„Meine Frisur hat sich in all den Jahren schon geändert“, sagt André Carswell, als der durch seine Fotoalben und Zeitungsartikel blättert. Der in Marktheidenfeld lebende Sänger blickt nicht nur auf eine interessante Frisurengeschichte zurück – von kurzen Haaren bis zu seinen jetzigen langen Rastas –, sondern auch auf ein bewegtes Leben in vielen Bands.
Geboren wurde der 49-Jährige in Macon im US-Bundesstaat Georgia. Durch die Armeelaufbahn seines Vaters kam Carswell auch nach Ramstein in Deutschland. Wieder zurück in den USA ging er selbst zum Militär, wo er als 19-jähriger Soldat im baden-württembergischen Wertheim stationiert war.
„Ich bin seitdem immer am Main geblieben“, erzählt der Sänger. Anfang der 90er Jahre hat er in Marktheidenfeld gelebt, dann in Ochsenfurt, Wörth am Main, Schweinfurt, Wertheim und seit 2009 wieder in Marktheidenfeld. Nach seiner Armeezeit – aus der er 1990 wegen Streit mit einem Vorgesetzten einen Monat vor dem Ende vorzeitig entlassen wurde – wollte er sich als Sänger selbstständig machen. Und das gelang ihm leicht. „Ich bin damals am Wochenende zu einem Konzert von Lanzer, einer Coverband aus Wörth“, erzählt Carswell, „und hab einfach gefragt, ob ich bei ihnen singen kann.
“ Das durfte er an diesem Abend und am folgenden Montag klingelte sein Telefon. Lanzer hatten sich von ihrem Sänger getrennt und machten Carswell ein Angebot.
Covers und Eigenes
Damit war er als Sänger im Geschäft. Wie sehr Geschäft das Ganze war, sollte er bald feststellen. „Ich dachte, in einer Band wären wir alle Freunde und würden die ganze Zeit zusammen rumhängen“, sagt er. Aber das war nicht so, wie er schmerzlich erfahren musste. An den Wochenende trat er mit seinen Bandkollegen auf, während der Woche sah er sie fast nie und war oft alleine. Auf Dauer behagte ihm das nicht, und wenige Jahre später verließ er die Band.
Rückblickend empfindet er diese Zeit trotzdem nicht als negativ. „Ich habe daraus gelernt, dass Musikmachen ein Job ist“, sagt der Sänger. Seine ewig gute Laune hat sich Carswell dadurch nicht verderben lassen. „Ich bin immer gut gelaunt“, sagt der Sängern. „Wenn ich schlecht drauf wäre, würde meine Mutter in den USA das sofort spüren und anrufen“, scherzt er.
Mittlerweile weiß er, dass zusammen auf der Bühne stehen nicht automatisch heißt, dass man sich gern hat. „Ich saß mal zwischen Roger Daltrey und Pete Townshend von The Who“, erzählt Carswell, „und ich habe gemerkt – die beiden sind auch keine Freunde“.
Carswell war durch seine stilistische Breite mit Soul, Pop und Rock in den 90ern bei verschiedenen Coverbands wie „Pull“ oder „Curley Sue“ und gründete auch selbst eine, „Carswell“. Die war Sprungbrett für einen weiteren musikalischen Abschnitt in seinem Leben. Die vor allem in den 80er-Jahren bekannte deutsche Progressive-Rock-Band „Anyone's Daughter“ wollte sich im Jahr 2000 nach ihrer Auflösung neu gründen und suchte einen Sänger. Der Schlagzeuger kannte AndréCarswell von einem Konzert mit dessen Band „Carswell“. „Du bist mit Abstand der beste Sänger, den wir gehört haben“, wurde ihm am Telefon gesagt. „Was konnte ich da anderes machen, als zuzusagen?“, erinnert sich der Sänger und lacht.
Drei Alben hat Carswell mit „Anyone's Daughter“ herausgebracht, das vierte, „Living The Future“, erscheint in den nächsten Monaten. In dieser Gruppe konnte sich der Sänger künstlerisch mal ganz anders einbringen. „Es war schön, einmal eigene Musik zu machen“, sagt Carswell.
Große Freude macht dem 49-Jährigen auch die Arbeit mit dem bekannten Gitarristen Siggi Schwarz seit einigen Jahren – der unter anderem ein gemeinsames Album mit Andreas Kümmert produziert hat. Aktuell arbeitet Carswell mit am zweiten „Milestones Of Rock“-Album, bei dem Siggi Schwarz und seine Band gemeinsam mit den Ulmer Philharmonikern Rock-Klassiker neu interpretiert. „Bis März müssen die Stücke sitzen“, sagt Carswell, denn dann geht es in die Konzerthallen von Deutschland.
Marktheidenfeld als Ruhepol
Doch auch mit regionalen Musikern tritt der Sänger auf, wie seit einem Jahr recht erfolgreich mit dem Pianisten Michel Hauck aus Triefenstein, mit dem er Soul-, Pop-, und Rock-Lieder spielt.
Warum ist Carswell trotz der Konzerte in ganz Deutschland in Marktheidenfeld geblieben? Zum einen wohnt hier seine Freundin. Zum anderen ist die Verkehrsanbindung gut, „ich bin schnell auf der Autobahn oder am Frankfurter Flughafen“. Und was er an Marktheidenfeld sehr schätzt: „Es ist hier ruhig.“ Trubel hat er bei den Auftritten in ganz Deutschland, zuhause kann er zur Ruhe kommen.
- Website von AndréCarswell
- Website von Michel Hauck
- Facebook-Seite von Anyone's Daughter
- Website von Siggi Schwarz