
Es war der 17. August 1943, an dem die 8. Amerikanische Luftflotte mit "Fliegenden Festungen" in Deutschland das Unternehmen "Doppelschlag" durchführte. Die Bomber flogen den Rhein entlang in Richtung Frankfurt.
Die 1. Air Division mit rund 250 Boeing B-17 sollte die Stadt Schweinfurt bombardieren. Die 2. Air Division flog in mehreren Wellen weitere Angriffe. Die 3. Air Division flog mit vier Verbänden in Richtung Regensburg und warf ihre Bomben auf die dortigen Messerschmidt-Werke.
Aber auch die deutsche Luftwaffe wurde wach. Aus allen Teilen Deutschlands wurden Jagdflugzeuge vom Typ Messerschmitt Me 109 und Focke-Wulf Fw 190 angefordert und in den Raum Frankfurt-Mannheim geschickt, um die anfliegenden Bomber anzugreifen. Es waren einige hundert deutsche Tagjäger.
Flugzeugrumpf von Geschossen durchsiebt
Heftige Attacken dieser Tagjäger drängten bei Aschaffenburg einen Bomber aus dem Verband. Mehrere deutsche Jäger beschossen ihn von allen Seiten mit hochexplosiven Zwei-Zentimeter-Geschossen. Zwei Motoren gerieten in Brand. Der Rumpf der Maschine wurde durch die Geschosse regelrecht durchsiebt. Die Sauerstoffflaschen explodierten in der Maschine. Sechs Kilometer östlich von Aschaffenburg, über Waldaschaff, verlor der Bomber an Höhe, und ein erstes Besatzungsmitglied sprang ab.
Der Bomber verlor weiter an Höhe und zog eine schwarze Rauchwolke hinter sich her. Die weiteren neun Besatzungsmitglieder sprangen zwischen Neustadt bei Lohr und Rothenfels ab. Der 30 Tonnen schwere Bomber flog ohne Führung über den Main und schlug mit einer gewaltigen Explosion auf. Nach dem Aufprall brannte der Wald.
Alle großen Teile des Bombers wurden damals mit Lkws der Wehrmacht abtransportiert. Mit größter Sorgfalt wurde die Absturzstelle nach Bomben und Munition durch den Räumdienst der Wehrmacht abgesucht.
Fundstücke im Militärmuseum Stammheim zu sehen
Einwohner von Zimmern eigneten sich später noch gefundene Wrackteile an. So liegen im Museum für Militär- und Zeitgeschichte in Stammheim (Lkr. Schweinfurt) von Bürgern abgegebene Teile des abgestürzten Bombers, so Schülls Recherchen.

Heute nach fast 80 Jahren findet man immer noch Kleinteile, die nur wenige Zentimeter unter dem Laub liegen. Aufgrund dieser Funde kann man das Schicksal des Bombers auch heute noch rekonstruieren. So fand der Heimatforscher bei seinen Untersuchungen an der Absturzstelle einen vier Zentimeter langen Rotor eines Motors, der noch mit Kupferdraht bewickelt war. An der Stirnseite hatte er zwei Schleifringe über die die Stromzufuhr erfolgte. Sie waren aus purem Gold.
Durchgeschossene Sauerstoffflaschen aus Edelstahl und viele andere Metallteile findet man heute noch Wäschkorbweise. Auch Luftbildaufnahmen von der Absturzstelle wurden herangezogen und ausgewertet.
Alle Besatzungsmitglieder konnten abspringen und heimkehren
Laut Schüll ist der Absturz insgesamt dennoch als "erfreulich" zu bezeichnen. Denn es konnten alle Besatzungsmitglieder abspringen und in ihre Heimat USA zurückkehren. Außerdem wurden die sechs mitgeführten Bomben nicht in Schweinfurt abgeworfen, und so wurde der Tod von vielen Menschen verhindert. Die Amerikaner verloren insgesamt 60 Maschinen beim ihrem Unternehmen "Doppelschlag", fand Schüll heraus.

Ein noch lebender Zeitzeuge ist der damals zehnjährige Theo Herrmann aus Neustadt. Er erinnert sich, laut Schüll, noch genau, was er damals, während den Drescharbeiten auf dem Feld, sah: Der viermotorige Bomber sei aus der Richtung "Waldabteilung Silberloch" gekommen. Er zog eine schwarze Rauchfahne hinter sich her, weil zwei Motoren brannten. Weiter sah er ein großes Loch im Rumpf, was vielleicht auch eine offene Tür war, in der der Soldat stand und in letzter Sekunde absprang. Diese Erinnerung hat sich bei dem Zeitzeugen, der später Polizeibeamter wurde und heute noch in Neustadt lebt, eingeprägt, so Schülls Einschätzung.
Wie Schüll herausfand, berichten auch verschiedene Chroniken von den Ereignissen von 1943. So schreibt die Rothenfelser Pfarrchronik: "17. August 1943: Beim ersten Tagesangriff amerikanischer Bomber auf Schweinfurt stürzte zwischen Erholungsheim Gaibach und Schleuse ein solches Flugzeug brennend und führerlos in den Wald auf der linken Mainseite. Die Bordwaffenmunition ging infolge der Hitze von selbst los und die auf dem Feld befindlichen Leute glaubten sich beschossen, wodurch große Panik entstand. Vier Bomben an Land wurden am 19. August gesprengt, wodurch im Erholungsheim Gaibach Fenster und Türen eingedrückt wurden. Als die aufgegriffene Flugzeugbesatzung aber meldete, dass sie sechs Bomben an Bord hatten, suchte man die fehlenden zwei und fand sie an der Absturzstelle im Wasser des Maines. Wieder wurde der Verkehr der Eisenbahn und Schifffahrt gesperrt und diese zwei Bomben mit gewaltiger Detonation gesprengt, wobei wie bei einem Erdbeben die Häuser wackelten."
"Feuerwerker der Wehrmacht sprengten die Bomben"
In der Windheimer Chronik steht laut Schüll: "Heute überflogen drei Wellen feindlicher Bomber bei wolkenfreiem Himmel nachmittags unsere Gegen und griffen Schweinfurt an. Wir erlebten hier die ersten Abschüsse durch unsere Jagdflugzeuge. An der Staustufe bei Rothenfels stürzte eine viermotorige Feindmaschine ab und ging in Flammen auf. Ein weiterer Feindbomber zog mit rauchender Fahne westwärts. Waldarbeiter konnten beobachten, wie aus der Maschine neun Insassen mit Fallschirmen absprangen. Diese Besatzung wurde am selben Tag von Polizei und Landwacht aufgegriffen. Aus dem bei Rothenfels abgestürzten Bomber waren anscheinend im Notwurf einige Bomben in den Main gefallen ohne zu detonieren. Feuerwerker der Wehrmacht sprengten die Bomben. Bei ihrem Flug über unserer Gegend hatten die Bomber auch riesige Mengen von Staniolstreifen abgeworfen, um unsere Abwehrwaffen zu stören."