Der Zeitpunkt hätte kaum unglücklicher sein können. Im Mai 2020 eröffneten Francesco Grieco und seine Frau Cristina ihr Lokal im Geiselwinder Ortsteil Rehweiler. Zwei Monate vorher hatten sie einen zehnjährigen Pachtvertrag unterschrieben. Kurz bevor ein Virus namens Corona Deutschland erreichte. Eine Geschichte von Trauer und Hoffnung.
Rehweiler, Ortsteil von Geiselwind: 280 Einwohner, 24 Kilometer bis Kitzingen, 70 bis Nürnberg. Ein ländliches Idyll mitten im Steigerwald. Am Ufer des kleinen Sees im Ortszentrum grasen Pferde, die Wege rund um das Dorf laden zu ausgiebigen Spaziergängen ein. Frische Luft, lichte Wälder. „Schön ist es hier“, sagt Francesco Grieco und schaut aus dem Fenster seiner Gaststätte. „Aber auch ein bisschen einsam.“
Schwieriger Start
In Neapel ist er groß geworden, an der Wand hängt ein Bild von Maradona. „Fußballgott“, sagt Francesco Grieco und lächelt. Als Maradona mit dem SSC Neapel den Uefa-Cup holte, verfolgte er die Spiele mit seinen Freunden vor dem Fernseher, spielte die entscheidenden Spielzüge in den Gassen seiner Heimatstadt nach. Jetzt also Rehweiler. „Wir wollen hier etwas aufbauen“, sagt seine Frau. Der Start hätte kaum schwieriger sein können.
Bis vor fünf Jahren war der Waldgasthof Zehnder ein bekanntes Ausflugsziel, dann schloss das Traditionshaus. Unternehmer Dieter Öchsner aus Kürnach kaufte das rund 35 000 Quadratmeter große Anwesen im Jahr 2018 und hatte große Pläne. Ein Hotel mit 49 Zimmern, eine Eventscheune und drei Säle mit Sonnenterrassen sollten entstehen. Auf dem großzügigen Freigelände wollte er Platz für diverse Pavillons und Wohnmobile schaffen. Seine Vision fasste er auf der Homepage damals so zusammen: „Wir wollen die Nummer eins für alle unvergesslichen Familien-, Firmen- und Hochzeitsevents in jeder Größe und für jeden Geldbeutel im natürlichen Steigerwald sein, ohne Wenn und Aber.“ Im Ort regte sich Widerstand, eine Bürgerinitiative gründete sich, der Investor zog die Pläne für die Event-Anlage (vorerst) zurück, wie Ernst Nickel gegenüber dieser Redaktion erklärt. Von dem zusätzlichen gastronomischen Angebot für seine Gemeinde ist der Bürgermeister sehr angetan. „Das ist eine wunderbare Aufwertung.“
Früher gab es Busreisen
Francesco Grieco und seine Frau Cristina wollen sich auf das Wesentliche konzentrieren. „Event-Anlage und unser Restaurant sind zwei paar Schuhe“, sagt der 47-Jährige. Wobei: Ein florierendes Hotel hätte auch ihm ein paar Zusatzeinnahmen beschert. Sieben Zimmer sind im Moment ausgebaut, wegen Corona aber so gut wie nie belegt. Vorgesehen war, dass die Gäste Frühstück und Getränke vom Hotelservice erhalten. Wer essen gehen will, der sollte bei Francesco einkehren.
Etwa 50 Menschen passen in seine gemütliche Gaststube, im Biergarten finden etwa genau so viele Platz. Im Erdgeschoss gibt es weitere Räume, gemütlich eingerichtet, seit zwei Jahren nicht genutzt. Mehr als 100 Gäste kämen dort gleichzeitig unter. „Früher gab es Busreisen“, sagt Francesco Grieco. Aber früher ist lange her.
Jammern wollen die beiden Wirtsleute nicht. „Es ist alles nicht so einfach“, sagt der 47-Jährige. „Aber wir sind trotzdem zufrieden.“ Hoffnungsschimmer gab und gibt es: Im Sommer 2020 spielte das Wetter mit, der Lockdown war vorüber und die Menschen strömten in den Biergarten. Als sie im Winter wieder schließen mussten, flossen die Übergangshilfen schnell und problemlos. Der Sommer 2021 war nicht so schön, verhältnismäßig kalt und verregnet. „Eigentlich war der Lockdown besser für uns“, sagt Cristina rückblickend. Die Planungen waren einfacher, die Kunden kamen, um sich ihr bestelltes Essen abzuholen – auch wenn die Straße nach Abtswind fast das ganze Jahr über wegen Bauarbeiten gesperrt war. „Das hat uns viele Kunden gekostet“, sagt die 43-Jährige. Genauso wie die ständig wechselnden Vorgaben aus der Politik.
Etliche Stornierungen
Etliche Weihnachtsfeiern waren in der Adventszeit gebucht. Vereine, Verbände und Familien wollten zusammen feiern. Die Wirtsleute haben sich gefreut. Dann kam 2G. „Alles wieder storniert“, sagt Francesco. Mittlerweile hat er Stammkunden, die ihren Impfausweis schon am Eingang in der Hand halten. „Aber es gibt auch Leute, die sich nicht kontrollieren lassen wollen“, weiß er. 2G hat ihn ein paar Gäste gekostet und er macht sich nichts vor: Die Entscheidung vom letzten Freitag, für die Gastronomie eine 2G-Plus-Regel einzuführen, wird weitere Gäste davon abhalten, zu ihm zu kommen. „Aber mit diesen Problemen kämpfen alle Kollegen“, weiß er.
Genauso wie mit dem Personalmangel, der in der Gastronomie besonders schlimme Formen annimmt. Über eine Agentur suchen die Griecos in der Regel Mitarbeiter in Italien. „Am Pizza-Ofen muss ein Landsmann stehen“, sagt Francesco und lächelt. Doch die Landsleute, die über die Grenze kommen wollen, um Geld zu verdienen, werden immer weniger. Und wenn, dann suchen sie sich lieber Arbeit in den Großstädten. „Deutsches Personal findest du eh kaum noch“, ergänzt seine Frau. Dann schauen sich die beiden an und lächeln. „Um 17 Uhr kommen die ersten Gäste“, sagt Francesco und schaut auf die Uhr. „Dann ist die Welt wieder in Ordnung.“