Auch wenn sie Lötlampe heißt, zum Leuchten ist sie nicht da. In Karlstadt waren Lötlampen allerdings der Anstoß für ein Leuchtturmprojekt – das Europäische Klempner – und Kupferschmiedemuseum in der Ringstraße.
Dieses architektonisch außergewöhnliche Bauwerk würde es wohl nicht geben, wenn nicht der Karlstadter Spenglermeister Heinz Lummel 1982 von einem seiner Baustellenbesuche zurück nach Karlstadt gekommen wäre – das Auto bis unters Dach mit alten Lötlampen beladen. Diese hatte er einem Kollegen in Norddeutschland für 12.000 Mark abgekauft.
Lötlampe vereinfachte viele Abläufe
Was ist eigentlich eine Lötlampe? Es handelt sich um einen kleinen, tragbaren Flammenwerfer, mit dem Lot geschmolzen wird. Damit kann der Spengler beispielsweise auf dem Dach zwei Dachrinnenteile miteinander verbinden. Vor der Erfindung der Lötlampe wurden Lötkolben in Öfen erhitzt, was reichlich umständlich war. Lange Zeit arbeiteten die meisten Lötlampen mit Benzin. Heute dient Propangas als Brennstoff.
Angesichts dieser Lötlampensammlung drängte sich die Idee eines Museums auf. Dank zahlreicher Kontakte Heinz Lummels in der Branche 1988 wurde in Karlstadt die "Stiftung Deutsches Klempner- und Kupferschmiedemuseum" gegründet. Dessen damaliger Schriftführer Klaus Hofmann erinnert sich, dass mehrere Gebäude in Karlstadt als Museum in Erwägung gezogen wurden. Unter anderem habe Heinz Lummel mit dem Sudhaus der damals gerade stillgelegten Frankenbräu geliebäugelt. Hofmann: "Doch alle Objekte hatten sich mehr oder weniger in Luft aufgelöst."
Alfred Wiener überlegte sich besondere Architektur
Der engagierte Edlinger Hersteller von Abkantbänken und Biegemaschinen Alois Schechtl, ein großer finanzieller Förderer der Stiftung, bot kurzerhand an, das Museum auf seinem Grundstück in der Nähe von Wasserburg zu bauen. Um dem Nachdruck zu verleihen, ließ er sich auch noch als zweiter Vorsitzender der Museumsstiftung wählen.
Das half. Es kam in Karlstadt das Grundstück ins Gespräch, auf dem das Klempnermuseum heute steht – exponiert am Stadteingang neben Musikschule und Landwirtschaftsamt. Als Architekt wurde Alfred Wiener beauftragt, der die Idee zu einer futuristischen Gebäudeform hatte: In der Mitte ein Quader, drumherum gruppiert eine Viertelkreistonne, ein Kegel, ein Trapezoid und ein Pyramidon. Unterschiedliche Metalle des Spenglerhandwerks sollten zum Einsatz kommen.
Exponate als einmalig in Europa eingeordnet
Inzwischen wurde ganz groß gedacht. Das Museum sollte den Namen "Europäisches Klempner- und Kupferschmiedemuseum" erhalten. Denn es waren Mitglieder aus der Schweiz, Österreich, Italien, Luxemburg, England, Frankreich und Tschechien beigetreten. Außerdem wurden die Exponate als einmalig in Europa eingeordnet.
Finanziert werden sollte der Bau durch Spenden unter Fachbetrieben der Klempnerbranche. Die aber zogen nicht so recht. Wenigstens arbeiteten teilweise mehr als ein Dutzend Meisterschüler der Robert-Mayer-Schule Stuttgart für jeweils drei Wochen kostenlos.
Baukosten fast verdreifacht
Als das Museum im Sommer 1998 eingeweiht wurde, waren aus den geschätzten 1,3 Millionen Mark Bausumme 3,5 Millionen geworden. Es blieb kein Geld für die Organisation der Ausstellung. Nur nach und nach konnten Vitrinen angeschafft werden und das Museum blieb 15 Jahre lang Stückwerk. Erst eine große Spendengala 2013 zum 25-jährigen Bestehen der Stiftung spülte Geld in deren Kasse. Bald war das Projekt endlich schuldenfrei.
Und endlich konnte ein schlüssiges Konzept für die Ausstellung umgesetzt werden, nachdem es sich zuvor eher um eine Ansammlung von Schaustücken gehandelt hatte. Wer sich heute mit dem Audioguide – der übrigens auch online von zu Hause aus abrufbar ist – durch das Museum führen lässt, ist hinterher ein ganzes Stück schlauer. So wird beispielsweise auch verdeutlicht, was ein Klempner und was ein Kupferschmied ist.
Klempner machen Blechverkleidungen und Dachentwässerung
Der Kupferschmied stellte früher Töpfe her, aber auch größere Kessel für Fabriken und Brauereien, Destillieranlagen, Figuren oder Reliefs. Daraus hervorgegangen sind die heutigen Behälter- und Apparatebauer, deren Produkte vielfältig im Einsatz sind: für Benzin ebenso wie für Getränke oder in der Pharmaindustrie.
Und der Klempner? Reinhard Mey singt in seinem Lied "Ich bin Klempner von Beruf": "Immer wieder gibt es Pannen an WCs und Badewannen." Doch im Karlstadter Museum wird klargestellt, dass der Klempner, Spengler, Flaschner oder Blechner – es gibt viele Bezeichnungen – nichts mit verstopften Toiletten oder Duschen zu tun hat, sondern mit Blechverkleidungen und Dachentwässerung.
Vielen Karlstadtern ist das Klempner- und Kupferschmiedemuseum als Veranstaltungsort von Konzerten oder von Feierlichkeiten bekannt. Auch finden dort Tagungen und Führungen statt. Doch dank seiner Werkstatt im Untergeschoss lässt sich der Beruf des Spenglers auch selbst erleben. Das lohnt sich. Am Sonntag, 5. November, von 13 bis 17 Uhr kann bei freiem Eintritt gewerkelt werden. Die mehr als 100 alten, benzinbetriebenen Lötlampen bleiben dabei aber mal schön hängen in ihrem Lötlampenhimmel!
Wir sollten mehr Einrichtungen dieser Art in Karlstadt haben.