Der von der Raiffeisenbank Main-Spessart an der Wombacher Straße geplante große Komplex mit rund 70 Wohnungen, Kindergarten und Parkhaus hat die nächste Hürde genommen. Der Lohrer Stadtrat billigte in seiner jüngsten Sitzung den Entwurf des eigens für das Projekt ausgearbeiteten Bebauungsplans "Alte Gärtnerei". Kürzere Diskussionen gab es lediglich um Stellplatzzahlen, den Kindergartenbetrieb und die Breite der Erschließungsstraße.
An der bereits vor zwei Jahren erstmals vorgestellten Planung hat sich im Kern nichts geändert. Demnach will die Raiffeisenbank auf dem gut 10.000 Quadratmeter großen Areal der ehemaligen Gärtnerei Hutzel vier größere Wohnblöcke mit je vier Stockwerken errichten. Hinzu kommt ein mehrstöckiges Parkhaus mit knapp 80 Stellplätzen sowie in der Mitte des Geländes eine Kindertagesstätte für die Betreuung von gut 40 Kindern.
Das Konzept sieht überdies eine Wohngemeinschaft für Senioren, kleinere Gewerbeflächen, einen noch nicht näher definierten Laden der Nahversorgung sowie eine größere PV-Anlage im Überschwemmungsbereich hin zur Westtangente vor. Daneben sind zwei öffentliche Spielplätze geplant. Die Erschließung erfolgt über einen U-förmigen Bogen, der von der Wombacher Straße abzweigt und wieder in diese einmündet.
Schottergärten sollen in dem Gebiet gemäß Plan verboten sein. Auf dem Areal sollen 27 Bäume gepflanzt und ein vorhandener Großbaum erhalten werden. Auf allen Dächern sind PV-Anlagen geplant, was laut Planer Rüdiger Amthor zusammen mit der Freiflächenanlage eine Gesamtleistung von bis zu 500 Kilowatt ergeben werde. Die Energie soll nicht zuletzt zum Heizen der Gebäude per Wärmepumpe und im Sommer zum Kühlen verwendet werden.
Wie die Planer in der Sitzung erklärten, gab es im bisherigen Verfahren keine Einwände von Anliegern oder der sonstigen Öffentlichkeit. Auch mit verschiedenen Behörden sei die Planung abgestimmt. Deren Hinweise habe man eingearbeitet.
Maßnahmen zum Schallschutz
Ein dabei zu beachtender Aspekt war der Schallschutz. Direkt neben dem Areal befindet sich nicht nur die vielbefahrene Westtangente, sondern auch ein Recycling-Betrieb. Wie der Schallschutzgutachter verdeutlichte, macht dies zum einen zwei große Schallschutzwände zwischen den zur Westtangente hin geplanten Gebäuden nötig.
Daneben dürfen in dem dortigen Wohnblock nur solche Räume hin zur Westtangente angeordnet werden, in denen sich die Bewohner üblicherweise nur für beschränkte Zeit aufhalten, also beispielsweise Bäder und Flure. Für die Bewohner der vorhandenen Häuser an der Wombacher Straße wird sich durch die Neubauten laut Aussage des Gutachters indes eine Lärmverringerung ergeben. Grund: Der Lärm von Westtangente und Gewerbe werde durch die neuen Gebäude abgeblockt.
Manchen Räten erschien die Erschließungsstraße mit sechs Metern zu breit. Doch Planer Rüdiger Amthor sagte dazu, dass die Fläche beispielsweise zur Aufstellung von Feuerwehrautos im Brandfall vorgeschrieben sei. Überdies müsse man bedenken, dass die für den Begegnungsverkehr ausgelegte Straße verkehrsberuhigt sein und keine Gehsteige haben werde.
Ernst Herr übt Kritik
Die einzige Gegenstimme gegen den Bebauungsplan gab es am Ende von Ernst Herr (CSU). Dieser hatte in der Diskussion zum einen zu erkennen gegeben, dass ihm die insgesamt 105 Stellplätze auf dem Gelände als zu wenig erscheinen. Während Planer Amthor dazu sagte, dass dies den städtischen Vorgaben entspreche, vertrat Herr die Meinung, dass die Bauherren ja auch mehr Parkplätze hätten schaffen können.
Herr hatte auch Bedenken wegen des in der Planung enthaltenen Kindergartens. Dazu, von wem dieser betrieben werden soll, gab es zumindest öffentlich bislang keine konkreteren Informationen. Bürgermeister Mario Paul ließ im Zuge der Diskussion jedoch durchblicken, dass es eine Option sein könnte, dass die Stadt den fertigen Kindergarten von der Raiffeisenbank mietet und betreibt.
Er mache sich Sorgen, so Herr dazu, dass die Stadt angesichts des Fachkräftemangels entweder kein Personal finden könnte oder welches von anderen Einrichtungen abwerben müsste. Er sprach von einem Verdrängungswettbewerb. Überdies, so Herr weiter, müsse man bedenken, dass das Defizit einer solchen Einrichtung in jedem Fall an der Stadt hängenbleiben werde.
Mario Paul: Zukunftsweisend
Paul hielt dem entgegen, dass die Stadt gesetzlich dazu verpflichtet sei, den Betreuungsbedarf zu decken. Der Bedarf für die in der geplanten Kita abgebildeten Betreuungsplätze sei bereits "klar festgestellt", so der Bürgermeister. Daraus ergeben sich der Auftrag an die Stadt, entsprechende Betreuungsplätze zu schaffen. Das Modell, dass die Stadt einen von einem privaten Investor gebauten Kindergarten anmiete, sei "Stand heute die wirtschaftlichste Form, den Bedarf zu decken", sagte Paul. Eine rechtliche Prüfung habe ergeben, dass ein solches Konstrukt umsetzbar sei.
Paul bezeichnete die von der Raiffeisenbank verfolgte Planung abschließend als "sehr umsichtig, sehr gelungen und zukunftsweisend". Er sprach von einem "Quartier der kurzen Wege". Auch Patrick Zachrau, Geschäftsführer der das Vorhaben vorantreibenden Raiffeisenbank-Tochter "RProjekte II GmbH" zeigte sich überzeugt, dass es sich um ein Bauprojekt von einer "für die Stadt und den Landkreis besonderen Bedeutung" handle. Das Kostenvolumen des Vorhabens hatte der Raiba-Vorstandsvorsitzende Andreas Fella – allerdings bereits vor zwei Jahren – auf rund 15 Millionen Euro beziffert.