Strom erzeugen und gleichzeitig landwirtschaftliche Flächen bewirtschaften: Das Prinzip der Agri-Photovoltaik (PV) ermöglicht eine doppelte Nutzung und gilt als innovativer Beitrag zur Energiewende. Zu der Veranstaltung hatten der Bayerische Bauernverband und das Landratsamt Main-Spessart eingeladen. Zwei Experten informierten rund 35 Teilnehmende über die Potenziale und Herausforderungen dieser Technologie.
Landrätin Sabine Sitter betonte die Bedeutung von Nachhaltigkeit im Leitbild des Landkreises. Mit ihrer ländlich geprägten Struktur und der großen Fläche stehe die Region vor Herausforderungen. Es gelte, die unterschiedlichen Interessen – Agrar, Wohnraum und Industrie – in Einklang zu bringen. "Und jetzt kommt noch die Energiewende dazu", so die Landrätin, "das ist ein Balanceakt."
Reinhard Wolz, Kreisobmann des Bauernverbandes Main-Spessart, unterstrich die Schlüsselrolle der Landwirtschaft bei der Energiewende. Agri-PV könne nicht nur zur Stromerzeugung beitragen, sondern Landwirtinnen und Landwirten neue Einkommensquellen eröffnen. "Wichtig ist, dass die Wertschöpfung bei den Bewirtschaftenden bleibt", forderte Wolz. Zugleich warnte er vor Freiflächenanlagen (FFA) auf hochwertigen Böden und verwies auf ungenutztes Potenzial, etwa auf Parkplätzen oder Dächern.
Gawan Heintze vom Technologie- und Förderzentrum im Kompetenzzentrum für Nachwachsende Rohstoffe präsentierte aktuelle Zahlen und Forschungsergebnisse. Die Bundesregierung hat das Ziel, bis 2040 eine Photovoltaik-Leistung von 400 Gigawatt zu erreichen, wovon die Hälfte auf Freiflächen entfallen soll. Bisher erzeugt Main-Spessart erst 15 Prozent dieses Anteils.
Steigerung der landwirtschaftlichen Erträge durch PV-Module
Agri-PV biete laut Heintze großes Potenzial, da mindestens 85 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche weiterhin nutzbar bleibe. Untersuchungen zeigten, dass die Kombination von Stromerzeugung und Landwirtschaft, etwa bei Obst- und Weinbau, vielversprechend sei. Die Module könnten nicht nur Strom liefern, sondern auch Schutz vor Hagel und Sonnenbrand bieten und so Erträge sichern oder sogar steigern. Auch die Sammlung von Regenwasser und die Installation von Bewässerungssystemen seien möglich.
Till Skudelny von der Doppelernte GmbH, einem auf Agri-PV spezialisierten Unternehmen, ging auf die Praxis ein. Genehmigungen und der Netzanschluss seien oft komplex. Dennoch habe Agri-PV klare Vorteile gegenüber klassischen Freiflächenanlagen (FFA): Der Erhalt der landwirtschaftlichen Nutzung, die Unabhängigkeit von Flächenkulissen, die Realisierung auch auf kleineren Flächen und eine höhere Akzeptanz in der Bevölkerung. "Außerdem", so Skudelny, "sind die Genehmigungen oft einfacher."
Fragen an die Experten
Am Ende standen die praktischen Herausforderungen im Fokus der Fragen. Ein Zuhörer erkundigte sich nach der Nutzung und Pflege der Flächen unter den Modulen. Skudelny erklärte, dass Blühstreifen eine attraktive Möglichkeit seien, da sie förderfähig sind. Die Pflege könne problemlos mit einem Mähwerk erfolgen. Auch die Reinigung der Paneele sei unproblematisch: Regen und Schnee übernähmen dies, und Tracking-Anlagen seien mit einem Schnee-Abwurf-Mechanismus ausgestattet.
Ein anderer Teilnehmer fragte nach den Kosten von Agri-PV. Die Experten erklärten, dass individuelle Planungen, Genehmigungen und spezielle Unterkonstruktionen die Investitionskosten erhöhen. Auch die Frage, warum bislang vor allem Freiflächenanlagen gebaut würden, wurde gestellt. Lange Zeit galt Agri-PV als technisch unsicher und kleinere Anlagen als unrentabel. Doch mit steigenden Einspeisevergütungen wird die Technologie zunehmend attraktiver.
Auch nach der Förderung von Speichermöglichkeiten wurde gefragt. Erstmal, so Skudelny, müsse man ganz viel Energie erzeugen, damit jemand darüber nachdenke, "aber sobald das Netz gefährdet ist, wird es ganz schnell gehen."