"Glasfaserausbau – verlegt sich fast wie von selbst" – mit diesem Slogan wirbt ein großer deutscher Telekommunikationsanbieter seit geraumer Zeit für das Highspeed-Internet. Die dazugehörigen Leitungen werden aktuell landauf, landab verlegt – mit Hochdruck und in Eigenregie von Privatunternehmen. Dass die Arbeiten dabei nicht wie von selbst, sondern im Gegenteil teils ausgesprochen zäh und holprig verlaufen, haben bereits zahlreiche Kommunen an ihrer Infrastruktur zu spüren bekommen.
So gab es bekanntlich in Lohr seit Beginn des Glasfaserausbaus im vergangenen Jahr etliche Kapriolen wegen massiver Qualitätsmängel bei der Bauausführung. Die Sache gipfelte Ende 2022 in einem vorübergehenden Baustopp. Vor wenigen Wochen nun hat auch in Frammersbach der Glasfaserausbau begonnen – wie in Lohr im Auftrag der Firma GlasfaserPlus, einem Gemeinschaftsunternehmen der Deutschen Telekom und eines australischen Investmentfonds. Doch allzu lange liefen die Arbeiten in Frammersbach nicht. Schon nach wenigen Tagen wurde die Baustelle gestoppt. Grund: Die Gemeinde hatte festgestellt, dass die Gräben falsch verfüllt wurden.
Stopp nach wenigen Metern
Die Glasfaserarbeiten in Frammersbach hatten im Linderbachweg am 8. August begonnen, einem Dienstag. Wie Bürgermeister Christian Holzemer jetzt gegenüber der Redaktion erklärte, war noch in derselben Woche und nach wenigen Ausbaumetern wieder Schluss. "Wir waren mit der Ausführung nicht zufrieden", begründet der Rathauschef. Er gehe davon aus, dass die gesamte bislang verlegte Strecke nachgearbeitet werden müsse.
Der Knackpunkt sei ein sogenannter Mehrzweckstreifen gewesen. Dabei handelt es sich um den Randstreifen neben schmalen Straßen. Er ist gepflasterte und sieht wie ein Gehsteig aus. Vom Unterbau her sei er jedoch auch für das Befahren mit schweren Lastwagen ausgelegt, erklärt Holzemer. Solche Mehrzweckstreifen gebe es in Frammersbach vielerorts. Ohne sie sei Begegnungsverkehr in schmalen Straßen kaum möglich.
In Frammersbach hatte die Firma Insyte im Auftrag von GlasfaserPlus im Linderbachweg mit den Grabungsarbeiten begonnen. Schon nach kurzer Zeit sei auch durch Hinweise von Anwohnern klargeworden, dass beim Verfüllen des Grabens im Mehrzweckstreifen nicht der erforderliche Drainbeton eingebaut wurde, schildert Holzemer. "Das haben wir sofort als nicht akzeptabel moniert", so der Bürgermeister. In der Folge habe der Bauleiter der Firma die Arbeiten aus eigenem Antrieb eingestellt. "Ansonsten hätten wir es getan", sagt Holzemer. Der Baufirma Insyte sei die Besonderheit der Mehrzweckstreifen offenbar nicht bekannt gewesen, so der Bürgermeister.
Befahrung im Vorfeld
Diese Einschätzung bestätigt eine Pressesprecherin der Firma GlasfaserPlus, in deren Auftrag Insyte tätig ist. Zwar seien die Frammersbacher Straßen im Vorfeld "selbstverständlich befahren und bewertet" worden. Die "unterirdischen Gegebenheiten" etwa unter den Mehrzweckstreifen haben man dabei jedoch nicht erfassen können. Daher habe man die Gemeinde nun gebeten, Daten und Pläne zu den Mehrzweckstreifen zur Verfügung zu stellen, so die Sprecherin von GlasfaserPlus.
Ziel sei es, die Tiefbauarbeiten so schnell wie möglich wieder aufzunehmen. Dabei gelte der Grundsatz "Qualität vor Schnelligkeit". Man gehe "keine Kompromisse bei unseren höchsten Ansprüchen an die Bauqualität ein", betonte die Sprecherin.
Bürgermeister Holzemer indes sagt, dass ihm klar gewesen sei, dass die Gemeinde die Arbeitsqualität auf den Glasfaserbaustellen "vom ersten Tag an" überwachen müsse, um Schaden von der gemeindlichen Infrastruktur abzuwenden. Zu eindeutig seien die Erfahrungen gewesen, die andere Kommunen mit dem Glasfaserausbau gemacht hätten.
Eigens Personal für Kontrolle
Holzemer betont allerdings, dass es nach dem ersten Eindruck – abgesehen vom falschen Unterbau des Mehrzweckstreifens – an der Arbeitsweise der Insyte-Baukolonne bislang nichts auszusetzen gebe. Der Bauleiter spreche gut Deutsch und habe sich sofort kooperativ gezeigt.
Holzemer schildert weiter, dass bei einer nach dem Stopp der Arbeiten anberaumten Besprechung mit allen Beteiligten Einigkeit darüber bestanden habe, wie fachmännische Arbeit auszusehen habe. Gleichwohl, so der Bürgermeister, werde die Gemeinde die Arbeiten auch weiterhin eng überwachen. Zu diesem Zweck habe man eigens fünf fachkundige Personen auf Basis von Minijobs angestellt. Die Kapazität der Gemeindeverwaltung reiche nicht aus, um die Arbeiten zu überwachen, für die Insyte mit bis zu vier Baukolonnen im Ort unterwegs sein wolle, begründet Holzemer diesen Schritt.
Mit der Baufirma wurde laut Holzemer vereinbart, dass ein neuer Straßenzug erst dann aufgebaggert werden darf, wenn der vorherige kontrolliert und ohne Mängel ist.
Holzemer: Zwiespältige Sache
"Wir geben das nicht aus der Hand", kündigt Holzemer eine enge Begleitung an. Insgesamt sei der Glasfaserausbau für eine Kommune eine zwiespältige Sache, so der Bürgermeister weiter. Auf der einen Seite sei das schnelle Internet eine zukunftsweisende Technologie. Auf der anderen Seite drohten durch schludrigen Netzausbau Schäden an kommunaler Infrastruktur.
Der wegen "jahrelanger Versäumnisse" nun bundesweit forcierte Ausbau des Glasfasernetzes erfolge "auf dem Rücken der Kommunen", sagt Holzemer. Allerdings dürfe man nicht vergessen, dass der Ausbau für die Kommunen kostenfrei sei – abgesehen von den Ausgaben für die Überwachung der Arbeiten oder die Behebung möglicher Folgeschäden.
In Frammersbach sollen insgesamt rund 33 Kilometer Glasfaserleitungen verlegt werden. Als angepeilten Fertigstellungstermin des Ausbaus im Ort nennt die Sprecherin von GlasfaserPlus "Mitte 2024".