„22 Jahre sind doch eigentlich genug“, sagt Walter Völker nachdenklich. 22 Jahre – so lange ist Völker schon Kommandant der Rodenbacher Feuerwehr. Doch wenn die Floriansjünger am Sonntag turnusgemäß zur Kommandantenwahl schreiten, dann geht an diesem Abend eine Ära zu Ende. Denn: Walter Völker stellt sich nicht mehr zur Wahl und scheidet aus dem Kommandantenamt aus.
Es war im Jahr 1977, als Walter Völker in die Rodenbacher Feuerwehr eintrat. „Entweder hast du Fußball gespielt oder du bist zur Feuerwehr“, erinnert er sich lachend. Unter dem damaligen Kommandanten Eugen Heidenfelder hatte sich in Rodenbach eine schlagkräftige Truppe etabliert. „Wir hatten schon immer so um die 50 Aktive. Das hat einfach Spaß gemacht“, lobt er die Kameradschaft, die in Rodenbach nach wie vor groß geschrieben wird. Los ging seine Feuerwehrkarriere im Jahr 1988, als eine Jugendfeuerwehr ins Leben gerufen wurde und Walter Völker das Amt des stellvertretenden Jugendwartes übernahm.
Als Kommandant Eugen Heidenfelder im Jahr 1990 aus gesundheitlichen Gründen sein Amt niederlegen musste, schlug Walter Völkers große Stunde. Ehrenkreisbrandrat Gerhard Kümmel, damals noch Kreisbrandinspektor, überredete den damals 29-Jährigen, das Amt zu übernehmen. „Ich hab's dann halt gemacht, weil kein anderer da war. Und schon hatte ich reingelangt bis zu den Ellbogen“, scherzt Völker.
Zahlreiche Bauprojekte
Denn mit dem Amt übernahm er nicht nur viel Verantwortung, es kam auch viel Arbeit auf ihn zu. Nach seiner Wahl im Januar ging schon kurz darauf der Umbau des Gerätehauses in Eigenleistung los. Das Gebäude wurde aufgestockt und ein Schulungsraum installiert.
Während seiner Amtszeit wurden zahlreiche Bauprojekte verwirklicht. Wie etwa der Anbau einer Kalthalle an das Feuerwehrhaus 1999, der Bau einer Werkstatt und Toiletten 2005 oder die Erweiterung der Fahrzeughalle 2008. 2001 wurden zudem die ersten Atemschutzgeräteträger auf Lehrgänge geschickt; mittlerweile hat die Feuerwehr Rodenbach ein schlagkräftiges, 23-köpfiges Atemschutz-Team in ihren Reihen. 2002 erhielt die Wehr zudem ihr derzeitiges Löschgruppenfahrzeug.
Lotsendienst bei Flugzeugabsturz
Ob sich Völker, der als technischer Angestellter bei Bosch Rexroth arbeitet, noch an seinen ersten Einsatz als Kommandant erinnert? „Im Januar 1990 wurde ich gewählt, im Mai hats gleich so richtig geknallt“, sagt er nachdenklich. Es war der Absturz des Transportflugzeuges der Bundeswehr bei Rodenbach, der am 11. Mai zehn Menschen in den Tod riss. Noch heute hat Völker Gänsehaut, wenn er daran denkt, darüber spricht. Damals, so erzählt er, gab es noch keine Piepser, die die Feuerwehrleute bei Schadensereignissen alarmieren. Was passiert war, erfuhr er auf der Arbeit per Telefon von seiner Mutter. „Du musst heim, in Rodenbach ist ein Flugzeug abgestürzt“, hört er sie noch heute sagen.
Was sich zunächst so unglaublich anhörte, war Realität. Völker eilte zum Unglücksort. „Im ersten Moment wurde ja nur gelöscht“, erzählt er, dass die Hauptaufgabe der Feuerwehr Rodenbach dann beim Absperren der Absturzstelle und bei Lotsendiensten lag.
Im Laufe der Jahre haben sich viele Einsätze in Völkers Gedächtnis eingebrannt: das Zugunglück in Partenstein im Mai 1991, der Brand der Roten Mühle zwischen Lohr und Partenstein im Jahr 1995 oder auch ein Motorradunfall bei Rodenbach 1999, bei dem Völker erstmals mit einem Verkehrstoten konfrontiert wurde. Unvergessen bleibt auch ein Einsatz aus dem Jahr 2002, als nach einem Erdrutsch in Neustadt ein Haus mit Schlamm geflutet wurde. „Ich war Abschnittsleiter und hatte die Verantwortung für das Leerräumen des Hauses“, erinnert er sich daran, dass die Schlammmassen in Handarbeit aus dem Haus geschaufelt wurden.
Damals ahnte er noch nicht, dass dies nicht der letzte Einsatz bei den Bewohnern sein sollte. Acht Jahre später nämlich wurde die Feuerwehr Rodenbach zu einem Brand eines Holzschuppens nach Neustadt gerufen. Und dort stellte sich heraus, dass die Besitzer die gleichen waren, die damals beim Erdrutsch um ihr Haus bangten. „Das war hart. Ich dachte 'Was haben die denn nur verbrochen?'“, schüttelt der dreifache Familienvater den Kopf.
Obwohl Walter Völker in den vergangenen Jahren viel Leid gesehen hat, sagt er rückblickend: „Die schönen Momente überwiegen.“ Zeltlager mit der Feuerwehr, Kappenabende oder auch die Freundschaft, die sich im Laufe der Jahre mit den Angehörigen der damals beim Flugzeugabsturz Verunglückten entwickelt hat, zählt Völker auf. Doch warum hört der Kommandant dann auf? „Es ist nicht so, dass ich keine Lust mehr habe. Es macht mir nach wie vor Spaß“, erklärt der 51-Jährige seine Entscheidung und auch, dass er als „normaler Feuerwehrmann“ auch künftig Feuerwehrdienst leisten wird. „Aber wir haben gute junge Leute in unseren Reihen und vielleicht gibt's durch die neue Ideen, neuen Schwung. Ich hab's lang genug gemacht und möchte den Weg einfach frei machen für neue Sachen.“
Da Völker seinen Rückzug bereits vor zwei Jahren angekündigt hat, blieb den Rodenbachern genügend Zeit, einen Nachfolger zu finden. Und der wird am Sonntagabend bei der Jahresversammlung präsentiert.