Blasmusikklänge aus der Ferne kündigen um 19.20 Uhr den künftigen Bürgermeister der Wahlparty auf dem Marktplatz in Gemünden an. Jürgen Lippert hat seine eigene Feier in Seifriedsburg verlassen – für den Antrittsbesuch sozusagen. Dass die Gemündener Fischertrachtenkapelle kurz zuvor abgezogen ist und nun die Seifriedsburger Kapelle aufzieht, ist fast sinnbildlich.
Aber nur fast. So gefasst und souverän die Gemündenerin Inge Albert ihre knappe Wahlniederlage hinnimmt, so herzlich und mit viel Beifall empfangen die Gäste auf dem Marktplatz den künftigen Rathauschef. Auch Inge Albert, die mit ihrer Familie sich nicht etwa zurückgezogen hat, sondern mit bewundernswerter Haltung bei der Wahlparty des Stadtmarketingvereins Gemünden Aktiv aushält, bekam zuvor starken und lang anhaltenden Beifall.
Sie findet im Interview mit Günther Felbinger, dem Vorsitzenden von Gemünden Aktiv und Moderator der Wahlparty, generöse Worte: Sie sei traurig und gefasst „und wenn ich den Applaus sehe, wäre ich sehr gerne Ihre Bürgermeisterin geworden“. Sie wünsche Jürgen Lippert, dass er die Stadt und die Stadtteile voranbringe, „darum geht es letztlich“. Immer wieder unterbricht Beifall ihre Worte. Nach dem Dank für alle Unterstützung sagt Inge Albert: „Ich bitte Sie alle, Herrn Lippert das Vertrauen, das ein Bürgermeister verdient, entgegenzubringen!“ Es sei bei dieser Wahl nicht um „Stadt gegen Stadtteile“ gegangen – „wir sind doch alle die Stadt und müssen gemeinsam an einem Strang ziehen“.
Wahlleiter und stellvertretender Bürgermeister Günther Metz knüpft daran an: „Es geht um einen neuen Start für Gemünden. Er (Jürgen Lippert) ist der Bürgermeister für ganz Gemünden, nicht nur für Seifriedsburg.“ Er müsse nun die Dinge, die liegen geblieben sind, mal voranbringen.
Dann ist der „Neue“ da. Emotionale Momente liegen sichtlich hinter ihm. Als erster eilt ihm Matthias Kübert, sein Fraktionskollege im Stadtrat entgegen, er meldete die einzelnen Ergebnisse laufend aus dem Rathaus nach Seifriedsburg. Jetzt fallen die beiden sich in die Arme. Aber Jürgen Lippert – wie immer korrekt im Anzug – zeigt ebenfalls Haltung an Felbingers Mikrofon. Unaufgeregt sei er, im Moment – „das Ergebnis kann ich noch nicht so richtig fassen“.
Analysiert habe er das Abstimmungsergebnis ebenfalls noch nicht, sagt der 48-Jährige auf die Frage Günther Felbingers. Der nennt die Unterstützung Lipperts durch Seifriedsburg mit seinen 450 Einwohnern „vorbildlich“ und erntet Gelächter für seine Vermutung: „Der 30. 3. wird jetzt Nationalfeiertag in Seifriedsburg.“
Lippert revanchiert sich – auf die Frage nach seiner ersten Amtshandlung – mit der Formulierung: „Als erstes werde ich aufräumen – also den Arbeitsplatz.“ Dann werde er vor Ort entscheiden, was zu tun ist. Für Ankündigungen sei es jetzt zu früh.
Dann nimmt der Mann, der ab 1. Mai die 10 500-Einwohner-Stadt Gemünden führen wird, die Glückwünsche von allen Seiten entgegen. Die Stadtratskollegen – nicht alle sind anwesend – gratulieren ihm ebenso, wie Inge Albert zuvor. Auch Lipperts Noch-Chef, Landrat Thomas Schiebel, schließt sich an, dazu viele Bürger.