"Fenster – die Augen des Hauses" ist der Titel einer Ausstellung, die am Freitagabend im Marktheidenfelder Franck-Haus eröffnet wurde. Rund 30 Besucher zeigten sich interessiert an der Kunst der analogen Fotografie in schwarzweiß von Gerd Schneider aus Löwenstein.
Mit leuchtenden Augen erzählte Schneider von seiner Arbeit. Bewaffnet mit einer Hasselblad, der Inbegriff der 6x6 Mittelformatkameras, und einem Belichtungsmesser gehe er auf die Suche nach Motiven. Meist findet er diese in alten, verlassenen Häusern. Er sucht das Spiel von Licht und Schatten, wie es zum Beispiel von Sonnenlicht und Fenstersprossen auf einem Vorhang erzeugt wird.
Fenster erzählen Geschichten der Menschen
Die Kamera wird auf einem Stativ befestigt. Der Belichtungsmesser kommt zum Einsatz, Zeit und Blende werden eingestellt. Der Sucher befindet sich oben an der Kamera, mit gebeugtem Rücken steht der Fotograf da und wählt den richtigen Bildausschnitt. Menschen sind auf seinen Bildern nicht zu sehen. Ihre Spuren sind jedoch vorhanden und die Fenster erzählen deren Geschichten. Das Grundformat 6x6 erklärt die überwiegend quadratischen Fotos, die meist nur einen Ausschnitt und nicht das Ganze abbilden.
"Der Betrachter soll in seiner Vorstellung das Bild selbst vervollständigen", erklärt der Kunsterzieher Martin Aldinger in seiner Laudatio. Er beschrieb Schneider als Chronist verschwindender Orte. Versiert analysierte Aldinger am Beispiel eines Fotos aus dem Kloster Bronnbach die Arbeitsweise Schneiders. In dem betont geometrischen Gefüge bilden Farbabplatzer an der Wand die einzigen organischen Formen und stellten so einen gewollten Kontrast dar.
In seiner Begrüßung zog zweiter Bürgermeister Martin Harth den Vergleich von der Arbeit Schneiders zu den Spekulierfensterchen an den Häusern einer Altstadt. Dort, wo ein Haus ein wenig in den Straßenraum vorrage, erlaube es einen Blick die Straße entlang. So konnte man sehen, was sich auf der Gass‘ so tat. Außerdem spreche ihn als Mensch, der sich seit Jahrzehnten mit Pressefotografie beschäftige, die besondere Ausdrucksstärke der präsentierten analogen Fotografien an.
16 Stunden von der Motivsuche zum fertigen Bild
Durchschnittlich 16 Stunden benötigt Schneider von der Motivsuche bis zum fertigen Bild. Ist das Motiv gefunden, heißt es warten – auf das perfekte Licht, sich für die richtigen Einstellungen entscheiden, die anschließende aufwendige und herausfordernde Arbeit im Fotolabor. Diese Vorgehensweise steht in krassem Gegensatz zur heute üblichen Schnappschuss- und Selfiekultur. Filmmaterial und Fotopapier sind mittlerweile nur noch bei spezialisierten Händlern in Berlin oder Hamburg erhältlich.
Die Ausstellung ist auf jeden Fall einen Besuch wert. Für Menschen, die an Grafik interessiert sind, aber ganz besonders für die Liebhaber der analogen Fotografie. Am 9. Februar und am 8. März ist Schneider persönlich von 14 bis 18 Uhr im Franck-Haus anwesend und freut sich auf Begegnungen zum Fachsimpeln.
Die Ausstellung ist noch bis 8. März zu sehen, Öffnungszeiten Mittwoch bis Samstag 14 bis 18 Uhr, Sonntag 10 bis 18 Uhr.