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LOHR/GRÄFENDORF
Apple baut auf Spessarteiche
So soll die Oberfläche der Tische für Apple aussehen.
Foto: Arco-Slim+Table by Bertjan Pot | So soll die Oberfläche der Tische für Apple aussehen.
Johannes Ungemach
 |  aktualisiert: 27.04.2023 02:37 Uhr

Das haben sich die Spessarter Forstleute vor über 200 Jahren sicher nicht träumen lassen: Eichen, die sie damals von klein auf päppelten und hegten, treten heute die Reise um die halbe Weltkugel an. Mehrere mächtige Baumriesen aus dem Spessart liefern aktuell den Rohstoff für hochwertige Möbel in einem der spektakulärsten Bauwerke der Welt: dem wegen seiner Form auch „Raumschiff“ genannten Apple-Campus in Cupertino, in den USA etwa eine Autostunde südlich von San Francisco gelegen.

Zulieferer mussten Verschwiegenheitserklärung unterschreiben

Dort, an seinem Stammsitz, lässt der Elektronikkonzern derzeit einen futuristischen Neubau als Firmenzentrale errichten. Bei den Möbeln für die Innenausstattung setzt das Unternehmen, dessen Design als stilprägend gilt, auf Spessarteiche. Das hat Apple offiziell bestätigt. Wohl um Nachahmer zu verhindern, macht der Technologiekonzern jedoch ein Geheimnis darum, wo genau die Eichen für die in den Niederlanden gefertigten Tische herkommen. Es gibt Verschwiegenheitsverpflichtungen, die selbst Unterlieferanten unterschreiben mussten.

In hiesigen Forstkreisen jedoch ist es ein offenes Geheimnis: Die besten Eichen aus dem Spessart sind derzeit für den Konzern mit dem Apfel-Logo auserkoren. Gerade in den vergangenen Tagen wurden deshalb in den Wäldern bei Lohr und Gräfendorf außerordentlich mächtige Eichen gefällt. Sie sind über 200 Jahre alt, mit astfreien Stämmen bis auf neun oder mehr Meter Höhe.

Käufer der Eichen ist das Lohrer Säge- und Furnierwerk Mehling & Wiesmann. Dessen Geschäftsführer Richard Weis und Juniorchefin Diana Paul hüten sich mit Verweis auf die Verschwiegenheitsvereinbarung jedoch, den Namen Apple in den Mund zu nehmen. Zu den Kunden von Mehling & Wiesmann gehört jedoch ein belgisches Unternehmen, das Tischplatten fertigt. Dieses wiederum beliefert einen niederländischen Möbelhersteller, bei dem Apple die Tische für seine gerade in Bau befindliche neue Zentrale kauft.

Apple gestaltet weltweit seine Läden um - ebefalls mit Spessarteiche

Doch nicht nur am Stammsitz in den USA setzt Apple auf Eichen aus dem Spessart. Weltweit gestaltet der Konzern seine Läden um, von amerikanischem Ahorn auf Spessarteiche.

Deren mildes und helles aber dennoch strukturreiches Holz ist seit Jahren in der Möbelindustrie ein Renner. Mehling & Wiesmann produziert Eichenfurnier in unterschiedlichsten Stärken, von 0,6 bis zehn Millimeter. Für die größeren Stärken hat das Lohrer Unternehmen einen Millionenbetrag in eine neue Großmaschine investiert, eine riesige Bandsäge.

„Da ist man natürlich schon stolz.“

Eine besondere Herausforderung, war es für Richard Weis, die vom belgischen Kunden gewünschten, über fünf Meter langen Eichenstämme in der gewünschten astfreien Qualität zu beschaffen. Rund 50 Stämme benötigte er. Und zuletzt sollten es gar über neun Meter lange Furnierblätter sein, für besonders lange Konferenztische.

Stämme in dieser Qualität und Dimension können freilich nur wenige Forstbetriebe bieten. Fündig wurde Richard Weis im Lohrer Stadtwald und in den bei Gräfendorf gelegenen Wäldern des Würzburger Juliusspitals. Die Stämme suchte er im Frühsommer zusammen mit den Förstern aus. Gekauft wurden sie im Stehen.

Den Preis handelte Weis mit den Waldbesitzern noch vor dem der Fällung aus. Er lag seinen Worten zuf

olge deutlich über dem, was in Deutschland sonst für Spitzenstämme der Baumart Eiche gezahlt wird. Zwischen 5000 und 10 000 Euro zahlte Weis so für jeden der fünf von den verschiedenen Waldbesitzern gekauften riesigen Eichenstämme.

Bäume wurden in stehendem Zustand zu Spitzenpreisen gekauft

Das Risiko, dass die äußerlich makellosen Stämme in ihrem Inneren ganz anders aussehen und somit unbrauchbar würden, lag beim Unternehmer. Doch alle Stämme hielten, was sie in stehendem Zustand versprachen. Das stellte sich freilich erst heraus, als sie vor wenigen Tagen gefällt wurde. Ein Erlebnis, das auch für das beteiligte Forstpersonal nicht alltäglich war.

Besondere Sorgfalt war gefragt, um zu verhindern, dass die Stämme beim Fall aufplatzen. „Eichen in dieser makellosen Qualität haben wir nicht viele“, zeigt sich Matthias Wallrapp, der Leiter der 3360 Hektar bewirtschaftenden Forstabteilung des Juliusspitals beeindruckt von den Stämmen, die im Wald zwischen Burgsinn und Gräfendorf gefällt wurden.

Eichen waren 230 Jahre alt, 32 Meter hoch und fast einen Meter dick

Sie waren rund 230 Jahre alt und 32 Meter hoch. Der Stamm war am unteren Ende kapp einen Meter dick. Durch den Einschlag der Baumriesen werde der Wald jedoch nicht geplündert, so Wallrapp. Es gebe genug alte Eichen und auch ausreichend Nachwuchs. „Wir können dieses Produkt auch in Zukunft nachhaltig liefern“, so der Förster. Allerdings würden solche Bäume nur dann gefällt, wenn auch eine gezielte Nachfrage vorhanden sei.

Das gleiche sagt Bernhard Rückert, der Leiter der städtischen Forstverwaltung in Lohr. Eichen dieser Dimension seien selten. „Aber wir haben den Nachwuchs da und auch das Potenzial“, so der für über 4000 Hektar verantwortliche Lohrer Stadtförster.

Bäume werden der Länge nach in zehn Millimeter dicke Scheiben geschnitten

Im 49 Mitarbeiter zählenden Lohrer Furnierwerk werden die außerordentlich starken Eichenstämme nun bis Ende des Jahres der Länge nach in exakt zehn Millimeter dickes Furnier geschnitten. Danach gehen sie über den Weiterverarbeiter in Belgien an den Tischhersteller in den Niederlanden.

„Da ist man natürlich schon stolz“, sagt Geschäftsführer Richard Weis über das Großprojekt. Die Beteiligung daran sei eine Herausforderung. Deren Bewältigung zeige Möbelherstellern und Innenausbauern jedoch, dass man zuverlässiger Partner ist. „Man muss bekannt sein, Verbindungen und Erfahrungen vorweisen können“, sagt Weis über die Branche.

Gezielt werben können man um solche Aufträge jedoch kaum, erklärt seine Tochter Diana Paul. „Die Wege der Architekten und Planer sind unergründlich.“ Allerdings: Die nächste Anfrage in Sachen Spessarteiche liegt bereits vor, diesmal von einem großen Sportartikelhersteller.

Der Apple-Campus 2 im Silicon Valley

Die künftige Zentrale des Technologiekonzerns Apple in Cupertino/USA befindet sich derzeit in Bau. Sie soll 2017 in Betrieb gehen und Platz für 13 000 Mitarbeiter bieten. Aktuell beschäftigt das Unternehmen an seinem Hauptsitz bereits rund 25 000 Menschen.

Mit einem Außenumfang von 1,6 Kilometern und einer Fläche von 260 000 Quadratmetern gilt der Bau als eines der größten Bürogebäude der Welt. Im Untergrund des Komplexes befindet sich ein Auditorium, das Platz für 1000 Menschen bietet. Dort sollen in Zukunft neue Produkte vorgestellt werden.

Geplant hat das „Spaceship“ der britische Stararchitekt Norman Foster. Die architektonische Detailverliebtheit zeigt sich beispielsweise darin, dass nicht nur der Bau insgesamt rund ist, sondern auch die Glasscheiben der Fassade gebogen sind. Dieses größte Stück gebogenen Glases produziert ein Unternehmen aus Gersthofen bei Augsburg.

Die Kosten des Bauprojektes sind nach Medienberichten explodiert. Statt, wie ursprünglich veranschlagt, knapp drei Milliarden Euro, soll das Vorhaben nun annähernd fünf Milliarden Euro verschlingen.

Besondere Bäume für besondere Zwecke: Juniorchefin Diana Paul und Geschäftsführer Richard Weis neben zwei der riesigen Spessarteichen, aus denen bei Mehling & Wiesmann Furnier gemacht wird, das im Apple-Neubau Verwendung findet. Diese beiden Stämme standen bis vor wenigen Tagen noch in den Wäldern des Juliusspitals bei Gräfendorf.
Foto: Johannes Ungemach | Besondere Bäume für besondere Zwecke: Juniorchefin Diana Paul und Geschäftsführer Richard Weis neben zwei der riesigen Spessarteichen, aus denen bei Mehling & Wiesmann Furnier gemacht wird, das im Apple-Neubau ...
Blatt für Blatt wird das Eichenfurnier vom Kunden inspiziert.
Foto: Johannes Ungemach | Blatt für Blatt wird das Eichenfurnier vom Kunden inspiziert.
New Apple headquarters       -  Umfang 1,6 Kilometer: Der spektakuläre Apple-Neubau im Silicon Valley in den USA, hier in einer Entwurfsskizze.
Foto: dpa/Foster | Umfang 1,6 Kilometer: Der spektakuläre Apple-Neubau im Silicon Valley in den USA, hier in einer Entwurfsskizze.
Förster Wallrapp mit einer Eichenscheibe aus dem Wald des Juliusspitals.
Foto: Kohlhepp | Förster Wallrapp mit einer Eichenscheibe aus dem Wald des Juliusspitals.
Ein Waldarbeiter beim Fällen einer der Eichen im Lohrer Stadtwald.
Foto: Rückert | Ein Waldarbeiter beim Fällen einer der Eichen im Lohrer Stadtwald.
 
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