Das Umrechnen fällt leicht. 72 Schweizer Franken kostet der Tagesskipass für die gesamte Skiregion Jungfrau im Berner Oberland. Pi mal Daumen 72 Euro also. Jedenfalls seitdem die Schweizerische Nationalbank (SNB) im Januar den Wechselkurs des Franken freigegeben hat. Über drei Jahre lang hielt die SNB den Franken mit Euro-Käufen künstlich billig. Doch dann verteuerte sich die Währung mit einem Schlag um gut 20 Prozent. Der Mindestkurs von 1,20 Franken je Euro – Vergangenheit.
Dennoch ist an diesem Morgen die Wengernalpbahn gut gefüllt. Die 1893 erbaute Zahnradbahn bringt nicht nur Skifahrer auf die Kleine Scheidegg in 2061 Metern Höhe. Vor allem asiatische Touristen in Wanderstiefeln brechen von dort aus zu Wintertouren auf. „Die meisten steigen an der Kleinen Scheidegg in die Jungfraubahn um“, erzählt Bergführer Roland Fontanive. Endstation: „Top of Europe“ – „Das Dach Europas“, wie Marketing-Experten das Jungfraujoch tauften, und der höchstgelegene Bahnhof Europas auf 3454 Metern. Kostenpunkt für die Fahrt: rund 100 Franken. Einfach.
Die Touristen mit Skistiefeln an den Füßen haben unterdessen ihr Ziel an der Kleinen Scheidegg erreicht. Die Bretter können direkt an den Gleisen angeschnallt werden. 110 Pistenkilometer liegen vor ihnen. Hat man erst einmal das Gewusel an dem kleinen Bahnhof hinter sich gelassen, wird es ruhig. Nur wenig erinnert hier an vergleichbar große Skigebiete in Österreich oder Deutschland. Weniger Party, mehr Natur scheint hier das Motto, wo das beeindruckende Panorama aus den Viertausendern Eiger, Mönch und Jungfrau das Landschaftsbild dominiert. Der Blick und das Knirschen des frischen Schnees, der erst in der vergangenen Nacht fiel, lässt die Preise vergessen. Zumindest bis zur Mittagspause.
Einkehr im Restaurant „Grindelwaldblick“ am Bahnhof auf der Kleinen Scheidegg. Der Wirt empfiehlt seine Hausspezialität: „Röstizza“, eine Mischung aus Rösti und Pizza für etwa 17 Franken, bei der die gebackenen Kartoffelfladen mit Hackfleisch und etwas Gemüse belegt und mit reichlich Käse überbacken werden. Eine Mahlzeit, die den Skifahrer nicht nur richtig satt macht, sondern auch von innen wärmt. Wer sich dazu ein Weißbier und danach vielleicht noch einen Kaffee bestellt, den kostet der Skitag schon knapp 100 Franken. Oder 100 Euro.
Desaströse Wintersaison
Dabei ist Skifahren selbst in der Schweiz auch etwas günstiger zu haben. Nur etwa 40 Kilometer entfernt liegt das Skigebiet Brienz-Axalp. Auf den gerade einmal 15 Pistenkilometern geht es noch beschaulicher als am Fuße der Jungfrau zu. Der Tagesskipass kostet gerade einmal 44 Franken und wer sich hierher verirrt wird mit einem fantastischen Blick über den Brienzer See belohnt. Doch ob das genügt? Die Zwischenbilanz der Wintersaison fällt schlecht aus. Wie Schweizer Medien dieser Tage berichten, verzeichnen die Bergbahnen des Landes seit Saisonbeginn bis Ende Januar über 15 Prozent weniger Gäste im Vergleich zur letzten Wintersaison. Im Berner Oberland seien die Gästezahlen um fast ein Drittel eingebrochen.
Und auch abseits der Piste machen sich Sorgenfalten auf den Gesichtern der Eidgenossen breit. Wegen des hohen Frankenkurses ausbleibende Gäste aus Deutschland könnten etwa für Bruno Affentranger ein Problem werden. Affentranger ist einer von zwei Geschäftsführern des Hotels Belvédere in Spiez am Ufer des Thunersees. 1954 schlug hier die deutsche Fußballnationalmannschaft um Trainer Sepp Herberger und Kapitän Fritz Walter ihr Quartier während der Weltmeisterschaft auf. „Wir haben jährlich 800 bis 1000 deutsche Gäste, die nur deswegen zu uns kommen, um den Geist von Spiez zu fühlen“, erzählt Affentranger.
Überhaupt steht das Haus ganz im Zeichen des „Wunders von Bern“. Die Originalzimmer im dritten Stock, in denen Walter und Herberger einst nächtigten, existieren seit einer Kernsanierung vor zwei Jahren zwar nicht mehr, dafür aber noch der Festsaal, in dem deren WM-Titel gefeiert wurde. Passend dazu wird Weltmeister-Menü von damals angeboten: Kraftbrühe, Forellenfilet, Entrecôte und Eistorte.
Eine kleine Ausstellung und viele Anekdoten, die Affentranger zu erzählen weiß, macht den Aufenthalt im Belvédere für deutsche Fußballnostalgiker zu einer runden Sache. „Wenn der Wechselkurs so bleibt, wäre das aber nicht gut“, meint Affentranger. „Doch den Kopf in den Sand stecken bringt jetzt nichts.“
Die Stunde der Reiseveranstalter
Ähnlich sieht es Richard Stöckli. Der Sternekoch betreibt in Wilderswil bei Interlaken das „Restaurant Gourmethotel Alpenblick“. Seine Gäste begrüßt er mit einer eigenen Glühweinkreation aus Weißwein, Zucker, Zitronensaft, Zimt und Chili. 60 Prozent von ihnen sind Stammgäste und verewigen sich gerne mit selbstgemalten Gemälden des Bergpanoramas in Stöcklis Haus. „Was die Preise angeht, konnten wir mit anderen Ländern sowieso nie konkurrieren“, meint er. „Das geht nach wie vor nur über Qualität.“ Den Frankenkurs sieht er daher nicht als Problem. „Ich hoffe aber, dass es dem Euro nicht schlechter geht“, räumt er mit Blick auf Griechenland ein.
Unterdessen schlägt bei Reisen in die Schweiz die Stunde der Veranstalter. Trotz der Frankenaufwertung „behalten alle für den aktuellen Winter und die kommende Sommersaison angebotenen Preise ihre Gültigkeit“, betont etwa TUI-Sprecher Mario Köpers. Denn die bezahlt man von Deutschland aus schließlich in Euro. „Reisen in die Schweiz sollten daher im Moment über die Reiseveranstalter gebucht werden“, rät er. Dennoch: Die Nebenkosten für Urlauber steigen. „Es empfiehlt sich also möglichst viele Nebenleistungen bereits bei der Buchung der Urlaubsreise einzuschließen“, so Köpers.
Eine hausgemachte „Röstizza“ oder eine Prise „Geist von Spiez“ hat allerdings kein Reiseveranstalter im Programm.
Tipps zum Trip
Preisbeispiel: TUI bietet eine Woche im Vier-Sterne Swiss Quality Hotel Belvedere in Grindelwald ab 954 Euro pro Person im Doppelzimmer inklusive Frühstück bei eigener Anreise an. Das familiengeführte Hotel liegt direkt am Ortseingang mit Blick auf die Kulisse der Jungfrau Region und bietet einen Wellness- und Spabereich. Der nächste Skilift ist 1,5 Kilometer entfernt. Nicht nur Ski: Auch abseits der Piste bietet das Berner Oberland einiges. Zu empfehlen ist beispielsweise eine Schneeschuhwanderung durch unberührte Winterlandschaft auf die Lombachalp nördlich von Brienz. In Interlaken ist zudem während der Wintersaison das Freiluftschlittschuhzentrum „Ice Magic“ geöffnet. Neben einer großen Schlittschuhbahn gibt es auch die Möglichkeit, sich am Eisstockschießen zu versuchen.
Infos zu Skigebieten und Skipasspreisen: Im Internet unter www.jungfrau.ch und www.axalpsportbahnen.ch Text: ben