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Kitzingen
Zeuge mit Filmriss: Streit um Messereinsatz
Aus dem Gericht: Wenn das vermeintliche Opfer nichts mehr etwas wissen will, wird es schwierig, eine Straftat nachzuweisen. Die Einstellung des Verfahrens ist dann die Regel.
Der Notruf 'Auseinandersetzung vor einer Spielothek, männliche Person mit Messer, ein Verletzter' löste am ersten Weihnachtsfeiertag 2019 einen Großeinsatz der Kitzinger Polizei aus. Das gerichtliche Nachspiel fand jetzt eineinhalb Jahre später statt.
Foto: Oliver Berg, dpa | Der Notruf "Auseinandersetzung vor einer Spielothek, männliche Person mit Messer, ein Verletzter" löste am ersten Weihnachtsfeiertag 2019 einen Großeinsatz der Kitzinger Polizei aus.
Sigfried Sebelka
Siegfried Sebelka
 |  aktualisiert: 02.09.2021 02:17 Uhr

Der Notruf "Auseinandersetzung vor einer Spielothek, männliche Person mit Messer, ein Verletzter" hat am ersten Weihnachtsfeiertag 2019 einen Großeinsatz der Kitzinger Polizei ausgelöst. Die Beamten hatten die Sache schnell im Griff. Der stark alkoholisierte mutmaßliche Täter wurde festgenommen. Ein 38-Jähriger war an der Hand leicht verletzt worden. Die Sache war am Ende nicht so schlimm, wie es der Notruf am Anfang vermuten ließ.

Gut eineinhalb Jahre später saß ein 29-jähriger unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung vor dem Schöffengericht. "Ich war total besoffen", sagte er. Und ein Bekannter habe ihm zudem auch noch Drogen untergeschoben. Er habe lautstark mit seiner Freundin gestritten, aber niemanden verletzt. Ein kleines Messer habe er zwar dabei gehabt, aber nur als Schlüsselbundanhänger. Zum Einsatz sei das nie gekommen.

Wenn widersprechen sich

Nach sieben, sich zum Teil heftig widersprechenden Zeugen, wurde deutlich: Das in der Anklage beschriebene versuchte Zustechen mit einem Einhandmesser mit sieben Zentimeter langer Klinge ist nicht nachzuweisen. Das Verfahren wurde eingestellt.

Das lag vor allem an dem "Opfer", das mit seinen Aussagen das Verfahren in Gang gebracht hatte. Der 38-Jährige war mit seinem Hund unterwegs und wurde Zeuge der lautstarken Auseinandersetzung. Danach schilderte er der Polizei, der mehrfach vorbestafte Mann habe ein kleines Messer in der Hand gehabt und versucht zuzustechen. Das war der Auslöser für die Anklage.

Sechs Bier – mindestens

Eineinhalb Jahre später wollte der Mann von diesen Angaben nichts mehr wissen. Er habe an dem Abend "einiges gebechert" und nach der Auseinandersetzung "noch mindestens sechs Bier getrunken". "Scheiß Alkohol", sagte er, "ich habe echt einen totalen Filmriss". Er könne sich an nichts mehr erinnern. Auch zu seiner leichten Verletzung an der Hand, konnte oder wollte er nichts sagen. "Der Riss kann von einem Messer stammen, oder auch von meinem Hund", sagte er. Mehr war aus ihm nicht rauszuholen.

Kein Fuchteln gesehen

Den Einsatz des Messers konnte auch keiner der weiteren Zeugen bestätigen. Auch ein Nachbar nicht, der die gesamte Szene vor seiner Wohnung aus beobachtet und die Polizei gerufen hatte. Er habe das Gefühl gehabt, die Frau werde bedrängt, sagte er, aber auch: "Ein Fuchteln mit dem Messer habe ich nicht gesehen."

Danach schlug der Staatsanwalt die Einstellung des Verfahrens als "sachgerecht" vor. Nach kurzer Beratung stimmten Richterin Patricia Finkenberger und die beiden Schöffen zu. Damit ist die weihnachtliche Auseinandersetzung, die das Gericht nicht zum ersten Mal beschäftigte, wohl endgültig vom Tisch. Die Freundin des Angeklagten musste sich im September 2020 wegen versuchter Strafvereitelung verantworten. Ihr war vorgeworfen worden, das Messer samt Schlüsselbund in einem Papierkorb versteckt zu haben, um ihren Freund zu schützen. Auch damals gab es viele Zeugen, genau so viele Aussagen und am Ende die Einstellung des Verfahrens.

 
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