
Zehn Jahre ist es her, da wurden die letzten Impfköder zur Bekämpfung der Tollwut über dem Landkreis Main-Spessart abgeworfen. Ein Jahr später wurde Deutschland nach den internationalen Kriterien der Weltorganisation für Tiergesundheit offiziell für tollwutfrei erklärt. Auch wenn in Main-Spessart bereits seit dem Jahr 2000 kein tollwütiges Tier mehr gefunden worden war, wurden die Impfköder weiterhin über dem Land verstreut.
Schlimmer war die Situation noch in den 80er und Anfang der 90er Jahre. „Da war die Tollwut schon eine echte Bedrohung für die Menschen im Spessart“, erzählt Dr. Franz Arand, der ehemalige Leiter des Staatlichen Veterinäramts für den Landkreis Main-Spessart. Er kam 1990 in sein Amt und war aktiv am Kampf gegen die Seuche beteiligt. „Man hat damals zu Recht Angst vor dieser Seuche gehabt“, sagt Arand. Auch manches Haustier hat sich damals mit der tödlichen Krankheit infiziert.
So berichtete die Main-Post am 27. November 1992 von einem tollwütigen Pony. Außerdem biss in diesem Jahr eine infizierte Katze ihre Besitzerin krankenhausreif und ein angestecktes Schaf ging auf seinen Besitzer los. Insgesamt wurden in diesem Jahr 21 Tiere gemeldet, die an Tollwut erkrankt waren. Auch 1993 und 1994 wurden noch Fälle gemeldet. „Ab 1995 hat es dann bis 1999 keine Meldungen mehr gegeben“, sagt Dr. Martin Korneli, der jetzige Leiter des Veterinäramts. „Für die Menschen war das besonders schlimm, wenn ihre Haustiere Symptome der Tollwut zeigten. Da konnte man sich dann nicht sicher sein, ob man vielleicht schon selber mit dem Erreger in Kontakt war“, erklärt Franz Arand. Denn hat sich ein Lebewesen mit Tollwut infiziert, verläuft die Krankheit fast immer tödlich.
Nachdem die Tollwut viele Jahr grassiert war, schätzte man sie Ende der 90er Jahre als gebannt ein. 1997 schrieb noch „Der Spiegel“, die Tollwut stehe kurz vor der Ausrottung. Doch am 27.12.1999 wurde in Marktheidenfeld dann erneut ein Fuchs gefunden, der sich mit Tollwut infiziert hatte. Die Krankheit war wieder da, wenn auch nur schwach. Im Folgejahr wurden nur noch zwei weitere Fälle gemeldet – in Partenstein und in Burgsinn. Seitdem ist die Tollwut aus dem Landkreis Main-Spessart verschwunden.
Eine klare Antwort, warum die Tollwut im Vergleich zu anderen Teilen Deutschlands noch so lange hier in der Region vorherrschte, gibt es nicht. „Man kann dazu nur Vermutungen anstellen“, sagt Korneli. Dabei kämen viele Dinge zusammen. So sei der Abwurf der Impfköder bedingt durch die großen Flächen zusammenhängender Wälder schwierig gewesen. „Oft blieben die Köder in den Baumkronen hängen“, erklärt der Veterinäramtsleiter. Die Köder hätten dann von Hand ausgebracht werden müssen, was einen erheblichen Aufwand darstellte. Außerdem sei hier im Landkreis die Fuchspopulation sehr hoch. Diese Faktoren hätten dazu geführt, dass in Main-Spessart und generell in Unterfranken die Tollwut so hartnäckig blieb.
Der Abwurf der Impfköder trug dann zur oralen Immunisierung der Füchse bei. Denn der Fuchs war der Hauptüberträger der Tollwut. Schon in der Antike findet die Tollwut in Mythen Erwähnung. Durch die Entwicklung des Impfstoffs zur oralen Immunisierung von Füchsen, konnte die Verbreitung der Tollwut in Deutschland dann seit den 1970ern aktiv bekämpft werden. 1978 wurden in der Schweiz die ersten Impfköder ausgelegt, die bundesweite Auslegung in Deutschland folgte 1983. Der Abwurf der Köder mit dem Flugzeug wurde erstmalig 1987 getestet.
Der Impfköder besteht zu großen Teilen aus Tiermehl und riecht für den Fuchs sehr verlockend. Innendrin befindet sich eine Plastikhülle, die den Impfstoff beinhaltet. „Wenn der Fuchs reinbeißt, dann zerstört er die Hülle und nimmt den Impfstoff über die Schleimhäute auf“, erklärt Martin Korneli. Vor dieser Maßnahme versuchte man auf anderen Wegen die Tollwut einzudämmen. Man wollte den Fuchsbestand weitgehend dezimieren. „Anfang der 60er Jahre wurden die Füchse deshalb noch in ihrem Bau vergast“, erzählt Jäger Hermann Fischer. Das sei jedoch eingestellt worden, da dabei auch viele Dachse starben.
Obwohl die Tollwut in Deutschland ausgerottet ist, empfehlen Tierärzte nach wie vor Hunde und Katzen gegen die Seuche impfen zu lassen. Haustiere bekämen jedoch einen anderen Impfstoff als Wildtiere. „Der Fuchs nimmt den Impfstoff wahrscheinlich nur einmal in seinem Leben auf. Deshalb soll er so lange halten wie möglich“, sagt Korneli. Bei Haustieren würde die Impfung alle paar Jahre aufgefrischt. Die Überprüfung von Füchsen auf Tollwut finde hier im Raum immer noch statt, jedoch nur bei Verdacht auf Tollwut.
Doch auch wenn die Seuche nun gebannt ist, raten die Tierärzte weiterhin zur Achtsamkeit. Denn Sorge bereitet ihnen vor allem die Gefahr der Einschleppung von Tollwut durch Welpen, die aus dem Süden und Osten Europas kommen. „Es geschieht oft, dass Urlauber einen Welpen finden, ihn einpacken und zurück nach Deutschland schmuggeln“, sagt Martin Korneli. Dass ein Welpe womöglich mit Tollwut infiziert ist, merke man dann oft erst in Deutschland. Dieselbe Gefahr bestehe beim illegalem Welpenhandel. Foto: Lang
Was ist Fledermaus-Tollwut?
Das einzige Tier, das deutschlandweit noch als Träger der Tollwut gilt, ist die Feldermaus. So würden immer noch Fledermäuse gefunden, die mit der Krankheit infiziert seien, sagt Veterinäramtsleiter Dr. Martin Korneli. In diesem Jahr gab es bisher zehn Fälle von tollwütigen Fledermäusen. Die sind jedoch in Norddeutschland mehr verbreitet. Trotzdem gibt es allgemeine Warnhinweise. Findet man eine verletzte Fledermaus, sollte man sie nur mit Handschuhen anfassen.
Mögliche Bissstellen müssen sofort ausgewaschen und desinfiziert werden und es empfiehlt sich, einen Arzt aufzusuchen. sop


