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Lohr
Astronaut isst Lohrer Konserven im Kosmos
Geschäftsführer Ulrich Englert und seine Tochter Laura freuen sich über den außerweltlichen Auftrag für Feinkost Englert aus Lohr. Die Dosen mit der Astronautennahrung für Matthias Maurer halten sie in der Hand.
Foto: Boris Dauber | Geschäftsführer Ulrich Englert und seine Tochter Laura freuen sich über den außerweltlichen Auftrag für Feinkost Englert aus Lohr. Die Dosen mit der Astronautennahrung für Matthias Maurer halten sie in der Hand.
Bearbeitet von Boris Dauber
 |  aktualisiert: 08.02.2024 16:53 Uhr

Wer Astronautennahrung hört, denkt wohl als Erstes an Essen in Tuben. Dass Astronauten im Kosmos Kartoffelrahmsuppe mit Croûtons aus der Konserve kriegen können, wissen die wenigsten. Der Saarländer Matthias Maurer, der am 31. Oktober zur Internationalen Raumstation ISS fliegt, möchte auch in der Schwerelosigkeit auf bodenständige Kost nicht verzichten. Deshalb hat er einige typisch saarländische Gerichte im Gepäck, die das Heimweh bei seinem sechsmonatigen Aufenthalt im All mildern sollen. Gekocht hat sie Feinkost Englert in Lohr.

Rezepte aus dem Saarland

Die LSG Group, eine Tochtergesellschaft der Lufthansa, die sich auf Bordverpflegung spezialisiert hat, bekam von der Europäischen Weltraumorganisation (Esa) den Auftrag, diese Lebensmittelkonserven zu entwickeln. Für die Produktion holte LSG die Spezialisten von Feinkost Englert an Bord. Die Rezepte hatten wiederum saarländische Köche beigesteuert, die in der Fernsehsendung "Mit Herz am Herd" ausgewählt worden waren.

Auch Starkoch Tim Mälzer beteiligte sich mit einem "Beef Rendang mit Basmati Reis", das allerdings aus Indonesien und nicht aus dem Saarland stammt. Er kochte es im April persönlich bei einem Besuch in Lohr, was Geschäftsführer Ulrich Englert und seine beiden Töchter Christina und Laura natürlich sehr freute. "Er war sehr humorvoll und locker", sagt Laura Englert, die Marketing- und Verkaufsleiterin des Familienunternehmens.

Rehragout und "Rostige Ritter"

Doch welchen Reiseproviant hat Feinkost Englert außer der Kartoffelsuppe und dem asiatischen Rindfleisch noch für den Materialwissenschaftler Matthias Maurer zubereitet? Die Dosen mit dem futuristischen Label der Esa verraten es – allerdings nur auf Englisch und Russisch: Rehragout, "Geheirade", so heißen im Saarland Kartoffeln mit Speck, und als Nachspeise einen Brötchenauflauf mit Zimt und Vanillesoße, der "Rostige Ritter" genannt wird.

Insgesamt rund 750 Dosen hat die Lohrer Firma davon hergestellt. Damit ist Maurers Speiseplan aber noch nicht komplett. "Er kriegt noch mehr mit, sonst wäre es etwas einseitig", betont Laura Englert. Die Ernährungswissenschaftlerin Vickie Kloeris, die bis vor Kurzem bei der Nasa für das leibliche Wohl an Bord der ISS zuständig war, sagte der Süddeutschen Zeitung einst im Interview, dass die Astronauten für ihren Speiseplan zwischen 300 verschiedenen Nahrungsmitteln wählen dürfen.

Nahrung muss keimfrei sein

Bei der Versorgung im All ist am Allerwichtigsten, dass die Speisen lange haltbar und keimfrei sind. Schließlich wäre eine Lebensmittelvergiftung fatal für die Astronauten. "Die Astronautennahrung ist unter penibelsten hygienischen Bedingungen hergestellt worden. Durch den Sterilisationsprozess sind die Produkte sicher", erläutert Ulrich Englert. Vier Mitarbeiter der LSG überwachten die Herstellung. Die fertigen Konserven wurden zudem mehrmals im Labor untersucht. "Das Essen soll ein Genuss für die da oben sein. Die Sicherheit steht aber an erster Stelle", betont der 66-jährige Firmenchef.

Obwohl die Rezepte vorgegeben waren, mussten die Experten bei Feinkost Englert sie dennoch anpassen. "Wir haben die Menge der Gewürze geändert, weil die Intensität mancher Gewürze bei der Sterilisation nachlässt", nennt der Geschäftsführer ein Beispiel. Bei der Astronautenkost werde auf die Nährwerte und den Salzgehalt besonders achtgegeben, sagt der 66-Jährige. Nach Aussage der Nasa-Ernährungsexpertin Kloeris gegenüber der Süddeutschen Zeitung entzieht salzige Kost im All den Knochen Mineralien, wodurch sie schneller brüchig werden.

Die Lohrer Firma stellt nicht das erste Mal Astronautennahrung her. Auch für Alexander Gerst, der 2018 zeitweilig Kommandant der Internationalen Raumstation war, kochte das Familienunternehmen landestypische Gerichte und füllte sie in Konservendosen. Da Gerst aus dem baden-württembergischen Künzelsau stammt, gab es für ihn wunschgemäß Linsen, Spätzle und Saitenwürstle, Käsespätzle mit Speck sowie Zwetschgenröster mit dem schönen Namen "Ofenschlupfer".

Linsen im Laderaum

Auch damals durfte eine exotischere Speise nicht fehlen, weshalb Indisches Butter Chicken in der Dose landete. "Unsere Konserven hat er aber nicht mit ins Weltall genommen. Die konnten nur Mitarbeiter der Lufthansa in speziellen Ringeltauben-Läden kaufen", berichtet Laura Englert. Auf die Frage, auf welches Essen sie bei einem sechsmonatigen Allaufenthalt nicht verzichten könnte, antwortet die 31-Jährige: "Ich würde auf jeden Fall unseren Linsen- und unseren Erbseneintopf mitnehmen. Und Rinderbäckchen darf man nicht vergessen."

Ihr Vater würde ebenfalls die Linsenterrine und seine Leibspeise Rinderrouladen als Reiseproviant einpacken. Linsen sind offenbar ein beliebtes Weltraumessen, das selbst Alexander Gerst bei seiner Mission für unverzichtbar hielt. Wie begeistert seine Astronautenkollegen auf der Raumstation davon waren, als er sie zum Essen eingeladen hat, ist nicht überliefert. Im All gilt wie auf Erden: Die Geschmäcker sind verschieden.

Kein Allerwelts-  sondern Weltall-Essen: So sehen die Konservendosen mit der Astronautennahrung für Matthias Maurer aus.
Foto: Boris Dauber | Kein Allerwelts-  sondern Weltall-Essen: So sehen die Konservendosen mit der Astronautennahrung für Matthias Maurer aus.
 
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Kommentare
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  • M. E.
    Die leeren Dosen nehmen die Astronauten wieder mit runter? Oder gibt es da draußen im All schon Deponie und Wiederaufarbeitung?
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  • H. S.
    Der Müll wird ionisiert, also praktisch mit Hilfe eines Lasers zu Pulver geschossen und ins All freigesetzt....aber das ist eigentlich Allgemeinwissen grinsen
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