
„Nachfolge“ heißt der Titel eines Buches des evangelischen Theologen Dietrich Bonhoeffer, das er in den Jahren 1935 bis 1937 schrieb. Einige Jahre zuvor hatten die Nationalsozialisten die Macht in Deutschland ergriffen. Hitler war Reichskanzler geworden, viele Deutsche jubelten ihm zu. Alles folgte dem Führer, man gehorchte, am Ende sogar blind. Das Leben wurde gleichgeschaltet. Was nicht passte und wer sich nicht anpasste, wurde aussortiert, inhaftiert, deportiert, umgebracht.
Aber nicht alle folgten. Manche folgten ihrem Gewissen und ihrem Glauben und gingen in den Widerstand. Zu ihnen gehörte auch Dietrich Bonhoeffer. „Folge mir nach“ – den Satz Jesu aus dem Matthäusevangelium griff er in seinem Buch auf. Und er verstand dabei Nachfolge als existenzielle Bindung an Jesus Christus. Nachfolge ist für Bonhoeffer nicht blinder Gehorsam, sondern Vertrauen, nicht nur intellektuelle Beschäftigung mit Glaubensinhalten, sondern die Existenzform der Christinnen und Christen. Nachfolge führt, wie er formuliert, aus den relativen Sicherheiten des Lebens heraus in die völlige Unsicherheit, aus dem Bereich der endlichen Möglichkeiten in den Bereich der unendlichen Möglichkeiten.
Nachfolge bringt einen dazu, Position zu beziehen
Nachfolge kann auch ins Leiden führen, denn sie bringt einen dazu, Position zu beziehen und für Menschlichkeit, Frieden und Gerechtigkeit einzutreten. Nachfolge ist demnach kein wohliger Wellnesszustand, sondern konsequent im besten Wortsinn: zielstrebig, beharrlich, unbeirrbar.
Für Dietrich Bonhoeffer persönlich bedeutete Nachfolge, „dem Rad in die Speichen fallen“, also aktiv Widerstand zu leisten. Zunächst in Form von Kritik an der Kirchenverantwortlichen, die sich größtenteils vom Regime vereinnahmen ließen, dann in Form des politischen Widerstands. Er wurde verhaftet, verbrachte zwei Jahre im Gefängnis, wurde ins KZ Buchenwald gebracht und schließlich mit anderen Gefangenen nach Süddeutschland transportiert.
Hier saß er Anfang April 1945 zusammen mit anderen Häftlingen zwischen Hoffen und Bangen in einem Schulsaal in Schönberg, 40 Kilometer von Passau entfernt. Jemand bat ihn um eine Morgenandacht. Kaum hatte er die Bibelverse des Tages ausgelegt und das Schlussgebet gesprochen, wurde er abgeführt und ins KZ-Flossenbürg gebracht. Seine Worte an die Mitgefangenen beim Abschied waren: „Das ist das Ende – für mich ist es der Beginn des Lebens.“
Den Glauben in konkretes Handeln übersetzen
Am 9. April vor 80 Jahren wurde Dietrich Bonhoeffer getötet – nur wenige Wochen vor dem Ende des Kriegs. Er hatte sich aus dem Glauben heraus mutig und unbeirrbar den Gegebenheiten und Aufgaben seiner Zeit gestellt. Dadurch wurde er vielen zu einem Vorbild, auch selbst den Glauben in konkretes Handeln zu übersetzen und das gesellschaftliche Leben mitzugestalten.
Wir gehen auf Ostern zu und vollziehen in den Gottesdiensten den Weg vom Leiden und Sterben bis hin zur Auferstehung nach. Der Glaube an Jesus Christus fordert heraus, eine Frage immer wieder für sich zu beantworten: Wie kann ich in meiner Zeit und Situation Jesus Christus so nachfolgen, dass sein Evangelium in der Welt Gestalt annimmt? Die Verheißung für unser Tun ist, nichts weniger als Salz der Erde und Licht der Welt zu sein.
Ein frohes und gesegnetes Osterfest Ihnen.
Die Autorin: Kerstin Baderschneider ist seit Dezember 2019 Dekanin für die rund 20 000 Gemeindeglieder in den 21 Kirchengemeinden und und elf Pfarreien im Dekanat Kitzingen.