Nanu, was ist denn das? So mancher Passant in der städtischen Anlage dürfte in den vergangenen Tagen gestaunt haben. Dass die Gartenkolonne des Bauhofs seit Jahren überall im Lohrer Stadtgebiet Grünflächen mit einer Vielfalt an Pflanzen, Blüten und Einfällen verziert, weiß man ja. Aber sowas? Ananasstaude, Feigenbäumchen, Artischocke, Erdnussstrauch und Melonen? All das wächst in der Anlage seit einigen Tagen. Es ist ein Versuch. Wie Bauhofleiter Peter Bechold sagt, könnte er ausgedehnt werden – aber auch ganz schnell wieder eingestellt.
Die Idee, einen Schaugarten mit Exoten zu gestalten, kam Bechold und seiner Truppe zu einer Zeit, in der man nicht unbedingt an Gartenarbeiten denkt: kurz vor Weihnachten. Es wäre doch mal interessant, so beschreibt der Bauhofleiter die Überlegung, den Menschen zu zeigen, wie die Pflanzen aussehen, deren Früchte man im Supermarkt kaufen kann. "Das wissen die wenigsten", sagt Bechold.
Mit exotischer Note
Eine passende Fläche für die Umsetzung war schnell gefunden: in der Oberen Anlage, an der Ecke der Stadtmauer. Dort wuchs laut Bechold seit Jahren auf rund 25 Quadratmetern ein "Allerweltsgrün", darunter Rhododendron und Kirschlorbeer. Eine Umgestaltung der Ecke habe ohnehin angestanden, erklärt der Bauhofleiter.
Also machte sich das "Greenteam" des Bauhofs, das Bechold auch "Dreamteam" nennt, an die Planung. Das Problem war laut Landschaftsgärtnerin Madeleine Riethmann, an die exotischen Pflanzen zu kommen. Man habe Gärtnereien in der Region abgeklappert, mit mäßigem Erfolg. Teilweise seien die Pflanzen dort einem Spätfrost zum Opfer gefallen. Deshalb wurde das Konzept kurzerhand abgewandelt: Aus dem geplanten Exotengarten wurde ein "Stadtgärtle" mit exotischer Note.
Und so sprießen nun neben Ananas, Erdnussstrauch, Artischocken und anderen Exoten auch Salat, Tomaten, Bohnen, Kohl, Knoblauch, Mangold, Rote Beete und Radieschen. Das gesamte Pflanzmaterial hat laut Bechold rund 100 Euro gekostet.
Die Pflanze zur Frucht zeigen
Der Zweck bleibt trotz abgewandelter Pflanzenauswahl der gleiche: Das Stadtgärtle soll zeigen, wie die "Pflanze aussieht, deren Frucht aus der Dose kommt", beschreibt der Bauhofleiter den Sinn. Allen Kindern sei zwar eine Tomate bekannt, aber viele wüssten nicht, wie die dazugehörige Pflanze aussieht, so Bechold. Mit dem Schaugarten in der auch von Familien stark frequentierten städtischen Anlage wolle man einen Beitrag leisten, verloren gegangenes Wissen aufzufrischen.
Natürlich wird sich schon bald auch die Frage stellen, was mit der Ernte passieren soll. Der Bauhof hat laut Bechold schon mehrfach den Versuch unternommen, den Bürgern die Möglichkeit zu geben, auf städtischem Grün kostenlos zu ernten, beispielsweise durch das Anpflanzen von Kirschbäumchen. Doch so richtig funktioniert habe das nie, so Bechold. Es habe an Personen gemangelt, die die Rolle des Kümmerers übernehmen.
Bechold will nicht ausschließen, dass das im Fall des neuen "Stadtgärtles" ebenso sein wird. Man sei jedoch schon zufrieden, wenn es keinen Vandalismus gebe. In jüngerer Zeit häuften sich in Lohr wieder Fälle von mutwilliger Zerstörung, sagt Bechold und nennt etliche Beispiele auch für herausgerissene Pflanzen.
Sollte die Zerstörungswut auch das neue Gärtle treffen, wäre laut Bechold schnell wieder Schluss mit dem Projekt. Bislang jedoch habe man ausschließlich positive Resonanz erhalten. Eine Nachbarin sei begeistert, gieße sogar manchmal. Der Zuspruch, so bekennt Bechold, sei Labsal für die Seele der Mitarbeiter des Bauhofs. Sie müssten regelmäßig auch "größere Rückschläge" hinnehmen, vor allem eben durch Vandalismus. Bis jetzt macht der Garten aber auch seinen Betreuern vom Bauhof Freude. Am Dienstag konnten sie die ersten Radieschen ernten.
Die Exoten aber werden den Winter wohl nicht alle im Freien überdauern. Manche, so erklärt Madeleine Riethmann, werde man ausgraben und im Bauhof überwintern müssen. Im kommenden Jahr soll das Experiment dann fortgesetzt werden – dann mit noch exotischerer Note.