
Mit Quentin Tarantino saß Alex Weimer schon im Kino, George Clooney traf er bei einer Filmpremiere und wenn er morgens Joggen geht, begegnet er manchmal Jake Gyllenhaal. Der 43-Jährige aus dem Eußenheimer Ortsteil Hundsbach arbeitet als Filmproduzent in Hollywood – ein aufregender, schwieriger Job.
Nach dem Abitur 1997 am Johann-Schöner-Gymnasium in Karlstadt studierte Weimer Kommunikationsdesign an der Würzburg FH mit Schwerpunkt Film. Seine Diplomarbeit war der in Karlstadt gedrehte Spielfilm "Fremdkörper", bei dem er Regie führte. Weil das deutsche Filmgeschäft nicht in Main-Spessart oder Würzburg beheimatet ist, zog es Weimer anschließend nach Berlin; 2010 gründete er dort mit fünf ehemaligen FH-Kommilitonen die Firma "Movie Brats" ("Filmgören"). Diesen Namen hatte er schon für die "Arbeitsgemeinschaft Video" am JSG verwendet. "Ich hatte die dazugehörige Webseite und Emailadresse schon lange", sagt Weimer lachend.

"Movie Brats" besteht aus zwei Abteilungen. "Drei Leute kümmern sich um Visual Effects und Animation, mit zwei anderen betreibe ich die Produktionsfirma", erklärt er. Die Aufgaben eines Filmproduzenten sind vielfältig. "Wenn ein Film wie eine GmbH ist, ist der Produzent der Geschäftsführer", so Weimer. Es gebe Produzenten, die sich in erster Linie um Finanzierung und Marketing kümmern und kreative Entscheidungen dem Regisseur überlassen. "Unsere Projekte sind dagegen ,producer driven'. Das heißt, wir reden bei jeder Phase mit."
Drehbücher entwickeln und Millionen von Dollar auftreiben
Oft entwickle er jahrelang Stoff und Drehbuch, kümmere sich um die Finanzierung und suche dann nach dem geeigneten Regisseur und anderen kreativen Köpfen für die Umsetzung. "Dann sind wir eben auch in jede Entscheidung involviert, Besetzung, Kostüme, Drehorte und so weiter." Selbst noch einmal Regie zu führen, strebt er nicht an. "Man ist dann zwei Jahre lang nur auf dieses eine Projekt fixiert. Außerdem ist es schwierig, als Regie-Newcomer Fuß zu fassen."
Statt mit Brennweite der Kamera oder Nuancen der Darstellungskunst muss er sich als Produzent mit der Finanzierung befassen. Und dazu gehört auch das Gebiet der Filmförderung. "Die letzten zwei Wochen hatte ich nur mit Förderanträgen und Excel-Tabellen zu tun", sagt Weimer. "Aber das macht auch Spaß." Fördermittel sind oft von den Produktionsländern abhängig. So kamen "Movie Brats" ins Boot des ursprünglich russisch-französischen Films "Zoology". Dank Beteiligung der deutschen Co-Produzenten erhielt der 2016 veröffentlichte Film europäische Fördergelder – und weil "Zoology" einige Preise bei Filmfestivals gewann, steigerte er auch die Reputation von "Movie Brats".

Weimers erste große Produktion war der deutschsprachige Mystery-Thriller "Lost Place" im Jahr 2013. "Der Film lief in Russland, Japan und Vietnam im Kino. Aber in Deutschland war er ein Flop", erzählt der Produzent. "Uns wurde klar, dass erfolgreiche deutsche Filme in erster Linie Schweiger- oder Schweighöfer-Komödien sind. Wir aber wollen andere Filme machen." Deshalb richtet sich der Blick von "Movie Brats" seit einigen Jahren auch nach Hollywood.
Zweiter Wohnsitz in L.A. seit 2018
Bei der Messe "American Film Market" im Jahr 2013 schlug er einer chinesischen Filmproduzentin ein gemeinsames Projekt vor. "Den Film hat sie nicht genommen", sagt Alex Weimer mit einem Lachen. Die Produzentin Chunzi Wang ist seit fünf Jahren seine Ehefrau. "In den ersten Jahren haben wir eine Distanz-Ehe geführt." Er sah sie nur, wenn er zwei-, dreimal im Jahr für einige Wochen in den USA war. Neben der Liebe gibt es aber noch einen weiteren Grund dafür, dass Weimer nun teilweise in Los Angeles lebt.
"Die Amerikaner sind sehr spontan. Wenn Du jemandem ein Buch schickst, das ihm gefällt, kann's passieren, dass er anruft und dich gleich am nächsten Tag treffen will", erzählt er. "Wenn du dann sagst, ich bin in sieben Wochen wieder in L.A., dann fällt der Termin mit Sicherheit aus und der Enthusiasmus ist verpufft." Zudem seien die vielen Telefonate mit Geschäftspartnern aus den USA, "die sich nicht um den Zeitunterschied scheren", um drei Uhr nachts anstrengend geworden. Seit 2018 haben die "Movie Brats" nun ein Büro ein Hollywood.

Das neue Großprojekt "Hump"
Im Moment arbeitet Weimer an seinem bisher größten Projekt, dem Animationsfilm "Hump" des in den USA lebenden Jordaniers Amin Matalqa. Bei der Berlinale und dem Filmfest in Cannes haben Weimer und Matalqa das Projekt vorgestellt, "nun haben wir erstmals schon weit vor Drehbeginn einen Vertrieb". 20 Millionen Dollar wird der Film kosten, eine neue Größenordnung für "Movie Brats". Der britische Schauspieler Simon Pegg, bekannt aus Mission Impossible, Star Trek und Star Wars, hat schon zugesagt, eine der tierischen Filmrollen zu sprechen. "Der Film soll Ende 2023 veröffentlicht werden."
Das Projekt beispielsweise bei Paramount Pictures und Netflix in sogenannten "Pitch Meetings" vorzustellen, war für Weimer etwas Besonderes. Das Branchenblatt "Variety" berichtet bereits über den Animationsfilm, der ein weiterer Schritt für den Hundsbacher in Hollywood sein könnte. Sein bester Kumpel in der Stadt ist Tore Schmidt, der den gerade auf Netflix erschienen Tom-Hanks-Film "News Of The World" produziert hat. Mit derart großen Stars hat Weimer noch nicht gearbeitet. Aber er sieht sie regelmäßig auf Business-Events oder beim Joggen.