Bauer oder Spekulant, wer sich im Landkreis Main-Spessart Ackerland kaufte, musste 2014 tiefer in die Tasche greifen als im Jahr davor: Im Schnitt wurden hier vergangenes Jahr 27 618 Euro je Hektar Fläche ohne Gebäude und Inventar bezahlt. Das waren rund 8112 Euro mehr pro Hektar als ein Jahr zuvor. Das Thema, wer Ackerland zu welchem Preis kauft, beschäftigte jüngst den Europäischen Gerichtshof (EuGH). Der bestätigte das Vetorecht, das die Behörden haben, wenn zuviel bezahlt wird, sprich, wenn Grundstückwert und Kaufpreis nicht zusammenpassen.
Insgesamt 83 landwirtschaftliche Grundstücke mit einer Größe von rund 62,4 Hektar Fläche wechselten im Jahr 2014 im Landkreis den Besitzer. Von der Zahl her gesehen waren das 13 Grundstücke weniger als im Vorjahr; von der Fläche her waren es rund 23,6 Hektar weniger (minus 27,4 Prozent). Dies geht aus den aktuellen Daten des Landesamtes für Statistik hervor. Das Landesamt bereitet die Daten der Finanzämter auf.
In der Kaufwerte-Statistik für landwirtschaftliche Grundstücke werden alle Verkäufe von Acker- und Grünlandflächen ab einer Größe von mindestens 1000 Quadratmetern (0,1 Hektar) erfasst, von denen angenommen werden kann, dass sie auch nach dem Kauf – in einem zumindest überschaubaren Zeitraum – weiter landwirtschaftlich genutzt werden. Weinberge und gärtnerisch genutzte Flächen sind allerdings nicht enthalten.
Die 83 landwirtschaftlichen Grundstücke, die im Kreis Main-Spessart den Besitzer wechselten, gehören zu insgesamt 5843 die in ganz Bayern verkauft wurden. Der Durchschnittspreis pro Hektar lag im Freistaat bei 41 440 Euro.
Allerdings gibt es da gewaltige Schwankungen: Am wenigsten wurde 2014 im Schnitt mit 18 416 Euro im Regierungsbezirk Oberfranken für den Hektar gezahlt. Im Landkreis Main-Spessart zahlten die Käufer im Schnitt 27 618 Euro pro Hektar, also umgerechnet rund 2,76 Euro pro Quadratmeter (Vorjahr: 1,95 Euro) für Acker- oder Grünland. In Bayern waren es im Schnitt 4,14 Euro pro Quadratmeter.
Doch der Teufel steckt mal wieder im Detail: In diesem Fall in den Begriffen „Kaufpreis“ und „Grundstückswert“. Seit die Spekulanten Ackerland als lukrative Geldanlage entdeckt haben, passen die beiden Werte nicht immer zusammen. In Sachsen-Anhalt hatte ausgerechnet die staatliche Bodenverwertungsgesellschaft (BVVG) 2,5 Hektar zu einem überhöhten Preis verkaufen wollen. Dort hatte ein Ehepaar dafür 29 000 Euro geboten und den Zuschlag erhalten. Bei Ausschreibungen der BVVG gewinnt eben der Meistbietende. Gutachter bei Gericht gaben den Grundstücks- oder Verkehrswert jedoch nur mit knapp der Hälfte an.
Genaugenommen haben die Luxemburger Richter allerdings nur bestätigt, dass die Behörden in Sachsen-Anhalt ihre Hausaufgaben gemacht haben. Das Gericht bestätigte das bestehende Vetorecht aus dem deutschen Grundstücksverkehrsgesetz, das Behörden zum Schutz der Bauern nutzen können. Das hatte in dem Fall der Landkreis getan. Denn eigentlich sollen Spekulanten keinen Fuß auf den Boden bekommen: Ackerland kaufen und verkaufen ist im Prinzip ein streng überwachtes Geschäft.
Grundsätzlich ist für den Verkauf landwirtschaftlicher Flächen eine Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz erforderlich, beschreibt der Bayerische Bauernverband (BBV) den Ablauf und die Rolle seiner Tochter-GmbH: Die BBV-Landsiedlung hat als Siedlungsunternehmen dabei ein Vorkaufsrecht zu gleichen Konditionen, wenn ein Nichtlandwirt eine landwirtschaftliche Fläche kaufen möchte, obwohl auch aufstockungsbedürftige Landwirte als Kaufinteressenten auftreten.
Der Haken steckt dabei in den „gleichen Konditionen“, der Verkäufer bekommt so oder so den maximal ausgehandelten Preis. Auch dagegen gibt es im Prinzip ein Mittel: „Der Bayerische Bauernverband kann Einspruch erheben, wenn der Gegenwert in einem groben Missverhältnis zum Wert des zu veräußernden Grundstückes steht und wenn damit gleichzeitig ungünstige Auswirkungen auf die Agrarstruktur verbunden sind.“ Ziel ist es, zu unterbinden, dass sich Kaufpreise entwickeln, die um ein Vielfaches über den Grundstückswerten liegen.
Doch wer verzichtet schon gerne auf einen Teil des Kaufpreises zugunsten der Kollegen? Damit werden wohl auch in Zukunft bei Streitfällen weiter die Gerichte angerufen werden. Der EuGH sieht dies genauso.