3. Adventstürchen
„Meine Mutter war arm wie eine Kirchenmaus; mein Vater hatte das Schicksal vieler geteilt, das Egerland mit 16 Jahren verlassen müssen; es war das erste Weihnachtsfest in unserer frisch bezogenen, schlichten Doppelhaushälfte in einer de facto Heimatvertriebenen-Siedlung, mit einem Kredit finanziert. Da blieb nicht viel übrig für eine damals noch fünfköpfige Familie 1959 – schon gar nicht für große Geschenke.
Ich war zwei Jahre alt, als meine Eltern die letzten Pfennige zusammenkratzten, um uns beiden großen Kindern eine große Freude zu machen. Sie investierten in einen großen Kaufladen mit Schubfächern und Mini-Pappkartons mit Markenprodukt-Aufdruck für die große Schwester und ein Pferde aus Holz, das einen Anhänger zog, für mich. Obendrauf gab's für jeden noch einen Teddybären und das Werbegeschenk der Sparkasse, eine blecherne Sparbüchse (so eine mit Metallzahnung am Schlitz, damit man auch keine Münze mehr herausschütteln konnte. Mit Pferd und Kaufladen, so dachten meine Eltern, würden sie uns eine Riesen-Freude bereiten. Doch es kam etwas anders.
Zwar nahmen wir Kaufladen und Pferdegespann durchaus interessiert in Augenschein. Doch nach der himmlischen Bescherung bestimmten zwei ganz andere Geschenke den Rest des Abends: Wir Kinder hatten nämlich entdeckt, dass man mit zwei billigen Beigaben mehr Spaß haben kann: die Spielzeug-Teppichklopfer und die Luftballons nämlich eigneten sich gar vortrefflich für Zimmertennis. Meine Schwester und ich hatten am Christfest einen Heidenspaß mit den Klopfern – bis auch der letzte Luftballon an spitze Fichtennadeln geriet und platzte.
Meine Eltern hat diese Erfahrung in ihrer Grundeinstellung bestärkt und meine ebenso geprägt: Kinder brauchen oft gar nicht viel, um glücklich zu sein.“