45 Jungen und 33 Mädchen vom Baby bis zum 19-Jährigen leben im Landkreis Main-Spessart in insgesamt 52 Pflegefamilien. Diese Zahlen aus dem jährlichen Bericht zum Pflegekindwesen im Jugendhilfeausschuss lassen bestenfalls erahnen, wie viel Arbeit und welche Schicksale dahinter stehen. „Das Finden und Betreuen von Pflegefamilien nimmt 80 Prozent meiner Arbeitszeit in Anspruch“, erklärte Sozialpädagogin Andrea Sendelbach. Die übrigen 20 Prozent wenden sie und ihr Kollege Peter Schrom, die für den Pflegekinderdienst zuständig sind, für die Tagespflege auf.
Interessierten Paaren und Eltern steht immer ein Bewerbungsprozess bevor, bei dem auch erweiterte Führungszeugnisse, Gesundheitsatteste und Verdienstnachweise vorzulegen sind. Wie es daheim bei den Familien aussieht, schauen sich Mitarbeiter der Jugendamtes an, Tagesmütter müssen an Erste-Hilfe- und Qualifizierungskursen teilnehmen, bevor sie die Erlaubnis zur Kindertagespflege erhalten. Pflegeeltern bekommen die Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch mit Pflegefamilien. Zunächst stehen sie auf einer internen Warteliste.
In welche Pflegefamilie ein Kind kommt, entscheidet immer das Jugendamt. So werden ältere Ehepaare eher keine Säuglinge bekommen. Zudem wird versucht, Geschwister nicht zu trennen. Auch bei der Herausnahme der Kinder aus den Herkunftsfamilien, oft mit Hilfe der Polizei, ist das Jugendamt immer dabei. „Es ist erstaunlich, wie schnell die Kinder oft mit uns mitkommen“, berichtete Sendelbach. In 15 Jahren habe sie nur zweimal erlebt, dass ein Kind nicht wollte.
Rückführung ist selten
Beratung und Unterstützung gehen über die gesamte Dauer des Pflegeverhältnisses. In den ersten Monaten prüft das Jugendamt auch, ob die Kinder zu ihren leiblichen Eltern zurück dürfen. Das komme eher selten zustande, sagt die Sozialpädagogin, denn die Herausnahme ist immer die letzte Maßnahme nach vielen anderen gescheiterten Versuchen. Von den 78 Pflegekindern liegt bei 62 ein gerichtlicher Entzug des Sorgerechts vor. Die anderen 16 Kinder gaben die leiblichen Eltern aus eigener Veranlassung oder Anraten beziehungsweise Druck des Jugendamtes in Pflege. Zudem bestünden spätestens nach drei Jahren auch Beziehungen zur Pflegefamilie.
„Sehr selten“, beantwortete Sendelbach die Frage von Kreisrätin Heidi Wright, ob es Adoptionen durch die Pflegeeltern gibt. Die leiblichen Eltern stimmten dem fast nie zu, auch wenn ihre Kinder bis zum Abschluss der Berufsausbildung in der Pflegefamilie leben.
„Belegt“ sind derzeit 52 Pflegefamilien, 14 kümmern sich um die Kinder von Verwandten, 19 haben zwei oder mehr Pflegekinder. Frei sind zehn Vollzeitpflegestellen, inklusive möglicher Kurzzeitpflege. In besonders erfahrenen Pflegefamilien stehen Tag und Nacht fünf Bereitschaftspflegestellen für maximal sechs Monate zur Verfügung.
Finanziell gesehen beträgt der Pflegesatz für ein Kind 410 Euro im Monat. Bezahlen müssen das grundsätzlich die leiblichen Eltern, das Jugendamt springt derzeit bei 15 Kindern von Geringverdienern ein.
Nicht überall genug Tagesmütter
Bei den Tagesmüttern sind die Zahlen deutlich kleiner: In 20 Tagespflegestellen werden sieben Kinder mit Finanzierung über das Jugendamt betreut. Dazu kommen allerdings Privatzahler, die das Amt organisatorisch nicht erfassen kann. Zwischen Angebot und Bedarf klafft mancherorts eine Lücke, die Fachfrau nannte als Beispiele Lohr, Marktheidenfeld und Arnstein, hier werden Tagesmütter und -väter (selten) gesucht. In Gemünden und Karlstadt sei man dagegen gut aufgestellt.