
Am 13. Juni 1975, einem Freitag, feierten die Stadt Gemünden und der Landkreis Main-Spessart die offizielle Eröffnung der ersten Mainbrücke in Gemünden. Am kommenden Sonntag, 29. Januar, wird ab 11 Uhr wieder gefeiert – dieses Mal der bevorstehende Abriss nach nur 42 Jahren. In 18 Monaten soll dann für 26 Millionen Euro ein neuer und diesmal haltbarerer Flussübergang entstehen.
18 Monate Fährverkehr
15,4 Millionen D-Mark hat der 1971 begonnene, technisch anspruchsvolle Brückenschlag gekostet, der zugleich einen Teil des Hochwasserschutzes der Dreiflüssestadt Gemünden bildete. Der Übergang überspannt den Fluss, Deutschlands wichtigste Bahnstrecke Würzburg–Hannover und die Bundesstraße 26. Die Brücke verbindet den nördlichen Teil des Landkreises mit der Mitte, bietet vier Stadtteilen eine direkte Straße zur Kernstadt und ersetzte in der Folge drei Fähren. Ab 1. Februar wird jetzt wieder eine Autofähre eingesetzt.
1975 übergab Ministerpräsident Alfons Goppel die hauptsächlich mit Bundes- und Landesmitteln gebaute Brücke, die in der Folge ein Streit- und schließlich ein Sanierungsfall wurde: Nach einem Vertrag, den noch der damalige Landkreis Gemünden mit den Anliegergemeinden geschlossen hatte, sollte die Brücke nach der Fertigstellung an den Kreis übergehen. Dazu kam es in der Folge bis heute nicht; die Stadt Gemünden klagte deswegen sogar erfolgreich gegen den Landkreis Main-Spessart als Rechtsnachfolger des Landkreises Gemünden.
2003 Kompromiss angebahnt
Erst 2003 einigten sich die Kontrahenten auf die Übernahme bzw. Übergabe des Bauwerks, allerdings unter der Maßgabe, dass die Brücke ertüchtigt wird – also zum Beispiel mit einem angehängten Radweg verbessert wird – und dass die Stadt Gemünden 20 Prozent der nicht vom Freistaat geförderten Baukosten trägt.
In der Folge verkomplizierte und verzögerte sich die Umsetzung, da schwere Baumängel (unter anderem minderwertiger Beton) offenbar wurden und 2008 Bayerns Innenminister Joachim Herrmann überraschend auf Betreiben des CSU-Ortsverbandes der 11 000-Einwohner-Stadt die lange gewünschte Ortsumgehung zusagte. Damit war klar: Die Bundesstraße 26 (Ortsdurchfahrt Gemündens) wird auf die linke Mainseite verlegt und über die Brücke auf die rechte Seite zurückgeführt. Dafür muss die Brücke vergrößert und verstärkt werden.
Nur die Pfeiler bleiben stehen
War man zunächst davon ausgegangen, während der Bauarbeiten mit einer halbseitigen Sperrung auszukommen, stellte sich heraus, dass ein Teilabriss unumgänglich werde: Die jetzige Planung sieht vor, dass von der alten Brücke nur die Pfeiler stehen bleiben. Mit 18 Monaten ist die Bauzeit bis zur Wiedereröffnung veranschlagt.
So lang ohne direkten Übergang zu sein – die nächsten Mainbrücken befinden sich jeweils 15 Kilometer entfernt in Karlstadt und Lohr – stieß auf Protest der linksmainischen Anlieger und von Gemündener Geschäften und Firmen. Als Ersatz wird ab 1. Februar tagsüber zwischen den Gemündener Stadtteilen Hofstetten und Langenprozelten kostenfrei die Autofähre „Mittelrhein“ pendeln. Die Kosten dafür belaufen sich auf knapp eine Million Euro.
Brückenfest am Sonntag
Der Verein „Stadtmarketing Gemünden aktiv“ versucht, den unumgänglichen Beeinträchtigungen durch die Bauarbeiten gute Seiten abzugewinnen. So veranstaltet er am Sonntag, 29. Januar, von 11 bis 16 Uhr am Huttenschloss und auf der Brücke ein Brückenfest mit Musik und Bewirtung. Interessenten können durch einen Schacht in den Hohlkörper der Spannbetonbrücke steigen. Wer dann am Mittwoch, 1. Februar, die erste Fährfahrt (mit Kaffee und Kuchen) nutzt, erhält in den Geschäften einen Rabatt auf Einkäufe. Außerdem will der Verein regelmäßig mit einer eigenen Zeitung, dem „Gemünnemer BrückenBlättle“, informieren.
Die Stadt Gemünden überlegt, auf dem Rathaus-Türmchen eine Webcam zu installieren, die ständig aktuelle Fotos vom Baufortschritt via Internet bietet. Bürgermeister Jürgen Lippert bestätigte zuletzt am Dienstag die Sperrung der Brücke und die Aufnahme des Fährverkehrs am 1. Februar trotz Kälte und Eisgang im Fluss. Der Bauzeitplan müsse genau eingehalten werden, da die während der Abrissarbeiten nötigen Unterbrechungen des Schiffs- und des Bahnverkehrs seit geraumer Zeit feststünden und nicht mehr zu ändern seien.
Planung des Freistaats
Verbunden mit dem komplizierten Brückenbau ist auch eine Änderung der Verkehrsführungen in der Stadt Gemünden. So werden an der B 26 zwei weitere Kreisverkehre angelegt, der eine davon nur provisorisch. Die veranschlagten Gesamtkosten stiegen von einst 13,2 Millionen Euro auf jetzt 26 Millionen Euro, wovon der Freistaat Bayern 17 Millionen Euro übernimmt. Den Rest teilen sich der Landkreis Main-Spessart (80 Prozent) und die Stadt Gemünden (20 Prozent).
Bauherr ist nominell zwar die Stadt Gemünden als Noch-Eigentümerin, die Planungshoheit aber hat auf Weisung des Innenstaatssekretärs Gerhard Eck das Staatliche Bauamt Würzburg beziehungsweise die Bayerische Oberste Baubehörde übernommen. Nach der Fertigstellung geht die Brücke zunächst ins Eigentum des Landkreises über, der sie später, wenn sie Teil der Ortsumgehung geworden ist, an den Bund abgeben wird. Die 4,5 Kilometer lange Umgehung mit einer zweiten Mainbrücke soll laut Bundesverkehrswegeplan für 19,5 Millionen Euro bis 2030 realisiert sein.