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Urspringen
Agrarpolitik ist mehr als das Verteilen von Steuergeldern
Referent Lutz Ribbe (links) hielt in Urspringen den Vortrag 'Die neue Agrarpolitik', rechts BN-Kreisvorsitzender Erwin Scheiner.
Foto: Gerhard Schmitt | Referent Lutz Ribbe (links) hielt in Urspringen den Vortrag "Die neue Agrarpolitik", rechts BN-Kreisvorsitzender Erwin Scheiner.
Gerhard Schmitt
 |  aktualisiert: 17.11.2018 02:40 Uhr

"Auf dem Weg zu einer klima- und umweltschonenden Agrarpolitik - was tut sich aktuell in Brüssel und Berlin?" Unter diesem Motto lud die Bund Naturschutz-Kreisgruppe zu einer Vortragsveranstaltung nach Urspringen in die Schlossparkhalle ein. Rund 60 Landwirte, Umwelt- und Naturschützer sowie Politiker konnte Kreisvorsitzender Erwin Scheiner begrüßen.

Lutz Ribbe von der Stiftung EuroNatur referierte im Rahmen des Umweltbildungsprojektes "Main-Spessart 2018 Klima.Mensch.Natur" über die Aufgaben und Möglichkeiten einer regionalen und/oder ökologischen Landwirtschaft auch vor dem Hintergrund des Klimawandels und die Rahmen-bedingungen in Europa.

Er kritisierte schonungslos, dass durch die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union nicht in erster Linie gesellschaftliche Leistungen der Landwirtschaft gefördert werden, sondern Betriebe, die über viel Fläche verfügen - mit allen negativen Folgen für die Umwelt. Seine These: "Noch nie war die Produktivität in der Landwirtschaft so hoch wie heute. Noch nie haben so wenige Landwirte in den mit Steuermilliarden einseitig auf Produktivität getrimmten Agrarlandschaften und Ställen so viel und so billig produziert wie heute." Das zieht nach seiner Meinung aber immense Kollateralschäden nach sich: Rückgang der Biodiversität, belastete Gewässer, eingesperrte und geschundene Tierbestände, Vernichtung bäuerlicher Existenzen durch Agrarexporte. Und diese Probleme entstehen, obwohl Gesetze eingehalten werden.

Anstatt Marktordnungspolitik zu betreiben, beschränke sich die Agrarpolitik auf die Verteilung von Steuergeldern. Da es kein gerechtes Einkommen aus einer nachhaltigen Produktion mit stabilen Märkten gibt, soll mit Direktzahlungen ein "Einkommenstransfer" organisiert werden. Bereits im Jahr 1991 bemängelte der damalige EU-Agrarkommissar MacSharry, dass die Agrarpolitik nicht verhindert habe, dass Landwirte scharenweise ihre Tätigkeit aufgeben. Er stellte schon damals fest, dass 80 Prozent der Mittel an 20 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe fließen. 27 Jahre danach hat sich am System nichts geändert. Nach Angaben der EU-Kommission stammen in Deutschland 53 Prozent der Einkommen von Landwirten aus flächenbezogenen Direktzahlungen. Ribbe fragte provozierend: "Wo ist das Ende der Entwicklung erreicht? Bei 100 Prozent Direktzahlungen an die Bauern?"

Agrarpolitik ist für Ribbe mehr als das Verteilen von Steuergeldern. Seine Forderungen: Die Gesetze müssen für Produktionsbedingungen sorgen, Natur und Nutztier schützen. Bauern wollen keine staatlichen Almosen, sondern faire Preise für nachhaltig hergestellte Produkte. Und öffentliche Gelder dürfen nur für klar definierte öffentliche Leistungen wie Ökolandbau, Klimaschutzmaß-nahmen sowie besondere Nutzungsformen wie extensive Landwirtschaft ausgegeben werden. Die Produktivitätsschraube müsse teilweise wieder zurückgedreht werden und nicht die Ausbeutung, sondern die Erhaltung der Umwelt muss sich lohnen.

In der abschließenden Diskussion gab es viel Lob und große Zustimmung zum Vortrag.

 
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