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Zum Küssen war der große Bogart zu klein
Er war der Star der Stars, der männlichste der Männer. Vor 50 Jahren starb Humphrey Bogart.
50. Todestag von Humphrey Bogart       -  Bogart in 'African Queen' mit Katharine Hepburn.
Foto: A9999 DB (dpa) | Bogart in "African Queen" mit Katharine Hepburn.
Von CHRISTOPH DRIESSEN
 |  aktualisiert: 07.09.2017 16:51 Uhr
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er größte Star der Filmgeschichte war so klein, dass er sich zum Küssen auf eine Bank stellen musste. Er hatte schmale Schultern, schütteres Haar und ein Knittergesicht. Er lispelte, rauchte Kette und zog sich die Hose vorzugsweise bis über den Bauchnabel. Aber als Humphrey Bogart vor 50 Jahren, am 14. Januar 1957, auf dem Höhepunkt seiner Karriere starb, war er das Männlichkeitsidol schlechthin.

Er tat - zumindest in seinen Rollen - in jeder Situation das Richtige. Er konnte sogar arbeitslos sein und trotzdem noch cool wirken. Er beklagte sich nicht, er rechtfertigte sich nicht. Er zündete sich einfach hinter schützend vor das Streichholz gehaltener Hand eine Zigarette an und rauchte wortlos. Abgeklärtheit ist ein wesentliches Kennzeichen des Bogart'schen Menschen: Er redet nicht viel, schon gar nicht über Gefühle. Er ist ein einsamer Wolf. Seine Welt ist die Bar. Dort trinkt er harte Sachen, ohne je aus der Rolle zu fallen. Wenn er etwas sagt, ist es eine zynische Bemerkung. Auf die Frage "Welche Nationalität haben Sie?" antwortet er: "Ich bin Trinker."

1997 erstellte die führende amerikanische Film- und Fernsehzeitschrift, "Entertainment Weekly", eine Liste der "100 größten Filmstars aller Zeiten". Platz 1 vor Cary Grant, James Stewart, Marlon Brando, Fred Astair und Henry Fonda belegte Humphrey Bogart.

So eine Legende wird natürlich nicht irgendwo und irgendwann geboren, sondern in Manhattan an Weihnachten 1900. So steht es bis heute in manchem Filmlexikon. Manhattan stimmt, das Geburtsdatum nicht: Es wurde 1936 von den Werbestrategen des Filmstudios Warner Brothers erfunden. In Wahrheit kam Humphrey Bogart am 23. Januar 1899 zur Welt. Er selbst und seine Werbefachleute haben später versucht, seiner Kindheit etwas Outlaw-Mäßiges zu geben - auch das ist Teil des Mythos. Bogart kam aus bestem Hause: Sein Vater, der Arzt Belmont DeForest Bogart, wurde im New Yorker "Who's Who" geführt.

Schon als Baby wurde Humphrey berühmt: Seine Mutter zeichnete ihn und verkaufte das Bild an die größte US-Firma für Babynahrung. Die machte den kleinen Humphrey zu ihrem Etiketten-Baby und sorgte so schon vor Erreichen seines ersten Lebensjahrs für eine millionenfache Verbreitung seiner - damals noch recht molligen - Gesichtszüge.

Nach der Schule - Klassenkameraden schildern ihn als "scheuen, ängstlichen kleinen Burschen, der nie das Maul aufmacht" - meldet er sich zur Marine; später hält er sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser. 1920 bekommt er über Beziehungen seines Vaters einen Handlangerjob bei einem Theatermanager und darf zwei Jahre später in einem Theater in Brooklyn zum ersten Mal auf die Bühne - in einer Minirolle als japanischer Butler.

In Hollywood nimmt niemand von ihm Notiz. Erst als Mitte der 30er Jahre Gangsterfilme ihre große Blüte erleben, gehen die Geschäfte etwas besser. Dank seines kantigen Gesichts, der rauen Stimme und einer auffälligen Oberlippen-Narbe wird er auf die Rolle des Killers festgelegt. Von 1936 bis 1940 wird er zwölf Mal erschossen und zwei Mal auf dem elektrischen Stuhl hingerichtet. Seine Bereitschaft, sich auf der Leinwand töten zu lassen, verhilft ihm 1940 zum Durchbruch: Der Star George Raft lehnt die Hauptrolle in dem Melodram "Entscheidung in der Sierra" ab, weil er einen Leinwandtod für unvereinbar mit seinem Image hält. So kommt Bogart zum Zug. Erstmals verkörpert er nun den Zyniker mit romantischen Untertönen. Die Kritiker sind begeistert.

1942 beginnt Bogart einen Propagandafilm gegen die Nazis, von dem seine Filmpartnerin Ingrid Bergman später sagen wird: "Keiner wusste bei den Dreharbeiten, worum es eigentlich ging." Das Drehbuch ist nicht fertig. Es wird viel improvisiert. Das Geld ist so knapp, dass für die Schluss-Szene ein Pappflugzeug genommen werden muss. Und doch wird es der Kultfilm schlechthin: "Casablanca". Der Streifen wird ein gewaltiger Kassenerfolg und bekommt drei Oscars, darunter den begehrtesten für den besten Film. Bogart selbst muss allerdings noch bis 1952 warten, ehe er für seine Rolle in "African Queen" den einzigen Oscar seiner Karriere erhält.

"Bogart war ein treuer Ehemann, der vier Mal verheiratet war", hat einer seiner Biografen über ihn gesagt. Das stimmt in groben Zügen. Als Erstes heiratet er 1926 die Schauspielerin Helen Menken - die Ehe wird nach einem Jahr geschieden. Die Ehe mit der Schauspielerin Mary Philips hält immerhin zehn Jahre. 1938 versucht er es dann mit der alkoholkranken Schauspielerin Mayo Methot. Das Paar ist schon bald unter dem Namen "The battling Bogarts" (Die streitenden Bogarts) bekannt. In einem New Yorker Nachtclub erhalten sie Lokalverbot - nur einzeln sind sie noch zugelassen. Noch lange nach der Scheidung bewahrt er eine Rechnung über 400 Dollar für die in einem New Yorker Hotel verursachten Schäden durch einen Ehekrach auf.

Die große Liebe kommt Anfang 1944. Erster Drehtag zu "Haben und Nichthaben". Für Lauren Bacall ist es der erste Drehtag überhaupt. Die 19-Jährige ist gerade erst entdeckt worden - sie posierte auf einem Blutspende-Plakat -, und nun steht sie gleich mit dem größten aller Stars vor der Kamera. Die hochgewachsene Blondine mit der dunklen Stimme zittert am ganzen Körper. Ihr Text lautet: "Haben Sie Streichhölzer?" Bogart wirft ihr ein Päckchen zu. Sie zündet sich eine Zigarette an, nimmt einen tiefen Zug, sagt danke.

Bogart verliebt sich wie noch nie. Nach drei Wochen küsst er sie zum ersten Mal in der Garderobe. Wenn seine eifersüchtige Frau anruft und nach ihm fragt, heißt es: "Er ist mit dem Team unterwegs." So kommt es, dass Bacall am Set nur noch "das Team" genannt wird. Ein Jahr später heiraten die beiden in einer nur dreiminütigen Zeremonie. Das Paar führt fortan ein bürgerliches Leben: "Wir spielen Scrabble wie alle gewöhnlichen Leute", berichtet Lauren Bacall. Im Alter von 50 Jahren wird "Bogie" zum ersten Mal Vater.

Doch der Familie ist nicht viel Zeit vergönnt. Seit Anfang 1954 wird Bogart von Hustenkrämpfen geplagt, aber ein Gang zum Arzt ist mit seinem Selbstbild nicht vereinbar. Als der Speiseröhrenkrebs im Februar 1956 entdeckt wird, ist Bogart ist nicht mehr zu retten. In den letzten Monaten magert er auf 36 Kilo ab und wirkt auf Besucher wie ein "freundliches Skelett". Aber noch immer raucht er und trinkt Martinis. Als ihn am 2. Januar 1957 eine Klatschkolumnistin anruft und nach seinem Gesundheitszustand fragt, erwidert er: "Mir geht's blendend." Zwei Wochen später ist er tot.

Vor verschlossenen Türen       -  Vor verschlossenen Türen (Knock on Any Door, USA 1949, Regie: Nicholas Ray) Humphrey Bogart
/ Poster, Plakat, Filmplakat, Filmposter; Liebesszene, Liebespaar, Laterne
Foto: cinetext (Richter) | Vor verschlossenen Türen (Knock on Any Door, USA 1949, Regie: Nicholas Ray) Humphrey Bogart / Poster, Plakat, Filmplakat, Filmposter; Liebesszene, Liebespaar, Laterne
Die Spur des Falken       -  Die Spur des Falken (The Maltese Falcon, USA 1941, Regie: John Huston) Peter Lorre, Humphrey Bogart /aka: Der Malteser Falke, am Kragen packen, Schlawittchen, schwarze Serie, film noir, mit Faust drohen, Zigarette im Mund, rauchen, Männer, deutsches Poster, Plakat, Filmposter, Filmplakat, Filmwerbung, Kinowerbung, Plakatkunst, Grafik
Foto: cinetext (Richter) | Die Spur des Falken (The Maltese Falcon, USA 1941, Regie: John Huston) Peter Lorre, Humphrey Bogart /aka: Der Malteser Falke, am Kragen packen, Schlawittchen, schwarze Serie, film noir, mit Faust drohen, Zigarette im ...
 
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