Kein Thema hat in den vergangenen Jahren in Neustadt so polarisiert wie die Planung einer Pferdeanlage rund um den Michaelsberg. Die Vorstellung einer neuen Planung für die Reitanlage im Bebauungsplan "Kellergärten" und die Durchführung eines Ratsbegehrens, bei der die Neustadter über die neue Planung abstimmen, waren das große Thema im Neustadter Gemeinderat.
Erwartungsgemäß verfolgten rund 30 Zuhörer den Verlauf der Sitzung im bis auf den letzten Platz besetzten Pfarrheim. Zu Beginn der Sitzung erläuterte Robert Kuypers, ehemaliger Geschäftsführer des Pferdesportverbandes Hessen, die Bedeutung des Pferdes für die Gesellschaft. Der Pferdehof würde Kindern den Zugang zu Pferden ermöglichen, die gut zur Persönlichkeitsbildung beitrügen.
Ein auf das Nötigste abgespecktes und wirtschaftlich vertretbares Konzept stellte Architektin Heidrun Weitz vom Planungsbüro WP-Architektur für den Pferdesport vor. Auf dem umstrittenen Areal am Michaelsberg auf der Wiese neben dem Friedhof sind nur noch eine Grünfläche mit zwei Weideschutzhütten für maximal acht bis zwölf Pferde vorgesehen.
Vorübergehende Nutzung
Die Hütten sind auf jeweils maximal 140 Quadratmeter begrenzt, erhalten ein Pultdach und liegen laut Plan auf der vom Friedhof abgewandten Seite. "Es ist nicht mehr so, dass es feste Einstellerpferde dort gibt", erläuterte Architektin Weitz. Vielmehr soll die Fläche beispielsweise für die Aufzucht, Quarantäne und als Ausweichquartier vorübergehend genutzt werden, erfuhr Anton Fleckenstein auf Nachfrage. Auch ist nur noch eine Longierfläche mit einem Durchmesser von zehn Metern anstelle einer Longierhalle geplant.
Der ursprünglich vorgesehene Offenstall mit Servicebereich zum Putzen der Pferde ist weggefallen. Somit sind auch keine Fahrzeugstellplätze mehr notwendig.
Unten im Kellergarten am Ortsausgang Richtung Marktheidenfeld soll wie geplant das Haus des Abtes zum Wohnhaus umgebaut werden. Zudem sollen eine Bewegungsfläche, eine Reithalle mit zwölf Boxen für zwölf Pferde, zwei Liegehallen für 14 Pferde und ein Wirtschaftshof mit eingehaustem Mistplatz und Stellplätze für Maschinen entstehen. Insgesamt sind laut Architektin im Bereich des Kellergartens nur noch 26 Pferde vorgesehen.
Lautstarker Beifall
"Ich finde es toll, wenn das Projekt startet und ich glaube, dass der Reiterhof dem Dorf gut tun wird", sprach sich Sandra Hartung für das Projekt aus und bekam dafür lautstarken Beifall. Jochen Harth wollte beispielsweise wissen, wie die Fahrzeugbewegungen am Michaelsberg sind. "Es gibt keine, weil da keine Pferde mehr stehen", erläuterte die Planerin. Die Zufahrt zum Friedhof werde lediglich von einem Kleintraktor gekreuzt, hieß es weiter.
Mit dem vorgestellten Entwurf mit "multifunktionaler Nutzung der Hallen" und den Grünflächen kann man laut Bürgermeister Stephan Morgenroth gut in einen Bürgerentscheid gehen. Rosalinde Grübel findet es gut, dass jemand Geld in die Hand nimmt und den Kellergarten herrichtet. Grübel fand es schade, dass einige Leute sich nicht bei den Bürgermeistern kundig machten und Sachen im Ort verbreiteten, die nie zur Debatte standen.
Die eingegangenen Stellungnahmen im Rahmen der frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit sowie der Behörden und Träger öffentlicher Belange fasste die Architektin in Hinblick auf Geruch, Staub, Licht, Verkehr, Wasser und Denkmalschutz zusammen. Eine Abstimmung darüber gab es nicht, weil die Anhörung der Öffentlichkeit mit der Neuplanung erneut stattfinden muss. Alle eingegangenen Gutachten werden beim Neustart der Anhörung mit veröffentlicht.
Grundlage für einen Bürgerentscheid
Der vorgestellte Entwurf ist die Grundlage für einen Bürgerentscheid in Form eines Ratsbegehrens, das das Gremium ebenfalls einstimmig auf den Weg brachte. Voraussichtlich am 7. November dürfen alle Neustadter ausschließlich per Briefwahl über die Umsetzung des neu vorgestellten Bebauungsplans entscheiden.
Sollte das eingegangene Bürgerbegehren der Bürgerinitiative zugelassen werden und nicht bis zum 30. September zurückgezogen werden, verschiebt sich der Abstimmungstag wegen der Einhaltung verschiedener Fristen auf den 28. November. Dann stehen zwei Bürgerentscheide zur Abstimmung und eine Stichfrage entscheidet in dem Fall, dass beide Entscheide eine Mehrheit finden, für welchen Entscheid der Wähler letztendlich ist.
Wir sind selber mit Pferden aufgewachsen und wissen sehr genau, wo sich Pferde, die ja Fluchttiere sind, am wohlsten fühlen. Sicherlich nicht an einer stark befahrenen Bundesstraße mit umliegenden Steilhängen!
Dass das Thema "Pferdeanlage" sehr hohe Wellen geschlagen hat, war ja absolut nicht zu überhören.
Mir selber ist bekannt, dass es doch offenbar einige Neustädter gibt, die hinter vorgehaltener Hand sagten, wie es doch die ganzen Jahre oftmals mit der Einigkeit der Gemeinderäte und der Bürgermeister in der Vergangenheit abgelaufen ist. Neustadt ist eben ein Ort, der mindestens die letzten 20 Jahre immer mal wieder in die Schlagzeilen geraten ist.
Wer hat denn Interesse an dieser Reitanlage? Sind es etwa jene, die selber reiten, sich selber Pferde anschaffen wollen oder sich irgendwelche persönlichen Vorteile davon versprechen?
Welchen wirtschaftlichen Vorteil wird denn der "normale" Bürger von Neustadt/Erlach von diesem umstrittenen Vorhaben haben?