An diesem Freitag vor 175 Jahren ging über Marktheidenfeld ein Glücksstern auf. Die Alte Mainbrücke wurde am 29. Januar 1846 eingeweiht und offiziell dem Verkehr übergeben. Diese Symbolik wurde auf Wunsch des damaligen Bürgermeisters Theodor Franz 1883 in ein neues Gemeindesiegel aufgenommen. Leonhard Scherg, Heimatkenner und Altbürgermeister, spricht deshalb gerne davon, dass das Marktheidenfelder Stadtwappen erzählend sei. Es berichte von der überragenden Bedeutung der Alten Mainbrücke für die Entwicklung der Stadt.
1835 hatte König Ludwig I. in München den Bau einer Brücke bei Marktheidenfeld genehmigt. Der Monarch wollte mit dieser ersten Mainbrücke zwischen Würzburg und Aschaffenburg für eine bessere Verkehrserschließung in den entfernten Landesteilen des noch jungen Königreichs Bayern sorgen. Die Stelle bei Flusskilometer 179,79 schien aus vielerlei Gründen geeigneter als beim einstigen Verlauf der Verbindungsstraße zwischen Lengfurt und dem Kloster Triefenstein.
Beraten von einem Stararchitekten des Klassizismus
Bei den Planungen räumte Ludwig I. einer Brücke mit sieben Bögen im "altrömischen Stil" den Vorzug gegenüber einer Kettenbrücke ein. Die Entwürfe lieferte Bezirksingenieur Georg Heinrich May (1790 bis 1853) aus Aschaffenburg. Beratend war von vornherein auch der damalige Stararchitekt des süddeutschen Klassizismus, Leo von Klenze (1784-1864) am Projekt beteiligt. Der Münchner Hofarchitekt reiste später mehrmals zur Baustelle, um vor Ort Erläuterungen zu geben.
1837 wurde der Grundstein zum Bauwerk gelegt. In der beinahe zehnjährigen Bauzeit ereignete sich manches, was auch heute noch geschieht. Es kam zu Umplanungen und Verzögerungen. So hatte ein Hochwasser gezeigt, dass es notwendig war, das Bauwerk samt Auffahrten zu erhöhen. Auch die Baukosten galoppierten munter davon und führten zu besorgten Nachfragen in der bayerischen Ständeversammlung in München.
Die Stadt machte sich schick für den Monarchen – und wurde enttäuscht
Im Jahr 1845 kam es in Marktheidenfeld zu großer Aufregung. Auf der Brücke waren die abschließenden Pflasterarbeiten bereits im Gang. Da machte sich Anfang Juni die Stadt für einen Besuch des Monarchen schick. Es hieß, wegen eines bedrohlichen Hochwassers werde König Ludwig I. auf einer Reise bereits über die neue Brücke fahren. Alles stand vor Ort zum großen Jubelempfang parat. Da stellte sich zur vermutlich klammheimlichen Freude der Nachbarn heraus, dass der König doch den gewohnten Weg über Lengfurt bevorzugt hatte.
Am 29. Januar 1846 war die Brücke bis auf Restarbeiten soweit fertiggestellt, dass die offizielle Übergabe für den Verkehr stattfinden konnte. In der Neuen Würzburger Zeitung wurde tags zuvor ein großartiges Festprogramm angekündigt. Schon am Vorabend sollte Musik Marktheidenfeld durchziehen, vermutlich in den Sälen der Gasthäuser.
Arbeiter erhielten Erfrischung in Marktheidenfelder Wirtshäusern
Der Festtag begann mit Glockengeläut und einer Tagreveille (Weckruf). Im Vordergrund sollte zunächst die kirchliche Segnung stehen. Dazu trafen sich die Vertreter des Staates, der Gemeinde und der Behörden mit der Beamtenschaft, den Bauhandwerkern und den Vertretern der zehn Zünfte mit ihren Fahnen um 9 Uhr morgens zum Hochamt in der Pfarrkirche St. Laurentius. Mit Musikbegleitung und Gesang ging es anschließend streng nach Rangordnung mit der Schuljugend an der Spitze in einer Prozession zur Mainbrücke. Dort folgte die Segnung durch die Geistlichkeit.
Danach bewegte sich der Zug mit Gebeten langsam über die Brücke. Am anderen Mainufer sprach Landrichter Karl Huberti über Zweck und Anlass der Feier. Es folgten die Hymne des Königreichs Bayern und eine eigens gedichtete Festkantate mit Musikbegleitung. Unter Glockengeläut ging es zurück zur Kirche, wo die Versammelten nach dem "Tedeum Laudamus" vermutlich ausgiebig mit Weihwasser besprengt wurden.
Damit war der kirchliche Teil beendet und die Gäste bestiegen Kutschen und Wägen. Von Reitern und Musikkapelle begleitet machte sich der Festzug erneut auf zur Brücke. Am Oberen Tor reihte sich ein "mit sechs Pferden bespannter Gutwagen" ein, der offenbar die große Bedeutung des neuen Bauwerks für den Gütertransport verdeutlichen sollte. Hinter dem Zug sollten geschmückte Wagen aus den Nachbardörfern mit "Landleuten in ihrer Nationaltracht" folgen.
So fuhr der Tross über die Brücke hinweg bis zum Wendepunkt an der ersten Abzweigung. Dann ging es zurück in die Stadt. Freuen durften sich auch die Arbeiter, die am Bau beteiligt waren. Sie erhielten in den Marktheidenfelder Wirtshäusern eine Erfrischung und doppelten Lohn.
Der bayerischen Regent bewunderte die Brücke von einem Dampfboot aus
König Ludwig I. hat übrigens noch im selben Jahr das gewaltige Bauwerk persönlich in Augenschein genommen. Wie die Aschaffenburger Zeitung und andere bayerische Blätter berichten, befand sich der bayerische Regent zusammen mit seiner Ehefrau Therese am 8. Juni 1846 auf dem Dampfboot "Therese" auf einer umjubelten Bereisung des Mains. Von Lohr kommend konnte er auf dem Weg nach Wertheim die "herrliche Brücke" bewundern, die für ihren "Schöpfer" festlich geschmückt worden war. Zu seinen Ehren zierte ein "schön geschlungenes L" einen Brückenpfeiler. Sicher wurde ihm vom Ufer und der Brücke aus unter bayerischen Fahnen zugejubelt.
Vieles ließe sich noch über das einmalige Baudenkmal in Marktheidenfeld berichten. Von dem Denkmal für Ludwig I., das 50 Jahre später aus Dankbarkeit am Ufer unterhalb des Mainbergs eingeweiht wurde. Dessen kunstvolle Bronzebüste verschwand im Zweiten Weltkrieg als Altmetall für Kriegszwecke. Der Historische Verein sorgte in den 1980er Jahren für einen adäquaten Ersatz.
Oder man könnte die sinnlose Sprengung von zwei Brückenbögen an Ostern 1945 erwähnen, die den Einmarsch amerikanischer Truppen letztlich gar nicht behinderte. Nachdem die Brücke wieder hergestellt war, wurden die Fahrbahn auf der Brücke erweitert und neue Metallgeländer montiert. Auch der Bau einer neuen, weiteren Mainbrücke zur Jahrtausendwende wäre zu würdigen.
Zuletzt saniert wurde die Fahrbahn der Brücke erst 2020
In unseren Tagen ist das einzigartige Denkmal "Alte Mainbrücke" durch Planungen gefährdet, einen Brückenpfeiler zugunsten immer größerer Schiffe auf dem Main zu opfern. Auf der Homepage der Stadt zeigt sich Bürgermeister Thomas Stamm aber überzeugt, dieses Vorhaben zusammen mit dem Stadtrat und der Bürgerschaft verhindern zu können.
Vergangenes Jahr wurden die Fahrbahn und die Fußwege auf der Brücke aufwändig vom Freistaat Bayern saniert, was zu monatelangen Verkehrsproblemen führte. Wann das 175-jährige Besehen Jubiläum der Alten Mainbrücke in der Stadt mit einem gebührenden Fest feiern kann, steht wegen der Corona-Pandemie zunächst in den Sternen.