zurück
KITZINGEN
Zu abhängig von russischem Gas: Was der Bund Naturschutz jetzt von der Stadt Kitzingen fordert
Windräder vor Regenbogen       -  Zwei Windräder drehen sich nahe Kitzingen bei heftigem Wind vor einem Regenbogen: Durch den Krieg in der Ukraine und die Abhängigkeit vom russischen Gas und Öl hat die Diskussion um die Umstellung auf erneuerbare Energien noch einmal an Fahrt aufgenommen.
Foto: Karl-Josef Hildenbrand | Zwei Windräder drehen sich nahe Kitzingen bei heftigem Wind vor einem Regenbogen: Durch den Krieg in der Ukraine und die Abhängigkeit vom russischen Gas und Öl hat die Diskussion um die Umstellung auf erneuerbare ...
Daniela Röllinger
 |  aktualisiert: 21.04.2022 02:27 Uhr

Kitzingen Niemand hätte daran gedacht, dass das Thema auf diesem Weg an Brisanz gewinnen würde: Durch den Krieg in der Ukraine ist die Abhängigkeit Deutschlands von Energielieferanten in den Fokus gerückt. „Die Umstellung auf erneuerbare Energien ist dringend nötig“, sagt Manfred Engelhardt, Vorsitzender des Bund Naturschutz Kitzingen. „Die Leute müssen aufwachen!“

Frage: Kitzingen will klimaneutral werden. Ein Ziel, das Sie für sehr wichtig halten. Worum geht es da?

Manfred Engelhardt: Man kann das am Beispiel Haßfurt sehr gut sehen: Die Energie, die gebraucht wird, wird erneuerbar, regenerativ erzeugt. Und da darf man nicht nur an den Stromverbrauch denken, sondern auch an die Mobilität, den Umstieg auf E-Autos also. Und an die Wärmeversorgung. Alles das spielt eine Rolle, wenn Kitzingen klimaneutral werden soll.

Bei einer Informationsveranstaltung zu diesem Thema haben Sie kürzlich an die Stadträte appelliert, dass die Zeit dränge. Drängt sie jetzt noch mehr?

Manfred Engelhardt: Die Frage stellt sich seit dem 24. Februar tatsächlich mit neuer Brisanz. Vielen wird erst jetzt klar, wie groß unsere Abhängigkeit vom russischen Gas ist. Fast 50 Prozent unseres Gasimportes kommt aus Russland. Wir sind da in einer schlimmen Abhängigkeit, davon müssen wir weg. Einfach andere Gaslieferanten wählen, ist aber nicht die richtige Antwort. Was für Mengen an Gas und Strom wir bislang verbraucht haben! Das darf es so künftig einfach nicht mehr geben.

Haßfurt dient also als Vorbild dafür, wie eine Umstellung laufen kann. Wie versorgt sich die Stadt mit Energie?

Manfred Engelhardt: In Haßfurt hat man es geschafft, 13 Windkrafträder zu bauen, erzeugt 20 Megawatt Strom über Photovoltaik und 3,15 über Biogas. Nicht zu vergessen: Auch Ladesäulen für E-Autos wurden aufgestellt – die sind ja nötig, wenn die Bürger weg sollen von Benzin und Diesel.

Aber sind E-Autos denn wirklich die Lösung?

Manfred Engelhardt: Erst kürzlich haben wieder Untersuchungen belegt, dass ein Elektroantrieb die CO2-Belastung deutlich reduziert. Doch auch bei einem elektrischen Antrieb machen 2,5-Tonner, die großen SUVs, keinen Sinn. Aber mit einem kleinen E-Auto trägt man auf jeden Fall dazu bei, CO2 einzusparen.

Strom regenerativ erzeugen, okay. Aber der wird ja nicht immer gleichmäßig verbraucht.

Manfred Engelhardt: In Haßfurt wurde ein 13,5 Megawatt-Großspeicher gebaut. Den braucht man, weil tatsächlich der Strom nicht immer gleich verbraucht wird. Und um die Dunkelflaute zu überbrücken. Es gibt ja auch Zeiten, in denen der Wind nicht stark genug weht oder die Sonne nicht scheint.

Apropos Wind. Gibt es denn noch nicht genug Anlagen in der Region?

Manfred Engelhardt: Es gibt in Unterfranken schon über 285 Windkraftanlagen. Das ist relativ gut für einen Regierungsbezirk. Aber man muss trotzdem noch schauen, wo es windhöffige Standorte gibt. Da liegen auch Vorschläge von Agenturen vor. In der Repperndorfer Flur gibt es geeignete Stellen. Oben am Repperndorfer Berg stehen ja auch schon Windräder.

Aber da ist ja noch die 10H-Regel, die den Mindestabstand zur nächsten Bebauung vorschreibt.

Manfred Engelhardt: Das ist eines der Hindernisse, die den Ausbau der erneuerbaren Energien erschweren. Darüber muss man unbedingt nachdenken.

Von heute auf morgen lässt sich aber nicht viel ändern.

Manfred Engelhardt: Man muss in zwei Schritten denken. Kurzfristig Energie einsparen, wo es möglich ist. Und langfristig die Hindernisse für die erneuerbaren Energien beseitigen.

Haben Sie ein paar Tipps, wie sich kurzfristig Energie sparen lässt?

Manfred Engelhardt: Wer die Heizung ein oder eineinhalb Grad niedriger einstellt, friert nicht gleich und spart trotzdem Energie. Zudem ist es wichtig, die Heizung optimal einzustellen und stoßweise zu lüften. Auch beim Autofahren lässt sich viel sparen – ein Tempolimit würde da viel bringen.

Und langfristig dann das E-Auto und eine neue Heizung?

Manfred Engelhardt: Wie gesagt, ein kleines E-Auto. Und eine Photovoltaikanlage auf dem Dach, die Energie für eine Wärmepumpe liefert. Das ist die Lösung für die Zukunft.

Noch einmal zurück zur Informationsveranstaltung über die Pläne für ein klimaneutrales Kitzingen. Mit welchem Gefühl sind Sie nach Hause gegangen?

Manfred Engelhardt: Ich hatte nicht den Eindruck, dass es in Kitzingen eine Aufbruchstimmung gibt. Bei den Entscheidern gibt es noch viel Widerstand. Allerdings hat sich die Situation seitdem geändert, vielleicht haben der Krieg in der Ukraine und die Folgen manchem die Augen geöffnet. Auch die Bürger müssen endlich aufwachen, ein Bewusstsein für das Energiesparen entwickeln und der Erneuerung positiv gegenüberstehen.

Tun das nicht immer mehr?

Manfred Engelhardt: Das stimmt schon. Aber es wurden schon viele Chancen vertan. Vor einigen Jahren wurde zum Beispiel über einen Windpark bei Bibergau diskutiert. Der Widerstand war groß, die Landschaft sollte nicht verschandelt werden. Die Pläne wurden aufgegeben. Da hätte bis heute eine Menge regenerative Energie erzeugt werden können. Man muss schon schauen, wo der Teufel ist und wo der Belzebub.

Womöglich stehen Leute derartigen Anlagen auch skeptisch gegenüber, wenn sie von Investoren finanziert werden?

Manfred Engelhardt: Investoren sind nicht immer negativ zu sehen. Sie leisten einen Beitrag zur Lösung eines großen Zeitproblems. Noch besser ist es natürlich, wenn die Bürger sich zusammentun und selbst eine Anlage finanzieren. Das Ersparte schmilzt auf der Bank doch sowieso wie in der Sonne. Da ist es doch besser, es in erneuerbare Energien zu stecken.

BN-Vorsitzender Manfred Engelhardt wünscht sich, dass sich jetzt mehr tut in Sachen erneuerbare Energien und Klimaschutz.
Foto: Ralf Dieter | BN-Vorsitzender Manfred Engelhardt wünscht sich, dass sich jetzt mehr tut in Sachen erneuerbare Energien und Klimaschutz.
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Kitzingen
Daniela Röllinger
Elektroautos
Kohlendioxid
Manfred Engelhardt
Stadt Kitzingen
Windenergie
Windparks
Windräder
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top