Ein Höhepunkt zum Auftakt der Visitation von Bischof Friedhelm Hofmann im Dekanat Karlstadt war die Diskussion im historischen Rathaussaal Karlstadts. Gemeinsam mit etwa 150 Gläubigen wurden konkrete Fragen zur Situation der Pfarreiengemeinschaften und der Gesamtkirche erörtert.
Zunächst würdigte Bischof Friedhelm Papst Benedikt XVI. als einen der intellektuellsten und zugleich demütigsten Menschen, den er kenne. Leider aber habe er den Eindruck, dass das deutsche Volk „seinen Papst“ nicht in demselben Maße angenommen habe wie das polnische Karol Wojtyla.
Zu Fragen aus der Pfarreiengemeinschaft nahm Bischof Friedhelm leutselig, aufgeschlossen, aber auch selbstbewusst Stellung. Wohin der Weg führe, angesichts der gegenwärtigen Krisen und des schwindenden öffentlichen Ansehens? Hier meinte er, trotz allem sei die Kirche noch immer „der Sauerteig“, der die Menschen in ihrem täglichen Leben präge. Schließlich seien in der Hauptsache christliche Gedanken, nicht nur in die UN-Charta für Menschenrechte, sondern in nahezu alle Verfassungen demokratischer Staaten eingeflossen. Zwar anerkannte er auch die Probleme der schwindenden Mitgliederzahlen. Doch sei der große Rückgang jetzt mehr dem demografischen Wandel als den Kirchenaustritten zuzuschreiben.
Wie geht es mit der Einrichtung von Pfarreiengemeinschaften weiter?, wurde gefragt. Diese seien dringend nötig geworden, hätten sich aber schon in der kurzen Zeit bewährt, so der Bischof. Fast die Hälfte der 600 Priester in der Diözese sei über 65 Jahre, sodass letztendlich nur rund 300 uneingeschränkt zur Verfügung stünden. Man dürfe nicht mehr so priesterzentriert denken und müsse verstärkt die Laien einbinden. In den 168 Pfarreiengemeinschaften wirken zurzeit 200 Diakone – davon 120 nebenamtlich – und 180 Pastoral- beziehungsweise Gemeindereferenten. Somit sei eigentlich die kirchliche Personaldecke kaum dünner als zu den besten Zeiten.
An die Einrichtung neuer Pfarreiengemeinschaften sei allerdings gegenwärtig nicht gedacht. Es würden gewiss keine bestehenden Kirchen umgewidmet oder aufgegeben. Allerdings müssten viele Kirchen, die zu groß und unwirtschaftlich seien, umgebaut und verkleinert werden. Freiwillige Fusionen kleiner Gemeinden will man in Würzburg akzeptieren, aber nicht fordern. Über einen möglichen Zusammenschluss der beiden Karlstadter Gemeinden St. Andreas und Heilige Familie müssten sich die zuständigen Gremien Gedanken machen.
Aufhorchen ließen Gedanken des Oberhirten über die Einrichtung von „Oasen“ für Milieu-Gruppen mit besonderen Interessen wie Jugendliche, Senioren, Familien, traditionelle und moderne Gruppen oder Menschen in Not. In jedem Fall aber müsse sich die Kirche überlegen, wie man kirchenferne und frustrierte Menschen wieder gewinnen könne. „Wir setzten manches voraus, das heute nicht mehr vorhanden ist und nicht mehr verstanden wird“, sagte Bischof Friedhelm. Insbesondere Kinder und Jugendliche sprächen heute eine ganz andere Sprache. Hier möchte er den Fokus auf ein Kinder- und Jugendpastorat setzen. Außerdem müsse sich die Kirche auch medial anders aufstellen.
Zur Rolle der Frau in der katholischen Kirche würdigte er ausdrücklich deren Bedeutung und versicherte, schon jetzt hätten Frauen Führungspositionen in der Kirche inne und man wolle dies noch verstärken. Er stellte eine mögliche amtliche Teilnahme durch ein besonderes Diakonat in Aussicht, betonte aber gleichzeitig, dass dies dann keine Weihe im klassischen Sinne und keinesfalls ein Einstieg ins Priestertum für Frauen darstellen werde.
Als eine Wunde, die geschlossen werden müsse, bezeichnete der Bischof die andauernde Kirchenspaltung und räumte ein, dass die Ökumene verstärkt voranzutreiben sei, dass hier ein langer Atem benötigt werde, „aber wir haben hier nicht mehr viel Zeit“, so Hofmann.
Die Moderation übernahm Walter Herberth. Für die Stadt Karlstadt hieß der Dritte Bürgermeister Theo Dittmaier den Bischof willkommen. Im Anschluss feierte Friedhelm Hofmann mit zahlreichen Gläubigen eine Vesper in der Stadtpfarrkirche.