde bei Grundsatzentscheidungen, wie etwa der Frage einer Geburtshilfe am Krankenhaus, natürlich in alle Fraktionen gehen; der Kreistag darüber beschließen.
Gegen den Beschluss stimmten letztlich nur die beiden Grünen, die gehofft hatten, mit einem Antrag der Fraktion auf Änderung der Betriebssatzung und Geschäftsordnung des Eigenbetriebs einen wesentlichen Schritt zur Reform desselben und zur Verhinderung eines KU gehen zu können. Der Antrag wurde trotzdem, gegen die Stimme von Christian Menig (CSU) befürwortet. Damit werde die Übergangszeit bis zum KU, "das nicht vor Ende 2020 laufen kann" überbrückt, sagte Landrat Schiebel. In der neuen Satzung heißt es etwa, dass die Betriebsstätte Karlstadt entfällt und das Stammkapital dieser Betriebstätte (517 000 Euro) im Klinikum verbleibt.