Mit der Vernissage ist am Freitag die Ausstellung "Begegnungen" des Lohrer Fotografen Thomas Kohnle auf dem Kirchplatz eröffnt worden. Sie zeigt 16 Porträtfotos, die doppelseitig auf acht Aluminiumplatten von einem mal anderthalb Meter Größe gezogen und zwischen den Linden aufgehängt wurden. Die Foto werden ergänzt durch schriftliche Porträts der Abgebildeten, die aus der Feder der Schriftstellerin Krystyna Kuhn stammen.
"Alles wirkliche Leben ist Begegnung. Wenn wir aufhören, uns zu begegnen, ist es, als hörten wir auf zu atmen", zitierte Pfarrer Sven Johannsen in der Vernissage den jüdischen Philosophen Martin Buber. Während der Corona-Pandemie seien sich die Menschen nicht begegnet, sondern ausgewichen, sagte der Geistliche vor rund 100 Anwesenden, darunter die Porträtierten. Dabei sei der Ungeist verbreitet worden, der Andere könne eine Gefahr sein. Einem Menschen zu begegnen, bedeute, nicht an ihm vorbeizulaufen, sondern sich auf ihn einzulassen.
Due Porträtierten lassen in ihr Leben hinein
Das Wunderbare an der Ausstellung ist nach den Worten Johannsens, dass man auf den Fotos erkennt, wo sie gemacht wurden. Denn auch Orte erzählten eine Geschichte. Die Porträtierten konnten sich ihre Lieblingsorte für die Fotos aussuchen. Johannsen nannte Begegnungen eines der wichtigsten Themen unserer Gesellschaft: "Können wir akzeptieren, wofür der andere sich begeistert und engagiert oder leben wir nur noch nebeneinander her?" Er finde es gut, dass die Porträtierten "uns etwas in ihr Leben hineinlassen".
Er habe die Ausstellung bereits im Vorfeld für keine schlechte Idee gehalten, meinte Bürgermeister Mario Paul, "aber dass es so atmosphärisch wird, ist besonders schön". Dazu trage auch der alte Kirchplatz in Lohr bei, auf dem sich schon viele Menschen begegnet seien. In vergleichsweise kurzer Zeit sei es durch eine Gemeinschaftsleistung gelungen, "diesem Ort die Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, die er verdient". Von Pfarrer Johannsen sei die Idee ausgegangen. Die Pfarrgemeinderatsvorsitzende und Künstlerin Nina Pearson habe die Fäden zusammengehalten und sei "Taktgeberin für das Projekt" gewesen, so Paul.
Thomas Kohnle habe tolle Porträts geliefert, Krystyna Kuhn Texte. Die Porträtierten hätten sich darauf eingelassen, "ohne zu wissen, was dabei herauskommt". Dass es von der Idee und dem Startschuss im Februar jetzt zur Ausstellung gekommen sei, sei auch dem Initiativkreis Citymanagement zu verdanken, so der Bürgermeister.
Zufällige Auswahl der Beteiligten
Krystyna Kuhn bezeichnete Neugierde als Grundlage jeder Begegnung. Die Porträtierten zögen die Beobachter in ihren Bann, "vor allem durch den Blick, den Thomas Kohnle eingefangen hat". Sie stünden für die vielen Begegnungen in Lohr. Laut Kuhn erfolgte die Auswahl der Porträtierten zufällig. Jeder Mensch habe eine Geschichte zu erzählen. Sie habe Fragebögen an die Porträtierten ausgegeben. Auf die Frage, wem sie sich am meisten verbunden fühlten, hätten fast alle mit "Familie und Freunden" geantwortet.
Mit der Ausstellungen wollen Initiativkreis und Pfarrei ins Bewusstsein rücken, "dass der Kirchplatz schon immer ein Ort der Begegnung war", unterstrich Kuhn. Und sie sei die Erinnerung daran, "dass wir alle in Lohr zusammenleben". Sie hoffe, dass von der Ausstellung die Motivation ausgehe, "einander offener zu begegnen".
Für den musikalischen Rahmen der Vernissage sorgte eine Gruppe der städtischen Sing- und Musikschule unter Leitung von Susanne Nickel. Den Ausschank hatte der Lohrer Weihnachtsmarktverein übernommen.
Signal der Wertschätzung für die Kreativen
Zu den Kosten erklärte Rathaussprecher Dieter Daus auf Anfrage, die Ausstellung sei ein Projekt des Initiativkreises City- und Stadtmarketing Lohr. Dieser habe ein Budget, über das er frei verfügen könne. Das Budget setze sich aus einem städtischen Zuschuss und Sponsorengeldern zusammen. Im Fall der Ausstellung "Begegnungen" hätten ferner die Sparkassenstiftung für den Kreis, die Raiffeisenbank und die Pfarreiengemeinschaft "Zwölf Apostel am Tor zum Spessart" Zuschüsse zur Verfügung gestellt. "Die Kosten für dieses außergewöhnliche Projekt sind somit auf vielen Schultern verteilt", betonte Daus. Der Anteil der Stadt Lohr belaufe sich auf rund 3000 Euro.
Gerade nach der schwierigen Corona-Zeit, die auch Künstlerinnen und Künstler hart getroffen habe, ist dieses Projekt nach den Worten des geschäftsleitenden Beamten "ein Signal, dass die Stadt Lohr das Schaffen der ansässigen Kreativen schätzt und fördert. Wir möchten sichtbar machen, welches Können und welche Kreativität in Lohr und Umgebung vorhanden sind."
Die Ausstellung "Begegnungen" mit Bildern des Fotografen Thomas Kohnle und Texten von Krystyna Kuhn auf dem Lohrer Kirchplatz ist noch bis 22. September zu sehen.