Seit vielen Jahren recherchiert der Marktheidenfelder Heimatforscher Kurt Schüll über Flugzeugabstürze im Raum Marktheidenfeld. Manchen ungeklärten Fall konnte er lösen, manche offene Frage beantworten. Hintergrund seiner Bemühungen ist, dass die Opfer nicht in Vergessenheit geraten sollen. Deshalb ist es ihm ein Anliegen, dass mit kleinen Gedenksteinen der Toten gedacht wird – egal, aus welchem Herkunftsland sie stammen. Sein aktuellster Fall betrifft Kredenbach.
Der Fliegerhorst in Wertheim war in den Jahren 1940/41 unter anderem eine Ausbildungsstätte für die Piloten von Jagdflugzeugen. Junge Soldaten bekamen eine theoretische Ausbildung in den Schulungsstätten und anschließend begann die praktische Schulung.
Schulungsmaschinen standen genügend zur Verfügung, meist der Sturzkampfflieger Junkers Ju 87, der Stuka genannt wurde. Die praktische Ausbildung wurde unter Aufsicht eines Fluglehrers durchgeführt, welcher auch mitflog. Es dauerte jedoch nicht lange, bis der Flugschüler alleine fliegen durfte. Einige waren erst 17 Jahre alt, erzählt Schüll. Bei Übungen und an der Front flog jedoch ein zweites Besatzungsmitglied mit. Es war der Bordfunker beziehungsweise Schütze.
Die Ju 87 war ein robustes, leicht zu fliegendes Flugzeug, welches durch seine geringe Größe und kurze Startstrecken überall einsetzbar war. Schüll berichtet, dass auf dem Fliegerhorst in Wertheim nicht nur Piloten ausgebildet wurden, sondern diese später auch lernten, bei ihren Übungsflügen die Bomben ins Ziel zu bringen. In der näheren Umgebung gab es mehrere Bombenabwurfziele, wie beispielsweise in Altfeld und Rettersheim.
Reste von Bunkern auf dem Bocksberg bei Rettersheim
Auf dem Bocksberg bei Rettersheim gab es einige Bunker, von denen heute noch Reste sichtbar sind, mit dicken Betonwänden, in denen sich der Bunkerwart während der Abwürfe unterstellen konnte. Dieser hatte die Aufgabe, die sogenannten Zielscheiben auf den Äckern aufzustellen, die dann von den Stukas ins Visier genommen wurden.
Der Vater des Marktheidenfelder Helmut Schätzlein war in den ersten Kriegsjahren dort eingesetzt. Die Stukas warfen keine explosiven Bomben ab, sondern sogenannte Betonbomben. Fiel eine Bombe auf den Beton, stieg aus der Bombe eine kleine Rauchsäule empor. Diese entstand durch ein Glasröhrchen in der Bombe, das mit Säuren gefüllt war und beim Brechen eine chemische Reaktion auslöste. Der Pilot konnte so seine Treffergenauigkeit kontrollieren und gegebenenfalls beim nächsten Zielanflug korrigieren.
Am Mittwoch, 3. September 1941, stieg vom Fliegerhorst Wertheim eine Ju 87 B zu einem solchen Übungsflug auf, um eine Bombenabwurfübung durchzuführen. Aus unbekannter Ursache flog der Pilot die Maschine über Kredenbach, wobei das Flugzeug etwa 200 Meter rechts, seitlich von der damaligen Reichsstraße 8 bei Kilometer 34, in einem Wiesengelände abstürzte, wie der Heimatforscher recherchiert hat.
Der Bordfunker war auf der Stelle tot, der Flugzeugführer wurde schwer verletzt aus dem Stuka geborgen. Das Flugzeug wurde vollständig zertrümmert. Der Esselbacher Gendarmerie-Posten führte die notwendige Überwachung der Unfallstelle durch. Kurt Schüll hofft, dass man den Toten gedenkt, indem die Gemeinde an der Unfallstelle zur Erinnerung einen Gedenkstein setzt.