Vor 50 Jahren näherte sich der Umbau des früheren Kreiskrankenhauses an der Luitpoldstraße in ein „fast neues Rathaus“, wie es hieß, seinem Abschluss. Das Kreiskrankenhaus hatte im April 1968 sein bisheriges Domizil verlassen und den Neubau an der Baumhofstraße bezogen. Gleich danach begannen die Umbauarbeiten, um das Gebäude künftig als Rathaus nutzen zu können.
Das Rathaus am oberen Ende des Marktplatzes, heute Domizil der Volkshochschule, war als zu klein und die Büroräume dort waren als nicht mehr zeitgemäß empfunden worden. In einem Zeitungsbericht war von „altmodischer Innenarchitektur“ zu lesen. Diese Beschreibung war durchaus zutreffend. Errichtet worden ist das Gebäude 1865, und zwar als Schul- und Rathaus. Damals hatte die schulische Nutzung deutliches Übergewicht. Die Räume waren entsprechend geschnitten und hoch. Die Gemeindeverwaltung beanspruchte noch recht wenig Platz. Das änderte sich im Lauf der Jahrzehnte.
Den Neubau eines Rathauses wollte und konnte man sich in den 1960er Jahren nicht leisten. Baukosten von rund 1,3 Millionen D-Mark wären zu viel gewesen für Marktheidenfeld, betonte Stadtkämmerer Eustach Deubert. Der Stadt Marktheidenfeld ging es damals finanziell bei weitem nicht so gut, wie es ihr heute geht. Also entschloss man sich für eine „kleine“ Lösung. Die Stadt erwarb vom Landkreis Marktheidenfeld das bisherige Kreiskrankenhaus im Tausch gegen die so genannte Obertorschule und zahlte einen Aufpreis von 35 000 Mark.
Der Umbau des bisherigen Krankenhauses sollte 250 000 Mark kosten. Aus den vorgesehenen Kosten wurden dann mehr als 350 000 Mark. Die Steigerung begründete man mit Kosten der Einrichtung.
Am 28. August 1968 nahmen die 20 Mitarbeiter der Verwaltung ihre Arbeit in den „neuen“ Büros auf. 18 Büros standen für sie zur Verfügung, im bisherigen Rathaus waren es zwölf Räume gewesen. Im zweiten Obergeschoss gab es einen großen Sitzungssaal für den Stadtrat, im Erdgeschoss einen kleinen Sitzungssaal, der auch als Trauzimmer genutzt wurde. Bürgermeister Ulrich Willer nannte den Umbau „gediegen, aber nicht luxuriös“. Emil Meller vom städtischen Bauamt meinte, das „neue“ Rathaus sei eine „Dauerlösung“, die über Jahrzehnte Bestand haben könne.
Bei Bedarf könne sich die Stadtverwaltung auf das gegenüber liegende Fränkische Haus ausweiten. Das geschah bald, wurde doch die Stadtverwaltung nach den Eingemeindungen und Reformen ab 1972 mit wachsender Einwohnerzahl und mit neuen Aufgaben größer. Die Sitzungen des Stadtrates fanden später wieder im alten Rathaus statt, dort im Dachgeschoss. Der große Sitzungssaal des Rathauses an der Luitpoldstraße war einfach zu klein geworden für Bürgermeister, 24 Stadträte, eventuelle Ortssprecher, Mitarbeiter der Verwaltung, Pressevertreter und Zuhörer.
Das 1935 als Kreisleitung Marktheidenfeld-Karlstadt der NSDAP errichtete und später als Krankenhaus und Rathaus genutzte Gebäude wurde 2008 abgerissen, um einem Neubau samt zeitgemäßem Rathaus Platz zu machen.
Bis zum Unterrichtsbeginn im Schuljahr 1968/69 wurde das alte Schul- und Rathaus für die vorübergehende Unterbringung von vier Klassen, eines Handarbeitsraums sowie des Direktorats der Staatlichen Realschule hergerichtet. Auch die Stadtbücherei bekam dort seinerzeit neue Räume.