Einen fröhlichen unterhaltsamen Abend mit der Würzburger Klezmer-Band Schmitts Katze hatte der Förderkreis Synagoge Urspringen am Freitag geplant. Kurz nach den Ereignissen des rechtsextremistischen Terroranschlags von Halle hatte das Konzert zu Beginn aber auch etwas Beklemmendes.
Äußerlich wurde dies schon dadurch deutlich, dass eine Beamtin und ein Beamter der Polizeiinspektion Marktheidenfeld vor Ort waren, um die Sicherheit der Gäste zu gewährleisten. Von diesen fragte sich angesichts dieser Tatsache so mancher, was sich in unserer Gesellschaft verändert hat, dass eine solche Maßnahme als notwendig erachtet werden müsse. "Das ist eine bedauerliche Schande, dass es soweit kommen konnte", war immer wieder als Meinungsbild zu vernehmen.
So griff Christine Kasamas als Vorsitzende des Förderkreises die Ereignisse von Halle bei der Begrüßung der rund 80 Zuhörer im Gebäude der einstigen Synagoge von Urspringen bewusst auf. Sie habe sich die Frage gestellt, ob es möglich sei, vor dem Hintergrund des versuchten Anschlags auf eine jüdische Gemeinde in Deutschland und zwei Todesopfern diesen Abend unberührt durchzuführen.
Die Synagoge sei als Zentrum des jüdischen Lebens im Dorf immer ein religiöser Mittelpunkt gewesen. Sie habe aber auch in Freude wie Leid im Leben der Menschen jüdischen Glaubens widergespiegelt. Man habe dort gebetet, sich versammelt, gefeiert und getanzt. So wolle man den Abend aus der Tradition als ein Zeichen der besonderen Verbundenheit und Solidarität mit den heutigen jüdischen Gemeinden im Land verstehen.
Authentisches Klangbild
Zu diesen nachdenklichen Worten passte ein ruhiger Auftakt des musikalischen Programms mit Andreas Griebel (Kontrabass), Marcel Largé (Gesang, Mandoline, Waldzither), Christian Hartung (Gesang, Geige) und Matthias Grob (Klarinette) als den vier Mitgliedern der Gruppe "Schmitts Katze". Die vier Musiker haben sich seit Jahren einem authentischen Klangbild der Klezmer-Musik verschrieben.
Diese Form der Volksmusik des aschkenasischen Judentums entwickelte sich in Osteuropa, nahm viele Einflüsse auf und drohte durch den Holocaust gänzlich zu verschwinden. Klezmer erlebte nicht zuletzt in den USA seit den 1970er Jahren ein bis dahin nicht mehr für möglich gehaltenes Revival bis in unsere Tage. "Schmitts" Katze pflegt ebenso die jiddische Sprache, die uns aufgrund ihrer Wurzeln im Mittelhochdeutschen bisweilen so vertraut und durch ihre vielfältigen Ausprägungen in Osteuropa zugleich so fremd begegnet.
Trink- und Tanzlied
Was Sprache und Musik an diesem Abend auszeichnete, war die Nähe zum Publikum. Schon beim ersten Trink- und Tanzlied, das einst zu Hochzeitsfeiern erklang, wurde rhythmisch und begeistert mitgeklatscht. Später sollte noch der Glückwunsch "Masel Tov" laut gerufen werden, der auch den Hochzeitsstein an der Außenwand des Gebäudes aus dem Jahr 1803 ziert.
Dabei erschöpfen sich "Schmitts Katze", bei der vor allem Matthias Grobs Klarinette und Christian Hartungs Fiedel die Rolle eines musikalischen Erzählers übernehmen, nicht in einem inzwischen hinlänglich bekannte Repertoire. Das Liebeslied eines rumänischen Landarbeiters zu einem Traktor im balkanischen 2/8-Takt, ein auch in Unterfranken melodisch vertrautes Hochzeitslied ungarischer Roma oder ein Klezmer-Arrangement für einen bayerischen Zwiefachen bieten Neuartiges wie Vertrautes in neuem Gewand.
Bei der ergreifenden jiddischen Klage "Papirosn" über einen jungen Zigarettenverkäufer in den USA der 1920 Jahre kehrte mitfühlende Stille im Raum ein. Hoffnungsvoll ertönte die Bitte um Frieden "Shpil zhe mir lidele af yidish". Meditativ und orientalisch war der Klang von Marcel Largés Thüringer Waldzither bei den instrumentalen Nigunim um den Har Meron als den höchsten Berg Israels zu vernehmen. Aber überschäumende Freude kennzeichnete den so nachdenklich begonnenen Abend am Ende wohl am deutlichsten – auf "A glesele mashke – ein Gläschen Schnaps" als Elixier und "Le Chaim! – Auf das Leben!"