
War er trotz jahrelanger Geschäftserfahrung einfach unbedarft oder hat ein 80-jähriger Unternehmer aus Kreuzwertheim vorsätzlich Vermögen auf seine Ehefrau übertragen, um es seinen Gläubigern zu entziehen? Mit dieser Frage musste sich am Mittwoch der für Wirtschaftsdelikte zuständige Strafrichter Jürgen Weber am Amtsgericht Würzburg auseinander setzen. Das Urteil fiel nach einer mehrstündigen Beweisaufnahme eindeutig aus: Der Angeklagte wurde wegen vorsätzlichen Bankrotts und Gläubigerbegünstigung zu 11 200 Euro Geldstrafe (280 Tagessätze von 40 Euro) verurteilt.
1235 Euro Rente bezieht der Angeklagte jeden Monat. Ansonsten ist er seit Jahren vermögenslos, wofür er vor allem die Finanzämter aus Lohr und aus dem Main-Tauber-Kreis und "das deutsche Recht" verantwortlich macht. Nach seinen Worten sind ungerechtfertigte Forderungen des Fiskus von deutlich mehr als einer halben Million Euro der Hauptgrund dafür, dass seine Firmengruppe, die sich auf die Herstellung un den Vertrieb von Messinstrumenten spezialisiert hat, vor ziemlich genau zehn Jahren in arge Schieflage geriet und Insolvenz anmelden musste.
Grundstücke, Möbel, Boot an die Ehefrau übertragen
Danach erging unter anderem ein Urteil des Landgerichts Würzburg auf Zahlung an einen der Gläubiger, die Zwangsvollstreckung war aber nicht erfolgreich. Als dann 2016 auf Antrag eines Kreditinstituts vom Amtsgericht Würzburg auch gegen ihn persönlich ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde, beschloss der Unternehmer laut Anklage der Staatsanwaltschaft, zwei für ihn eingetragene Grundschulden an einem Firmengrundstück in Thüringen auf seine inzwischen verstorbene Ehefrau zu übertragen, und zwar "ohne Gegenleistung und ohne Rechtsgrund, um Vermögenswerte dem Zugriff der Gläubiger zu entziehen".
Staatsanwalt Sebastian Sommer deutete im Verlauf der Verhandlung an, dass auch andere Vermögensgegenstände – unter anderem Mobiliar aus dem gemeinsamen Wohnhaus und ein Boot – aus dem Eigentum des Angeklagten in das seiner Ehefrau übergegangen sind. "Er hat auch die Geschäfte seiner Frau geführt und hatte nicht einmal ein eigenes Konto", berichtete ein Ermittler der Kripo im Zeugenstand. Die Anklage konzentrierte sich aber auf die Grundschulden. Dadurch hat der Angeklagte der Insolvenzmasse nach den Berechnungen des Anklagevertreters rund 70 000 Euro entzogen.
Auch gegen den Bruder wird ermittelt
Ähnliche Vorwürfe erwarten auch den Bruder des 80-Jährigen, gegen den die Ermittlungen laut Sommer aber noch nicht abgeschlossen sind. Der Würzburger Rechtsanwalt, der mit der Abwicklung der Insolvenz des Angeklagten beauftragt ist, machte vor Gericht keinen Hehl daraus, was er von den beiden Brüdern hält: "Sie wissen genau, was es geht und wie sie da wieder rauskommen." Der Insolvenzverwalter hat sich auch das Firmengrundstück in Ilmenau angesehen und festgestellt, dass dort weiterhin Waren produziert werden, obwohl Grundstück und Firmengebäude Ende Oktober zur Zwangsversteigerung anstehen.
Am Ende der Beweisaufnahme hatten weder Staatsanwalt noch Richter Zweifel daran, dass der Angeklagte die Grundschulden vorsätzlich beiseite geschafft hat. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.