Das seltene Jubiläum der "Eisernen Hochzeit" feierten Inge und Erwin Mehling in der Stettener Pointstraße. Mit fünf Kindern, neun Enkeln und vier Urenkeln sowie deren Familien kam so eine große Schar von Gratulanten zusammen. Karlstadts Bürgermeister Paul Kruck überbrachte die Glückwünsche des Dorfes und der Stadt.
65 gemeinsame Ehejahre sind ein Grund zur Freude, geben aber auch Anlass zur Rückschau und zum Nachdenken. "Ein jeder muss halt e bissle nachgeben, ernste Probleme muss man gleich bereden und net zu lang damit warten", ist eine der Erkenntnisse der 85-jährigen Jubilarin Inge. Sie erzählt aber auch von ihrem schweren gemeinsamen Start: Erwin stammte aus einer großen Familie mit elf Kindern und die junge Braut, die er am 1. Mai 1954 an ihrem 20. Geburtstag in Stetten zum Altar führte, hatte es erst wenige Jahre zuvor als Heimatvertriebene aus dem Sudetengau ins Werntal verschlagen.
Anfangs fehlte es an allen Ecken und Enden, "wir haben uns halt so durchgewurstelt und uns Geld dazuverdient, wo es möglich war", erzählt Inge weiter. Es wurden Weinbergschnecken oder Holunderbeeren gesammelt und verkauft, die junge Frau half in Gastwirtschaften und Keltereien aus und ihr Gatte wurde neben seinem Beruf als Schreiner oder Former im Eisenwerk in seinem Heimatdorf als der "Holz-Sacher-Erwin" bekannt, weil er gegen Lohn mit seiner gebrauchten mobilen Bandsäge Brennholz machte.
Stallhasen gezüchtet
Trotz allem Mangel war dem jungen Paar bald klar: "Unsere Kinder müssen ein eigenes Heim haben". So entstand nach fünf Jahren in der Pointstraße ihr Häuschen mit viel Eigenleistung und Schulden. Der damals große Garten und die Zucht von manchmal fast 100 Stallhasen trugen zum Verdienst bei. Deshalb haben die beiden Mehlings auch ihren Kindern das Sparen beigebracht, sodass heute ein jedes sein eigenes Haus hat. Vier von ihnen leben in Stetten.
Die Familie war all die Jahre fest im Dorf integriert und aktiv beteiligt in der Spielvereinigung, der Feuerwehr und beim Carnevals Club. Als einzigen Luxus leistete man sich gelegentliche Reisen nach Spanien, Ungarn oder Italien, besonders wenn Erwin seine Lieblingsgruppe die "Kastelruther Spatzen" vor Ort besuchen wollte. Trotz ihres hohen Alters knapp unter 90 Jahren und eingeschränkter Mobilität kann sich das Paar noch weitgehend selbst versorgen und man sieht den Erwin auch noch häufig auf dem Weg zum Bäcker, um die Frühstücksbrötchen einzukaufen.