Vor fünf Jahren entschloss sich Maria Sülzle, in die Otto-und-Anna-Herold-Altersheimstiftung zu ziehen. „So fit wie Sie, Frau Sülzle, möchte ich an meinem 90. Geburtstag auch sein“, gratulierte Bürgermeister Paul Kruck der gebürtigen Karlstadterin.
Maria Sülzle ist in Karlstadt in der Rathausgasse als zwölftes von 14 Kindern des Schusters Franz-Karl und seiner Frau Josefine Hammer geboren. Die Geschwister waren zehn Buben und vier Mädchen. Nach dem Krieg hatten die Leute wenig Geld, um Schuhreparaturen zu bezahlen. Deshalb wurde oft in Naturalien gehandelt. Dazu wanderte Maria in die Dörfer und fragte, ob Schuhe zu reparieren wären und sie dafür Kartoffeln, Mehl oder Eier als Lohn bekommen könne.
Später arbeitete sie im Geschäftshaushalt der Familie Koch. Ihren Mann Berthold hat sie in Karlstadt kennen gelernt. Er stammte aus Rumänien und wurde 1948 aus der Gefangenschaft entlassen. Mittlerweile hatte er erfahren, dass seine Eltern in Karlstadt im Schwesternhaus am Marktplatz untergebracht waren. 1951 haben sie geheiratet und bewohnten ein Zimmer im Elternhaus in der Rathausgasse. Seine Eltern zogen nach Würzburg. Berthold bekam Arbeit beim Straßenbauamt Würzburg, also zog das Paar ebenfalls nach Würzburg, und Maria Sülzle konnte als Reinigungskraft im Physikalischen Institut bis zur Rente dort arbeiten.
In Würzburg hat sie sich nicht sehr wohl gefühlt. Mindestens einmal pro Woche, meistens am Wochenende, fuhr sie mit ihrem Mann nach Karlstadt. Damals strickte sie aus Perlgarn Unterwäsche, Kniestrümpfe und Kleider, die sie mitbrachte. Sie verstand sich besonders gut mit ihrer Schwester Elfriede Hammer. Ihr Neffe Franz-Karl Hammer durfte in den Ferien manchmal sogar vier Wochen zu Besuch nach Würzburg kommen.
Als Marias Mann Berthold 1997 starb, zog sie wieder nach Karlstadt in die Kirchgasse. Jetzt konnte sie die Schwester, die inzwischen sehbehindert war, jeden Tag besuchen und ihr helfen. 2010 ist Elfriede Hammer verstorben.
Danach hatte Maria Sülzle wenig Lebensmut. Kurze Zeit wohnte Tante Maria bei Franz-Karl Hammer, dann wurde ein Platz in der Herold Altersheimstiftung frei, den sie seit fünf Jahren nutzt. Hier fand sie eine 94-Jährige, die mit ihr fast bei jedem Wetter am Main spazieren geht. Zur Sicherheit nehmen sie ihre Rollatoren mit. Maria Sülzle ist dankbar, dass der Physiotherapeut Dominik Hammer ihr einige Übungen gezeigt hat, die sie bei Rückenverspannungen machen kann. Außerdem schaut sie nach interessanten Überschriften in der Zeitung.