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Lohr
Ärztliche Bereitschaftspraxis in Lohr nach Streit geschlossen
An der Notaufnahme auf der Rückseite des Kreiskrankenhauses Lohr weist ein Plakat auf die Schließung der  Bereitschaftspraxis hin.
Foto: Monika Büdel | An der Notaufnahme auf der Rückseite des Kreiskrankenhauses Lohr weist ein Plakat auf die Schließung der Bereitschaftspraxis hin.
Monika Büdel
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:44 Uhr

Wer außerhalb der Sprechzeiten abends oder am Wochenende einen Arzt braucht, ohne gleich ein Notfall zu sein, hat derzeit im Landkreis Main-Spessart Pech. Die Kassenärztliche Vereinigung Bayern (KVB) hat kürzlich mitgeteilt, dass bereits ab Freitag vergangene Woche die Bereitschaftspraxis für den Main-Spessart-Kreis am Standort des Klinikums in Lohr geschlossen hat. Ursache ist die Uneinigkeit zwischen der KVB als Mieterin und dem Klinikum Main-Spessart als Vermieter über den Zustand der Behandlungsräume. Das bestätigen Martin Eulitz, Pressesprecher der KVB, und Landrätin Sabine Sitter auf Anfrage der Redaktion.

Leidtragende sind Menschen, deren Beschwerden nicht lebensbedrohlich sind, aber doch so stark, dass sie abends oder am Wochenende nicht bis zur nächsten Sprechstunde eines niedergelassenen Arztes warten wollen oder können. Sie müssen nun nach Auskunft der KVB in die Bereitschaftspraxen in die umliegenden Landkreise. Über die kostenlose Rufnummer 116117 können sich hilfesuchende Patienten Rat holen, sich die nächstgelegene geöffnete Bereitschaftspraxis vermittelt lassen oder bei medizinischer Notwendigkeit einen Hausbesuch eines diensthabenden Arztes vereinbaren, teilt die KVB mit. Die nächstgelegenen Bereitschaftspraxen befinden sich zum Beispiel am Klinikum Aschaffenburg, in Wertheim, Würzburg, Bad Kissingen, Erlenbach (Kreis Miltenberg), Schlüchtern und Gelnhausen.

Ausweichende Antworten

Auf Nachfrage der Redaktion bei KVB, Klinikum und Landratsamt hatte es zunächst nur allgemeine bis ausweichende Antworten gegeben. Die KVB schrieb, die Praxis müsse kurzfristig aus strukturellen Gründen geschlossen werden, da durch den Vermieter dringend notwendige Sanierungsmaßnahmen erforderlich sind.

Im Ausschuss für Gesundheit des Kreistags sagte Landrätin Sabine Sitter am Montag, sie sei von der Schließung der Praxis überrascht gewesen. Das Landratsamt habe den Schriftverkehr zwar gekannt, ihn aber nicht als so relevant bewertet. Über das Wochenende habe man versucht, eine Notversorgung zu organisieren. In einer Hochphase der Pandemie die ambulante Versorgung zu schließen, sei "sehr bedenklich". 

Die Bereitschaftspraxis befand sich seit Monaten nicht mehr im Klinikgebäude, sondern in Containern auf dessen Rückseite. Grund für die Verlagerung ist und war die Corona-Pandemie. Das Klinikum will und wollte so verhindern, dass über Patientinnen und Patienten der Bereitschaftspraxis das Coronavirus eingeschleppt wird. Die Container sind nun der Streitpunkt, wie weitere Nachfragen ergeben haben.

Der ärztliche Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern praktizierte seit Corona und bis zur Schließung diesen Freitag in Containern hinter dem Lohrer Kreiskrankenhaus.
Foto: Monika Büdel | Der ärztliche Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern praktizierte seit Corona und bis zur Schließung diesen Freitag in Containern hinter dem Lohrer Kreiskrankenhaus.

Martin Eulitz, der Pressesprecher der KVB, schreibt zur Schließung: "Bei den Gründen handelt es sich um bauliche Mängel bei den Containern, deren Folgen – auch nach Einschätzung der Aufsichtsbehörden – eine Gesundheitsgefährdung darstellen können. Der Vermieter war trotz mehrmaliger Aufforderung nicht bereit, die Mängel abzustellen oder eine Rückkehr in die bisherigen Räume der Bereitschaftspraxis zu ermöglichen. Daher waren wir nun zum Schutz unserer Mitglieder und Mitarbeiter und auch der Patienten schon aus Fürsorgegründen kurzfristig zu diesem Schritt gezwungen."

Sitter lehnt Umzug in Klinikum weiter ab

Könnte die KVB wieder in die Räume innerhalb des Klinikums umziehen, würde sie die Bereitschaftspraxis sofort wieder eröffnen, heißt es weiter. Dies lehnt Landrätin Sitter angesichts der Corona-Pandemie jedoch weiterhin ab. Sie bestätigte am Freitag, dass es Differenzen mit der KVB über den Zustand der Container gebe, spricht aber von einer deutlich geringeren Tragweite als die KVB. Die Situation sei "suboptimal", die Corona-Pandemie aber auch eine Sondersituation. Am Dienstag sei eine Begehung des Gesundheitsamts geplant, bei der der Zustand der Räume kontrolliert werden solle. Dann werde sich weisen, wie das Amt die Situation interpretiert. Die kurzfristig verkündete Schließung trifft bei ihr auf Unverständnis.

"Unvorbereitet in einer Hochphase der Pandemie eine Bereitschaftspraxis zuzumachen, halte ich für sehr irritierend", so die Landrätin. Sie selbst habe genau wie das Klinikum erst am Donnerstagabend von der Schließung erfahren. Das Klinikum habe nun Plakate an den Containern der Bereitschaftspraxis aufgehängt, um die Patienten, die in den kommenden Tagen möglicherweise kommen, zu informieren. In der Notaufnahme des Klinikums werde man Patienten, die sich dorthin wenden, weiterhelfen und bei Bedarf untersuchen. Das bedeute allerdings wiederum ein höheres Risiko, dass das Coronavirus ins Haus kommt, so Sabine Sitter hörbar frustriert am Telefon. Sie bittet darum, die Notaufnahme nur bei echten Notfällen aufzusuchen und sich sonst telefonisch an den ärztlichen Bereitschaftsdienst zu wenden.

Persönlicher Eindruck von der Bereitschaftspraxis

Einen Eindruck zum ärztlichen Bereitschaftsdienst in den Containern am Kreiskrankenhaus Lohr schildert ein der Redaktion bekannter Beobachter: "Ich war im Spätsommer abends mit meiner Frau dort, weil es ihr plötzlich nicht gut ging. Wir waren etwas überrascht wegen der Räumlichkeiten, nämlich die schmucklosen Container vor der Notaufnahme des Klinikums. Spartanisch eingerichtet, wirkte absolut wie ein Provisorium, was es ja wohl auch ist. Nicht ganz barrierefrei am Eingang für jemanden mit Rollator, aber die Stufe war überwindbar. Die Station erinnerte uns an Bilder von medizinischer Versorgung in Krisengebieten, aber das soll nichts heißen bezüglich der Versorgungsqualität. Computer und Lesegerät für die Gesundheitskarte waren vorhanden und funktionstüchtig.
Aufgrund der räumlichen Situation nur ein ganz kleiner Wartebereich, aber wir waren ohnehin gerade die einzigen Kunden. Offenbar war in dem Zeitraum überhaupt wenig los in der Praxis, wie sich aus Äußerungen des Personals schließen ließ: eine Arzthelferin und ein Arzt, beide freundlich und hilfsbereit. Alles in allem: In Bezug auf die Räumlichkeiten ein krasser Gegensatz im Vergleich zu mancher Facharztpraxis mit weitläufigen Empfangsbereichen und Wartezimmern mit moderner Kunst an den Wänden. Aber wir fühlten uns gut versorgt."
(mbü)
 
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  • C. H.
    Unglaublich was sich diese Landrätin alles erlauben kann und immer noch im Amt ist. Welpenschutz gibt es nicht, da sie ja lang genug Stellvertreterin war.😡😡
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  • T. W.
    Auch hier lässt sich erkennen welchen Stellenwert die Bürger, vor allem seit Sitter im Amt ist, haben. Nämlich einen ganz geringen! Es werden Sturköpfigkeiten auf dem Rücken von Patienten ausgetragen. Unglaublich! Und das in einem Flächenlandkreis wie MSP. Nichts gegen Marktheidenfeld, aber ein Standort dort am Rande des Landkreise ist nicht sinnvoll! Frau Sitter tun sie endlich ihre Pflicht und zwar jetzt!
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  • T. D.
    Kommt mir doch noch ein dazu passender Gedanke :
    Wo sind die öffentlichkeitsfreudigen Politiker wie Schwab oder Rützel , wenn man sie
    wirklich braucht und sie mal was Positives bewirken könnten. Wenn es nicht nur um Bilder sondern um Aktivitäten geht auch etwas für den Landkreis zu bewegen und zu verbessern .
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  • B. R.
    Herr butler, als ich diese Nachricht in der Zeitung gelesen habe, habe ich direkt zum Telefonhörer gegriffen und mit KVB und Krankenhausleitung gesprochen. Alle Beteiligten müssen jetzt schnellstmöglich zu einer Lösung kommen. Die Bereitschaftspraxis muss wieder in die ehemaligen Räume umziehen, dafür kämpfe ich. Eine Pressemitteilung habe ich gemeinsam mit der SPD-Kreistagsfraktion heute versendet.
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  • T. D.
    Dankeschön für die prompte Antwort grinsen
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  • F. S.
    das ist eine schande die Landrätin sollte sich schämen in so einer zeit wenn sie krank wird brauch sich keine sorgen z machen sie wird schon best möglich behandelt sie brauch nicht erst 50 100 km fahren
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  • K. G.
    Die Krankenhäuser machen es sich grad einfach. Alles wird einfach mit Verweis auf die Pandemie ausgeschlossen. Keine Besucher, kein Fremdpersonal und nun nicht mal mehr Patienten. Man macht es sich bequem und die Leidtragenden sind wie immer die Patienten.
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  • U. K.
    Frau Landrätin Sitter "Setzen: Sechs".
    Mitarbeitern nachspionieren, aber für das Wohl der Bürger sich nicht sorgen.
    Was machen Sie eigentlich den ganzen lieben Tag?
    Überwachungsprotokolle auswerten?
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  • A. M.
    Das Verhalten der KVB und der Landrätin ist in keinster Weise nachvollziehbar.
    Was wird den Bürgerinnen und Bürgern noch alles zugemutet. In MSP wird die medizinisches Versorgung -ambulant und stationär- an die Wand gefahren. In Marktheidenfeld stehen Räume leer, die für eine KVB-Praxis sicher taugen würden. Vielleicht ist es manchem Bewohner des Landkreises entgangen, dass der Standort Marktheidenfeld bereits bewusst kaputt gemacht wurde.
    Hier taucht die Frage auf, wann endlich mal jemand die Verantwortung für dieses Desaster übernimmt?
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  • M. W.
    Unglaublich, dass diese Zustände noch immer fortdauern, obwohl es Alternativen gäbe. Es ist geradezu schäbig, wie sich LRA und Landrätin in dieser Sache aus der Verantwortung stehlen. Im vergangenen Winter war ich als Begleitung einer Patientin dort, die aufgrund einer frischen Verletzung nicht gehfähig war und im Rollstuhl sitzen musste. Bei 2 Grad Außentemperatur 40 Minuten Wartezeit im Freien - eine echte Zumutung!
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  • S. K.
    Wie dem Artikel zu entnehmen ist, hat die KVB ihre Unzufriedenheit nicht erst mit der Kündigung geäußert, sondern mehrfach vorher Verbesserung gefordert.
    Warum hat die Landrätin hier nicht die Verlegung des Bereitschaftsdienstes nach MAR in Betracht gezogen?
    Hier hat man eine leere Immobilie mit jeder Menge kurzfristig nutzbarer Zimmer aber man lässt die KVB in Containern arbeiten?
    Anstatt den Bereitschaftsdienst nach MAR zu verlegen, wird er lieber geschlossen!
    Eine Zumutung für die Bürger und für die Hausärzte! Und das alles in Zeiten von Corona.
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  • D. S.
    Die Bereitschaftspraxis nach MAR zu verlegen ist natürlich sehr sinnvoll. Schon vergessen, dass der Landkreis ein Flächenlandkreis ist? Marktheidenfeld ist da natürlich der Mittelpunkt. Ich kann es echt nicht mehr hören. Gemünden wäre auch mal eine Option als Standort.
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  • c. k.
    Stimmt..!

    Die Praxis von Dr.Deike steht doch leer..die kann man bestimmt von Dr. Brodkorb dafür anmieten!!

    Vorteil sofort nutzbar..ohne grossen Umbau..Herr Rützel schlagen Sie das doch mal vor!
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  • T. D.
    Typisch , keiner übernimmt Verantwortung und sucht nach einer Lösung zum Wohle
    der Allgemeinheit .
    Hauptsache man schließt etwas, lässt die Bevölkerung im Unklaren und äußert nur fadenscheinigen und unverbindlichen Aussagen .
    Anscheinend hat die LR aber über die Zustände gewusst und es wieder mal nicht in
    die Reihe bekommen ein Problem zu lösen .
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