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Kitzingen
Wort zum Wochenende: Ein guter Ton macht die Musik
Michael Persie
Foto: Michael Persie | Michael Persie
Michael Persie
 |  aktualisiert: 21.01.2024 02:44 Uhr

Die Harmonielehre ist ein Teilgebiet der Musiktheorie und beschäftigt sich vorwiegend mit Dur- und Moll-Dreiklängen, die wir als harmonisch empfinden, und mit verminderten oder übermäßigen Dreiklängen, die wir als Dissonanzen wahrnehmen.

Von einer lebenswichtigen Harmonielehre hören wir bei Jesus. In ihrem Zentrum steht der Dreiklang von Gottes-, Nächsten- und Selbstliebe. Durch mich als Mensch soll dieser Akkord anklingen: "Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben aus ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit all deinen Gedanken." Und: "Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst." Hermann Hesse nennt diesen Dreisatz "das weiseste Wort, das je gesprochen wurde", den "Inbegriff aller Lebenskunst".

Hesse beschreibt treffend den verminderten oder übermäßigen Akkord und welche Dissonanzen sich bei uns einschleichen können. Ich kann den Nächsten weniger lieben als mich selbst – dann bin ich Egoist oder Raffer. Geld und damit Macht kann ich hirnlos anhäufen ohne ein frei gebendes Herz. Die feinsten und schmackhaftesten Freuden blieben mir verschlossen. Dies kann Marlene Engelhorn bestätigen, die gerade 27 Millionen Euro gespendet hat und nur zehn Prozent ihres Erbes behält.

Den Nächsten kann ich auch mehr im Sinne eines Zuviel lieben als mich selbst. Dann bin ich voller Minderwertigkeitsgefühle, voll Verlangen, alles wahllos zu vereinnahmen. Dies spricht nicht gegen ein Ehrenamt. Übertrieben bin ich voller Stress, nach allen Seiten offen und somit nicht ganz dicht; ich lebe in einer Hölle, die ich selbst täglich anheize.

Liebe deinen Nächsten – weniger oder mehr als mich selbst?

Auch der erste Ton - die Gottesliebe - kann zum Misston geraten, wenn ich das Leben nicht mehr als Geschenk spüre, wenn Beten und Danken zu kurz kommen. Das traditionelle Doppelgebot der Gottes- und Nächstenliebe hat oft den dritten Ton des Akkords vergessen. "Der vergessene dritte Klang" - so der Titel des Baseler Radiopredigers Franz Pfister. Denn: Sellbstliebe, Selbstannahme, Selbstverwirklichung sind ein Geschenk Gottes. Ich soll nicht selbst – los, ohne Selbstannahme leben, indem ich mich selbst los werde, vergesse und verliere.

Meine Begabungen, Talente, Gefühle, Bedürfnisse, Anlagen und Stärken sind wichtig. Diesen dritten Klang, die Selbstliebe neben Nächsten- und Gottesliebe nicht zu vergessen, bedeutet meine Lebensaufgabe: sei gut zu Dir, nimm Dich an, genieße, liebe und lass mal etwas zu. Diese Lebenskunst des Selbst müssen wir oft mühsam lernen, obwohl uns dieser Selbst–Ton im eigenen Ohr erklingt, die eigene Note bildet.

Ein schiefer Ton verändert den gesamten Akkord. Wer sich selbst nicht mag, kann auch nicht andere mögen. Wer nicht genießt, ist nicht genießbar. In der Harmonielehre Jesu gilt: Ein guter Ton macht die Musik und sorgt für Harmonie. Wer zu seinen Licht- und Schattenseiten steht, der akzeptiert diese auch bei anderen. Er wird seinen Weg finden, mit Gott und seinen Engeln an der Seite.

Ob sich jemand in der Harmonielehre auskennt, das hört man an seinem Spiel. Spielen Sie frohe Klänge in der kommenden Faschingszeit und lachen Sie sich wieder mal im Spiegel an.

Der Autor: Michael Persie aus Buchbrunn war bis September 2016 Lehrer am Staatlichen Beruflichen Schulzentrum Kitzingen-Ochsenfurt und unterrichtete in den Fächern Religion, Deutsch und Sozialkunde.

 
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