Während Student Achmed das neue Klettergerüst hält und mit der Schaufel arbeitet, sitzt ein Facharbeiter vom Bauhof im Bagger und gräbt die Löcher für das neue Spielgerät auf dem Gräfendorfer Friedhof. Zwei weitere Pakistaner aus dem Asylbewerberheim in der Gemündener Gartenstraße rechen und blasen unterdessen an der Grundschule Laub zusammen. Insgesamt vier pakistanische Asylbewerber machen derzeit einen Ein-Euro-Job beim Bauhof Gräfendorf.
„Hier, ich zeig Ihnen auf der Karte mal, warum wir in Gräfendorf so viel Arbeit für ungelernte Arbeiter haben“, sagt Bürgermeister Alfred Frank und deutet auf die Karte. Das Gemeindegebiet sei 45 Quadratkilometer groß, es gebe kilometerlange Straßen, Gräben und Flurwege. Es gibt also genug Arbeit zu tun, wenn man die alle unterhalten will. Der Bauhof Gräfendorf hat dafür drei Mann. Da kommen die Asylbewerber gerade zupass, viel Arbeit würde sonst liegen bleiben.
Bauhofleiter Gotthard Schwender (46) ist froh über die zusätzlichen Hände, die mitanpacken. Sie halfen beispielsweise, den Friedhof für Allerheiligen herzurichten. Mit den Namen habe er etwas Probleme, sagt er, deshalb merke er sich eher den Beruf: Student, Bauer, Polizist. Wobei sich dann herausstellt, dass der Polizist Achmed nur den Spitznamen „Polizist“ hat. Tatsächlich war auch er Bauer. „Der weiß, wie man schafft“, sagt Schwender, der 20 Jahre beim Bauhof ist, zufrieden.
Mit Händen und Füßen
Schon bevor das Asylbewerberheim in der Gartenstraße zwischenzeitlich leer stand, hatte er es mit Asylbewerbern aus allen Herren Länder zu tun gehabt: mit Senegalesen, Nigerianern, Sudanesen, Ägyptern und Russen. Letztere seien handwerklich sehr begabt gewesen. Nun hat er seit September Hilfe von vier Arbeitern aus Pakistan. Die Stimmung sei gut, es werde gelacht, man verständige sich auf Deutsch, Englisch und mit Händen und Füßen.
„Man merkt gleich, ob jemand was schaffen will oder nicht“, sagt Schwender. Die Asylbewerber sind verpflichtet, die gemeinnützige Arbeit zu tun, die Kommunen für sie haben, sagt Holger Steiger, Pressesprecher des Landratsamts. Entweder melden sich die Kommunen beim Landratsamt, dass sie Ein-Euro-Jobs haben, oder das Landratsamt fragt, ob es solche Arbeiten gibt. Einige Asylbewerber fragen auch von sich aus an, ob sie nicht solche Arbeiten übernehmen können.
Einer davon ist der 28-jährige Schahid aus der 70 000-Einwohner-Stadt Rabwah in der Region Pandschab. Warm angezogen schaufelt er an der Schule Laub in einen Bottich und schüttet es auf einen Hänger. In der Gartenstraße sei es auf Dauer langweilig, erzählt er. Außerdem sei Betätigung gut für die Gesundheit. Normalerweise sei er sehr schlank, aber seit er hier ist, habe er schon einige Kilo zugelegt. In seiner Heimat ist es viel wärmer als in Mainfranken, weswegen zurzeit die Arbeit im Freien für ihn und die anderen nicht unbedingt die reine Freude ist. Schnee hat er schon einmal gesehen – im Winter im Aufnahmelager in Zirndorf.
Ein Sprecher der pakistanischen Asylbewerber, die überwiegend der muslimischen Glaubensgemeinschaft der Ahmadiyya angehören, habe schon angefragt, welchen Beitrag ihre Gemeinschaft für die Bevölkerung in Gemünden leisten könne, sagt Hermann Burkard, Sprecher des Netzwerks Asyl. Das gehöre zum Selbstverständnis der Ahmadis, dass sie ihren Beitrag zur Gesellschaft leisten wollen.
„Diejenigen, die arbeitswillig sind, können bei uns ihren Beitrag leisten“, sagt Bürgermeister Frank, den die Asylbewerber „big Chef“ nennen. Gleich, als die Asylbewerber wieder in Gemünden ankamen, hat er beim Landratsamt Ein-Euro-Arbeiter beantragt. Man müsse ihnen auch die Chance geben, sich einzubringen, sagt Frank. Die Gemeinde profitiert davon, sie habe auch einen „sozialen Auftrag“.
1,05 Euro pro Stunde
Die Asylbewerber kommen so einmal aus ihrer Gemeinschaftsunterkunft heraus, lernen die deutsche Kultur, Mentalität und zum Teil auch Sprache kennen und vor allem, wie in Deutschland gearbeitet wird. „Komm ich heute nicht, komm ich morgen, geht hier nicht“, sagt Frank. Der Arbeitsrhythmus sei in südlichen Ländern gemächlicher, aber ihre Arbeit machen die vier Pakistaner. 1,05 Euro „Taschengeld“ bekommen sie dafür in der Stunde.
Als das Wetter noch besser war, sind die Asylbewerber jeden Morgen mit dem Rad nach Gräfendorf gefahren. Jetzt werden sie abgeholt und zurückgebracht. Wenn es morgens schon um 7 Uhr losgeht, stehen sie auch bereit, sagt Bauhofleiter Schwender. Im Auto geht es fröhlich zu, manchmal wird gesungen. Bis Ende November wurden der Gemeinde die Arbeiter genehmigt. Frank hofft auf eine Verlängerung.