"Steine haben mich schon immer fasziniert." Der gebürtige Gemündener Thomas Höfling steht auf einem Acker bei Gambach. An diesem Nachmittag ist der Boden vom Regen der vergangenen Tage plattgewaschen, liegt voller Steinbrocken und -bröckchen. Langsam schreitet Höfling über das Feld, Augen gen Untergrund. "Wie der Ochs das Feld pflügt. Rauf und runter", sagt er und bückt sich. Noch bevor er den Brocken in der Hand hält, stellt er fest: "Versteinertes Holz, Triaszeit, 250 Millionen Jahre alt." Dieser Stein lebte als Baum zusammen mit Dinosauriern.
Der 50-Jährige ist Lehrer für Erdkunde und Deutsch am Gymnasium in Karlstadt. In seiner Freizeit widmet er sich der archäologischen Feldbegehung. "Ich kann dabei gut abschalten." Versteinerungen und Fossilien nimmt er zum Spaß mit. Was er eigentlich sucht und sammelt, sind Artefakte – Gegenstände menschlicher Herstellung und Nutzung. Vor allem komplett erhaltene, wie Pfeilspitzen oder Dolchklingen, erfreuen den Sammler. Denn diese zeigen, dass es bei uns nicht nur durchziehende Jäger und Sammler gab, sondern feste Siedlungen. Wenige Meter später wird er fündig.
Fund etwa 42.000 Jahre alt
In dem dunkelgrau schimmernden, glatten Stein erkennt er eine typische Klingenform, länger als breit, Kieselschiefer. "Ein vom Menschen absichtlich erzeugter Abschlag, der möglicherweise als Schneide genutzt wurde." Er zeigt auf die kleine Wölbung am Rand, Schlagbuckel genannt. Hier hat ihn ein Mensch mit einem weichen Werkzeug, vermutlich einem Hirschgeweih, gespalten; vor etwa 42.000 Jahren. Im Jungpaläolithikum, dem jüngeren Abschnitt der eurasischen Altsteinzeit.
Daheim untersuche er die Objekte genauer. Es folgen Beschriften, Fotografieren und Fundbericht schreiben. Diesen sendet Thomas Höfling ans bayerische Landesamt für Denkmalpflege zu Ralf Obst. Durch ihn kam er 1999 zu seinem Ehrenamt. Nach einem Vortrag von Obst, ebenfalls Gambacher, war Höfling begeistert und stieg in die Bodendenkmalpflege ein. Nachdem eine Fundnummer vergeben ist, kommen die Stücke daheim in eine Schachtel; die Schönsten in die Vitrine.
Bereits als Kind hat Höfling Mineralien gesammelt
Höfling erinnert sich, dass er bereits als Junge Mineralien gesammelt hat. Und er weiß, dass viele Kinder von Steinen magisch angezogen werden. Eigentlich spräche nichts dagegen, wenn Interessierte über einen Acker laufen und sammeln; tabu seien Bodendenkmäler. "Frisch eingesäte Felder sollte man meiden und keinen Flurschaden hinterlassen", rät er.
Genau genommen müsse man vorher Eigentümerin oder Eigentümer des Grundstücks um Erlaubnis fragen. An den zahlreichen, stillgelegten Steinbrüchen in der Gegend könne man außerdem Fossilien entdecken. "Wer etwas findet, melde es sicherheitshalber bei der Uni Würzburg in der Mineralogie", meint er. Denn Laien könnten oft nicht erkennen, ob es sich um einen wichtigen Fund handelt.
Er bedauert, dass das Interesse an der eigenen Vor- und Frühgeschichte in Gemünden noch nicht angekommen ist. In Karlstadt gebe es den archäologischen Arbeitskreis bereits seit 1980 als Untergruppe des historischen Vereins. Sein Wunsch ist, dass das Bewusstsein für sein Fachgebiet auch in Gemünden wächst. Höfling: "Wir haben hier mehr zu bieten als eine alte Naziautobahn."