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Karlstadt
22 Jahre Kiga-Leiterin: Evi Krempel hat Knirpse zu Stadträten geformt
Die langjährige Leiterin von St. Johannis geht in Ruhestand. Sie spricht über pädagogische Ansätze, den Langzeit-Effekt der Pandemie und über Kinder, die sich überraschend entwickelt haben.
Evi Krempel, langjährige Leiterin des Kindergartens St. Johannis in Karlstadt, geht in den Ruhestand.
Foto: Markus Rill | Evi Krempel, langjährige Leiterin des Kindergartens St. Johannis in Karlstadt, geht in den Ruhestand.
Markus Rill
Markus Rill
 |  aktualisiert: 10.03.2022 02:21 Uhr

Fast 22 Jahre lang hat Evi Krempel den evangelischen Kindergarten St. Johannis in Karlstadt geleitet. Sie hat in dieser Zeit viele Kinder betreut, pädagogische Veränderungen erlebt, ihren Beruf als stressig empfunden, aber auch immer wieder als bereichernd. Vor ihrer Verabschiedung in die Ruhephase der Altersteilzeit am 3. April blickt sie zurück.

Für fünf Jahre wollte sie die Leitung des Kindergartens St. Johannis übernehmen, erzählt Evi Krempel. Auf diesen Zeitraum war die Stelle im Jahr 2000 ausgeschrieben. Nachdem sie in ihrem Heimatort Rimpar schon zeitweise und stellvertretend Kindergärten geführt hatte, schien dies der richtige berufliche Schritt für die damals 40-Jährige. Sie blieb dann aber länger in Karlstadt.

Evi Krempel bei der Arbeit, im Jahr 2011.
Foto: Kiga St. Johannis | Evi Krempel bei der Arbeit, im Jahr 2011.

Viele Veränderungen in Gesellschaft und Pädagogik

"Es hat sich in dieser Zeit einiges getan", sagt Krempel. Damit meint sie zum einen den 2014 eröffneten Kindergarten-Neubau, aber auch gesellschaftlichen Wandel. "Mehr Frauen sind berufstätig. Die Kinder sind deshalb heute viel länger in der Kita als früher, zum Teil bis 40 Stunden pro Woche." Die Kita biete deshalb heute eine Rundumversorgung, auch mit gesunder Ernährung. "Außer die Rucksackverpflegung zum Wandern jeden Freitag müssen die Eltern, wenn sie wollen, den Kindern nichts mehr zum Essen mitgeben."

Auch pädagogisch gibt es neue Ideen. "Die Umstellung zum teiloffenen und offenen Konzept war groß." Kinder sind nun nicht mehr in feste Gruppen mit zwei Erzieherinnen eingeteilt. Stattdessen seien die Erzieherinnen mit verschiedenen Angeboten in bestimmten Räumen zu finden. "Die Kinder gehen dann dorthin, wo etwas für sie Interessantes geboten wird", erklärt Krempel. Das könnten kreative Tätigkeiten sein oder sportliche, Märchen vorlesen oder Montessori-Materialien, die Möglichkeiten sind vielfältig. "Die Kinder tun, was ihnen guttut. Sie arbeiten dabei zuerst an ihren Stärken."

Allerdings besprechen sich die Erzieherinnen auch und ermuntern die Kinder ab und an, mal etwas Neues zu versuchen. "In der offenen Arbeit besteht ein größerer Austausch. Die Mädchen und Jungen haben dann Bezug zu sechs oder sieben Erzieherinnen statt nur zu zweien", so Krempel.

Die Folgen der Pandemie

Allerdings war die offene Arbeit während der Pandemie stark eingeschränkt. "Zurzeit sind unsere 50 Kinder in zwei Gruppen aufgeteilt, damit wir im Fall positiver Tests nicht komplett zumachen müssen." Grundsätzlich sei sie "überrascht, wie schnell und gut die Kinder mit diesen Themen umgegangen sind", sagt Evi Krempel. Aber längerfristig hat sie durchaus einige Bedenken.

"Mimik ist für Kinder so wichtig, aber die Erzieherinnen müssen den ganzen Tag Maske tragen." Besonders für Kinder, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, sei das problematisch. "Sie lernen ganz viel über das Beobachten der Sprachmotorik, die zurzeit nur sehr eingeschränkt möglich ist." Zwar ist das Ablegen der Maske bei speziellem Sprachunterricht gestattet – aber eben nur dann.

Sie hoffe, dass im kommenden Kindergartenjahr viele der Einschränkungen fallen. "Ich wünsche mir, dass die Kinder sich dann wieder umarmen können, dass Handschütteln wieder möglich ist und sie sich daran wieder so schnell gewöhnen wie an die ganzen Auflagen", sagt die Pädagogin. Sie traut das den Kindern zu.

Die Kinder sind heute weiter

"Kinder, die heute eingeschult werden, sind auf dem Stand von Zweitklässlern vor 20 Jahren", glaubt Krempel. Sie könnten die Uhr lesen, sie hätten auf Urlauben und anderswo schon viel erlebt und gelernt. Andererseits fehle den Mädchen und Jungen heute "das freie, unbeaufsichtigte Spielen, echte Freizeit". Häufig seien die Kinder schon "durchgetaktet" zwischen Klavierunterricht und Sportvereinen.

Deshalb freut es Evi Krempel, wenn sie den Werdegang früher von ihr betreuter Kinder verfolgt. Der jüngste Karlstadter Stadtrat Janik Havla war bei ihr im Kindergarten. Und als sie neulich zur Feier an einer früheren Arbeitsstätte in Rimpar zugegen war, war auch der Architekt des Umbaus eins ihrer früheren Krippenkinder. Deswegen sagt sie: "Auch wenn der Job manchmal stressig war, ich habe so viele schöne, bereichernde Tage erlebt. Es war mein Traumberuf."

Deswegen wünscht sie sich zur offiziellen Verabschiedung am 3. April keine Geschenke, sondern bittet um Unterstützung der Organisation United4Rescue, die Flüchtlinge aus Seenot rettet. 
Um 14 Uhr lädt sie jetzige und frühere Kindergartenkinder in die Burg-Lichtspiele Mühlbach ein, um gemeinsam das "Dschungelbuch" anzusehen.

 
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