Unerbittlich meldet sich der Piepser mit einer grellen Tonfolge "Alarm für den Notarzt Volkach! Bewusstlose Person." Es folgt die genaue Beschreibung des Einsatzortes. Keine zwei Minuten später rast der Volkacher Notarzt Sebastian Eibicht los. Er hat bereits eine harte Schicht hinter sich. Sechs Einsätze am Tag, zwei in der Nacht.
Was liegt jetzt vor? Herzinfarkt? Schlaganfall? Die Fahrt nutzt der Notarzt, um sich auf die Situation einzustellen. Die Rettungsleitstelle hatte keine näheren Hinweise. Der Anrufer war zu aufgeregt. "Es ist immer eine angespannte Situation auf der Anfahrt, da man nie weiß, was auf einem zukommen kann" sagt Sebastian Eibicht. Parallell zum Notarzt wird ein Rettungswagen losgeschickt. Jede Sekunde zählt. Es kommt auf die Schnelligkeit des Rettungsteams an.
Rettung aus der Luft
Eibichts Weg zum Notarzt war lang. Und trotzdem schlug genau diesen Weg auch sein jüngerer Bruder Julian ein. Zwei Brüder als Notarzt im Einsatz – alltäglich ist das nicht. Beide sind gebürtige Volkacher, beide leben dort mit ihren Familien und beide machen hauptsächlich in Volkach ihren Notarztdienst. Schon in ihrer Schulzeit verbrachten Sebastian und Julian viel Zeit beim Roten Kreuz Volkach. Beide waren schon damals fasziniert davon, Menschen zu helfen. Nach der Ausbildung zum Rettungssanitäter fuhren sie ehrenamtlich im Rettungsdienst mit, studierten Medizin und machten zusätzlich die Ausbildung zum Notarzt. Ein Beruf, der Hobby und Berufung miteinander verbindet.
Sebastian Eibicht, mit 37 Jahren der Ältere, arbeitet als Anästhesist im Klinikum Ansbach. Dort fliegt er als Hubschraubernotarzt Einsätze, was ein hohes notfallmedizinisches Training erfordert. Dennoch hat ihn das Ehrenamt nie losgelassen. Beim Volkacher Roten Kreuz ist er der Bereitschaftsarzt und im Kreisverband Kitzingen der stellvertretende Chefarzt. Er ist zuständig für die Aus- und Weiterbildung der Sanitäter, Medikamentenkunde und medizinische Geräte.
Sein jüngerer Bruder Julian, 34 Jahre alt, arbeitet in der Orthopädischen Klinik Werneck und steht vor dem Abschluss zum Facharzt für Unfallchirurgie und Orthopädie. Mit dem Notarzt-Virus wurde er von seinem Bruder infiziert. Neben der klinischen Arbeit musste er ein halbes Jahr auf einer Intensivstation und in der Notaufnahme arbeiten. Zudem waren 50 lebensrettende Notarzteinsätze erforderlich, die er unter der Leitung eines erfahrenen Notarztes zu absolvieren hatte.
Geburten im Rettungswagen
"Eine harte Ausbildung war das", sagt Julian Eibicht. Einen Großteil dieser Einsätze machte er mit seinem Bruder. "Und der hat mir absolut nichts geschenkt", stöhnt der junge Mediziner. Beide sind sich sicher, dass kein Fach der Medizin spannungsgeladener als die Notfallmedizin sei. Gerade in Extremsituationen gelte es, einen kühlen Kopf zu bewahren. "Notärzte müssen besonders belastbar sein", sagen sie unisono.
Schöne und furchbare Situationen liegen oft ganz nah beieinander. "Eine erfolgreiche Geburt im Rettungswagen ist doch das Herrlichste, was man erleben kann", sagt Sebastian Eibicht. Eine Serie von Dankesschreiben glücklicher Eltern, die in der Rettungswache hängen, belegen dies. "Aber es gibt immer wieder Fälle, die zeigen, wie machtlos die Medizin ist", ergänzt sein Bruder. Als Beispiel nennt er den plötzlichen Kindstod. "Es ist schlimm, wenn wir nichts mehr tun können", sagt er nachdenklich.
Doch Dank des ständig höher werdenden Standard in der Notfallmedizin wird der Kampf ums Leben immer erfolgreicher. Die Brüder betonen, dass nicht alleine der Notarzt für den Erfolg zuständig ist, sondern das gesamte Rettungsteam, denn "ohne die gut ausgebildeten Sanitäter hätten wir keinen großen Erfolg". Die Faszination für den Beruf Arzt wurde den Eibichtbrüdern übrigens in die Wiege gelegt. Ihr Großvater war ein beliebter Landarzt, der Tag und Nacht für seine Patienten da war.