Nach 105 Jahren unter dem Leitspruch „Mit Mut und Gottvertrauen“ endete 1998 die Firmengeschichte des Bauunternehmens Siebenlist. Johann Melchior Siebenlist hatte bereits eine Kunststeinwerkstatt betrieben, als er 1893 den Entschluss fasste, eine Baufirma zu gründen.

Die Zeiten waren günstig, während der Industrialisierung gab es im Hochbau und Eisenbahnbau gute Beschäftigungs- und Verdienstmöglichkeiten. So konnte sich das Burgsinner Unternehmen schnell am Markt etablieren. Neben Gebäuden aller Art baute es Wasserleitungen, Straßen, Gleisanlagen und Brücken, auch die Kunststeinwerkstatt wurde noch bis 1968 weiter betrieben.

Über 1000 Beschäftigte

Die Zeit des Nationalsozialismus brachte der Firma Arbeit in nie da gewesenen Dimensionen. So stieg die Zahl der Beschäftigten von 160 im Jahr 1933 auf zeitweise weit über 1000 an, auch hatte sie bis zu 1200 Fremdarbeiter in Weißrussland Ukraine und beschäftigt. Der Umsatz wurde innerhalb kurzer Zeit verfünffacht. Eine noch heute tätige Auskunftei beschrieb das Unternehmen 1936 wie folgt: „Der Betrieb ist mit den neuesten Maschinen und allen erforderlichen Fahrzeugen ausgestattet und ist in jeder Beziehung leistungsfähig.“

Siebenlist war damals auch im Autobahnbau tätig, wobei der Schwerpunkt allerdings beim Gleis-, Brücken- und Bahnhofsbau lag. Der Zweite Weltkrieg brachte die Baukolonnen der Firma Siebenlist auf Baustellen in Weißrussland, in der Ukraine. Dort, in Lemberg, unterhielt die Firma eine eigene Niederlassung. Noch vor dem Zusammenbruch Deutschlands konnte Siebenlist seine Baumaschinen aus dem Osten zurückholen und war daher in der Lage, in der Nachkriegszeit sofort wieder mit dem Geschäftsbetrieb zu beginnen. Nach dem Krieg verlagerte sich der Schwerpunkt weg vom Eisenbahnbau, hin zum Tief- und Straßenbau. Der Einsatz moderner Maschinen verdrängte die Handarbeit und so schrumpfte im Laufe der Jahre die Beschäftigtenzahl.

Private Nachfrage stieg an

Hatte der Betrieb neben dem Baugeschäft schon immer Handel mit den sowieso vorhandenen Baustoffen getrieben, so stieg in den 50er Jahren auch die private Nachfrage nach Baumaterialien. Dies führte dazu, dass 1953 eine eigenständige Firma mit dem Namen Baustoffhandel Karl Zindel & Co. gegründet wurde.

1996 arbeiteten bei Zindel & Co. noch 13 Personen, während das Bauunternehmen Siebenlist noch 58 Beschäftigte verzeichnete. Die rückläufige Entwicklung im Baugewerbe, der gleichzeitig immer mehr zunehmende Einsatz ausländischer Arbeitskräfte sowie ein nicht gekannter Preisverfall und deutliche Umsatzrückgänge führten letztlich 1998 zum Ende der Baufirma Siebenlist und des Baustoffhandels Zindel & Co. Das ehemalige Betriebsgelände dieser Firmen ist heute im Besitz der Familie Sachs und beherbergt unter anderem das Transportunternehmen Egerland, die Firmen Mähler und Bosi sowie eine Steuerberatungskanzlei.

ONLINE-TIPP

Die früher erschienenen Artikel über ehemalige Burgsinner Unternehmen finden Sie im Internet: www.mainpost.de/lokales/main-spessart/gemuenden