Mehr als 150 Jahre sind die Dillinger Franziskanerinnen mit Lohr verbunden. Am 7. Dezember 1854 genehmigte König Max II. von Bayern auf Betreiben des Lohrer Stadtpfarrers Jakob Günther die Gründung eines Franziskanerinnenklosters in Lohr. Im August 1855 kamen die ersten drei Ordensfrauen in der Stadt an. Zunächst quartierten sie sich in einem „bescheidenen Kloster“ im Ottenhof ein und kümmerten sich um die Kleinkinder in der Lohrer Kinderbewahranstalt.
Doch schon im Oktober eröffneten sie eine private „Töchterschule“ mit den Fächern Französisch, Deutsch, Musik und Handarbeit. Mit Unterstützung des Stadtpfarrers wurde 1858 das an der Jahnstraße gelegene frühere Gasthaus „Zur Rose“ gekauft und zweckentsprechend umgebaut.
Die Schülerzahlen des Instituts wuchsen rasch. Bereits 1866 besuchten mehr als 100 Mädchen die „Höhere Töchterschule“, die drei Jahre zuvor um ein Pensionat (Internat) erweitert worden war. Unterrichtet wurden die Mädchen in Religion, Deutsch, Rechnen, Buchführung, Stenografie, Geschichte, Geografie, Naturkunde, Literatur, Französisch, Englisch, Klavier-, Zither-, Violin- und Gesangsunterricht sowie Harmonielehre, Zeichnen, Malen, Turnen, Handarbeiten und Anstandslehre.
Damit stand die Ausbildung in vielen Bereichen einer gymnasialen in nichts nach und das Institut der Franziskanerinnen gewann überregionale Bedeutung. Sogar andersgläubige Schülerinnen fanden in dem katholischen Kloster Aufnahme, was für die religiöse Toleranz der Franziskanerinnen spricht.
Ein Pensionatsplatz kostete um 1906 jährlich 360 Mark, womit Kost und Wohnung, „Versorgung der Wäsche“ sowie der deutsche und französische Unterricht abgedeckt wurden.
1883/84 entstand an der Jahnstraße ein Neubau der Franziskanerinnen mit Kloster und Schule (heute befinden sich dort Büros von Bosch Rexroth). Allerdings verlor die „Höhere Töchterschule“ infolge der Zulassung von Mädchen zu den Gymnasien ab 1911 zunehmend an Bedeutung. Nicht mehr die Erziehung zur feinen Dame, sondern eine berufsorientierte Schulausbildung rückte in den Vordergrund.
Dennoch wurde ab 1916 auf Wunsch vieler Eltern hin noch eine dreiklassige Mädchenmittelschule angegliedert, die ab 1933 als dreiklassige „Haustöchterschule“ weitergeführt wurde. Die vielseitigen Berufsmöglichkeiten, welche die „Höhere Mädchenschule“ ab 1930 als „Mädchen-Lyzeum“ bot, stellte bald die früheren durchschnittlichen Besucherzahlen wieder her.
Mit Einzug des Nationalsozialismus in Deutschland und seiner ideologisch begründeten Religionsfeindlichkeit wurde die Entwicklung gestoppt. Ab 1938 mussten die Ordensschwestern nach und nach ihre Tätigkeiten einstellen, am 20. März 1941 wurde ihnen die Unterrichtserlaubnis vollständig entzogen und das Pensionat geschlossen. Bis dahin hatten über 2200 Schülerinnen ihre Ausbildung bei den Franziskanerinnen erhalten.
Die Schule wurde ab 1941 ausschließlich von weltlichen Lehrkräften als „Städtische Oberschule für Mädchen“ und als „Haushaltungsschule für Mädchen“ weitergeführt. Das bedeutete, dass mehr als 20 Lehrschwestern neue Berufstätigkeiten aufnehmen mussten. Sie arbeiteten fortan in der Lazarettverwaltung, der Krankenpflege, der Pfarrhilfe oder gingen in die Missionsgebiete.
Mit dem Ende des „Dritten Reiches“ erhielten die Franziskanerinnen im November 1945 die Genehmigung zur Weiterführung ihrer Schule. Zwar war das Schulgebäude nach der Verordnung der amerikanischen Militärregierung Volksheim für die Heimatvertriebenen und Evakuierten mit Tanz-, Spiel- und Lesesaal – dennoch wurde im Januar 1946 in zwei kleineren Schulsälen des Klosterhauses der Schulbetrieb wieder eröffnet. Ab November 1948 wurde die „Höhere Mädchenschule“ als Mädchenrealschule geführt.
Die Blütezeit des Instituts der Franziskanerinnen war jedoch vorbei. 1976 stellte die Mädchenrealschule der Franziskanerinnen den Betrieb ein, weil die Räumlichkeiten für einen modernen Lehrbetrieb nicht mehr geeignet waren.
Sowohl die Staatliche Realschule in Lohr als auch die Realschule der Schwestern vom Heiligen Kreuz in Gemünden hatten dem Institut der Franziskanerrinnen den Rang abgelaufen. Auch das Kloster in Lohr wurde geschlossen; die Ordensfrauen verkauften ihren Gebäudekomplex an der Jahnstraße an Rexroth. Im Lohrer Stadtteil Sendelbach existiert heute noch ein Altersheim für Franziskanerinnen.
ONLINE-TIPP
Weitere Bilder von der Schule und Schülerinnen unter www.mainpost.de/ regional/main-spessart/lohr