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3. Adventstürchen: Festliche Fehlinvestition
Weihnachten 1959: Das Rennen machte weder Kaufladen noch Teddybär.
Foto: Franz Pleier | Weihnachten 1959: Das Rennen machte weder Kaufladen noch Teddybär.
Roland Pleier
 |  aktualisiert: 22.06.2022 09:34 Uhr

3. Adventstürchen

„Meine Mutter war arm wie eine Kirchenmaus; mein Vater hatte das Schicksal vieler geteilt, das Egerland mit 16 Jahren verlassen müssen; es war das erste Weihnachtsfest in unserer frisch bezogenen, schlichten Doppelhaushälfte in einer de facto Heimatvertriebenen-Siedlung, mit einem Kredit finanziert. Da blieb nicht viel übrig für eine damals noch fünfköpfige Familie 1959 – schon gar nicht für große Geschenke.

Weihnachten 1959: Kaufladen, Teddys und Pferdefuhrwerk – wir Kinder reagierten nicht so auf diese Geschenke, wie es sich die Eltern vorgestellt hatten.
Foto: Franz Pleier | Weihnachten 1959: Kaufladen, Teddys und Pferdefuhrwerk – wir Kinder reagierten nicht so auf diese Geschenke, wie es sich die Eltern vorgestellt hatten.

Ich war zwei Jahre alt, als meine Eltern die letzten Pfennige zusammenkratzten, um uns beiden großen Kindern eine große Freude zu machen. Sie investierten in einen großen Kaufladen mit Schubfächern und Mini-Pappkartons mit Markenprodukt-Aufdruck für die große Schwester und ein Pferde aus Holz, das einen Anhänger zog, für mich. Obendrauf gab's für jeden noch einen Teddybären und das Werbegeschenk der Sparkasse, eine blecherne Sparbüchse (so eine mit Metallzahnung am Schlitz, damit man auch keine Münze mehr herausschütteln konnte. Mit Pferd und Kaufladen, so dachten meine Eltern, würden sie uns eine Riesen-Freude bereiten. Doch es kam etwas anders.

Weihnachten 1959: Die Beigaben waren interessanter als Pferdefuhrwerk und Teddy.
Foto: Franz Pleier | Weihnachten 1959: Die Beigaben waren interessanter als Pferdefuhrwerk und Teddy.

Zwar nahmen wir Kaufladen und Pferdegespann durchaus interessiert in Augenschein. Doch nach der himmlischen Bescherung bestimmten zwei ganz andere Geschenke den Rest des Abends: Wir Kinder hatten nämlich entdeckt, dass man mit zwei billigen Beigaben mehr Spaß haben kann: die Spielzeug-Teppichklopfer und die Luftballons nämlich eigneten sich gar vortrefflich für Zimmertennis. Meine Schwester und ich hatten am Christfest einen Heidenspaß mit den Klopfern – bis auch der letzte Luftballon an spitze Fichtennadeln geriet und platzte.

Meine Eltern hat diese Erfahrung in ihrer Grundeinstellung bestärkt und meine ebenso geprägt: Kinder brauchen oft gar nicht viel, um glücklich zu sein.“

Wie war das damals, an Weihnachten? Die Redaktion freut sich über Ihre nachdenklichen, lustigen oder ungewöhnlichen Geschichten und Bilder. Lassen Sie uns teilhaben! Aus den eingesandten Beiträgen veröffentlichen wir eine Auswahl im Dezember als Adventstürchen in der Zeitung und auf "mainpost.de". Schicken Sie uns Ihre Beiträge per E-Mail unter redaktion.main-spessart@mainpost.de oder per Post an die Main-Post Redaktion, Kreuzbergstraße 2, 97828 Marktheidenfeld. Bitte auf maximal 2000 Zeichen (Anschläge) beschränken.
Weihnachten 1959: Da war der kleine Teppichklopfer, den der Bär bei der Bescherung noch im Arm gehalten hatte, schon in Gebrauch.
Foto: Franz Pleier | Weihnachten 1959: Da war der kleine Teppichklopfer, den der Bär bei der Bescherung noch im Arm gehalten hatte, schon in Gebrauch.
 
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